Masters (9): Die Wagner-Festspiele in Rosenheim

Dennis Wagner und Dinara Wagner haben das German Masters und das German Masters der Frauen 2023 in Rosenheim gewonnen. Dinara dominierte die Konkurrenz der Frauen mit 7,5 Punkten aus 9 Partien inklusive eines Schlussrundensiegs über Hanna Marie Klek, die selbst noch das Turnier gewinnen konnte. Aus dem Trio Dennis Wagner, Rasmus Svane und Alexander Donchenko, das vor der letzten Runde führte, war Wagner der Einzige, dem zum Abschluss ein Sieg gelang. Ihm reichten 6,5 Punkte aus 9 Partien zum Turniergewinn.

Abschlusstabelle Masters der Frauen. | via DSB
Abschlusstabelle Masters. | via DSB

Beide Wagners haben mit ihren Erfolgen nominelle Meilensteine hinter sich gelassen. Dennis Wagner, bisheriger Elo-Rekord 2599, wird in der Januar-Elo-Liste erstmals über 2600 stehen. Als einziger der ehemaligen Schachprinzen, der nicht auf eine Profilaufbahn gesetzt hat, sitzt er seinen einstigen Co-Prinzen Svane, Donchenko und Matthias Blübaum im Nacken. Während des Masters hat Wagner schon gesagt, dass er das Ziel Nationalmannschaft noch nicht abgeschrieben hat. Nominell ist er jetzt nahe dran.

Dennis und Dinara Wagner (mit Sieger:innencheck und Preis von der “Lasker Gesellschaft”) im Interview nach ihren Turniersiegen.

Dinara Wagner führt jetzt die deutsche Live-Elo-Liste an und wird, wenn nicht andere Auswertungen noch den Stand verändern, in der “offiziellen” Januar-Elo-Liste die neue deutsche Nummer eins sein. Das wäre historisch. Seit Januar 2006 führt Elisabeth Pähtz ununterbrochen die Liste an, teils mit mehr als 100 Punkten Abstand vor der Zweitplatzierten. Nachdem Wagner schon vor Monaten per DWZ vorbeigezogen war und während der Europameisterschaft für zwei Tage die Führung in der Elo-Live-Liste übernommen hatte, wird sie jetzt erstmals in der monatlichen FIDE-Liste als deutsche Nummer eins ausgewiesen.

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Nach dem Turnier hat DSB-Mitarbeiter Paul Meyer-Dunker mit den Wagners über ihren Doppelerfolg gesprochen:

Dinara, Dennis, Ihr habt zu Beginn darüber gescherzt. Aber habt Ihr wirklich geglaubt, dass Ihr beide das Masters gewinnt?

Dinara: Nein, ich finde es immer noch unglaublich. Ein Traum, der wahr geworden ist.

Dennis: Natürlich gab es zu Beginn diesen Gedanken, wie großartig das wäre, wenn wir am Ende beide oben stehen, aber dass es jetzt wirklich so gekommen ist – ich bin sprachlos.

Welche Bedeutung hatte es, dass Ihr zu zweit hier wart?

Dinara: Wir haben einander unterstützt. Unabhängig voneinander haben wir beide starke Nerven, das ist im Schach eine wichtige Qualität.

Dennis: Wir sind beide eine emotionale Stütze für den anderen, geben einander psychologische Tipps für die Partie. Solche Hilfe ist nicht zu unterschätzen. Aber es lief auch einfach gut für uns beide.

Eure Turniere verliefen unterschiedlich. Dinara war über neun Runden nicht einmal in Gefahr zu verlieren. Bei dir, Dennis, war das ein bisschen anders.

Dennis: Stimmt. Dinaras Vorstellung war um einiges dominanter als meine. 7,5 Punkte aus 9 Partien, das ist schon ein Top-Ergebnis. Ich habe ein gutes Turnier gespielt – und zweimal das Glück auf meiner Seite gehabt, siehe die erste Runde gegen Frederik, als er in Zeitnot eine Figur einstellt. Das hat mir einen guten Start ermöglicht. Dann die achte Runde gegen Christopher, in der ich eigentlich hätte verlieren müssen, aber den ganzen Punkt bekommen habe. Das sind halt diese Glücksmomente, die du brauchst, um so ein Turnier zu gewinnen.

Im Video: Dennis Wagners Neuntrundensieg über Michael Prusikin.

Dinara, hast du während der achten Runde mitbekommen, wie schlecht Dennis steht?

Dinara: Gar nicht, ich war auf meine Partie konzentriert. Nach der Zeitkontrolle habe ich gesehen, dass die Könige in der Mitte auf weißen Feldern standen, also hatte Weiß gewonnen, und ich war glücklich.

Wer so stark ist wie Ihr, der muss viel an seinem Schach arbeiten. Wie läuft das im Hause Wagner? Trainiert Ihr zusammen?

Dennis: Zum Beispiel auf Dinaras Grand Prix haben wir uns gemeinsam vorbereitet. Bei solchen Gelegenheiten schauen wir gemeinsam Eröffnungen an, spielen Trainingspartien, lösen Aufgaben. Der Alltag besteht eher darin, dass wir unabhängig voneinander aktuelle Partien verfolgen, um auf dem Laufenden zu sein. Wenn wir dann interessante Eröffnungsideen sehen oder taktische Motive, zeigen wir das einander. Da ich in Vollzeit arbeite, ist das speziell für mich hilfreich. Ich bekomme dank Dinara alles mit.

Trainingspartien?

Dinara: Ja, wenn wir eine Eröffnung trainieren möchten, spielen wir dazu Trainingspartien.

Und je nach Ergebnis hängt der Haussegen schief?

Dennis: Nein, das sehen wir locker. Es soll ja Training sein.

Dennis, du hast es schon angedeutet, die Bedingungen sind ungleich. Du arbeitest, Dinara ist Schachprofi und viel unterwegs. Wie geht Ihr damit um?

Dinara: Vor allem sind wir froh, wenn wir beide gleichzeitig zu Hause sind und es uns gemütlich machen können.

Dennis: Wir freuen uns auch, wenn wir gemeinsam Turniere können so wie jetzt Grand Swiss und German Masters. So etwas gemeinsam zu erleben, anstatt für viele Tage getrennt zu sein, war eine tolle Gelegenheit. Aber das geht nicht immer, ich habe für Schach nicht so viel Zeit wie Dinara. Und muss dann auch mal von zu Hause aus zuschauen, wenn Dinara spielt – und mitfiebern. Nervlich ist es wahrscheinlich noch anstrengender, aus der Ferne mit Dinara zu fühlen, als selbst zu spielen oder es aus der Nähe zu erleben. Wenn Dinara im Wettbewerb steht, und ich bin nicht dabei, macht mich das sehr nervös.

Wessen Sieg hat euch glücklicher gemacht? Der eigene oder der des Partners bzw. der Partnerin?

Dinara: Dennis‘! Wenn ich gewinne, das liegt in meinen Händen, darüber habe ich die Kontrolle. Wenn Dennis gewinnt, ist das eben nicht so. Und mich macht das viel glücklicher.

Dennis: Das ist bei mir ähnlich. Dinaras Erfolg ist mir wichtiger als der eigene. Wenn ich sehe, bei ihr läuft es, sie steht gut, gibt mir das unheimlich viel Energie.

Dinara Wagner stand in Rosenheim über den Dingen. | Foto: Johannes Pfadenhauer/Bayerischer Schachbund
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Aljechina
Aljechina
4 Monate zuvor

Die Kraft der Liebe!
Und da heißt es immer, GMs würden auf einen Schlag hunderte, nein, tausende Elopunkte einstellen, wenn sie sich binden. Es kann auch in die andere Richtung gehen!
Sympathisch die zwei.

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[…] aber wer weiß? Schau dir Dennis Wagner an, der hat zuletzt gut gespielt, das Masters gewonnen. Dennis ist nicht weit entfernt, und von meiner Seite aus ist die Tür offen. Unser jetziges […]

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