Putins PR-Großmeister Sergey Karjakin bekommt eine Belohnung für sein anhaltendes Wirken im Sinne des Kremls, eine politische Position. Der ehemalige Schach-WM-Kandidat soll die seit 2014 von Moskau annektierte Krim künftig im Föderationsrat Russlands repräsentieren. Das hat jetzt Moskaus Krim-Statthalter Sergey Aksionov bekanntgegeben. Formal ist der Föderationsrat neben der Duma das höchste gesetzgebende Organ Russlands.

Seit dem Überfall auf die Ukraine unterstützt Karjakin offen den Krieg und seinen Präsidenten, der ihn angezettelt hat. Regelmäßig zeigt er sich in der Nähe der Front beim „Unterstützen der Truppen“, sei es in Mariupol, im Donbass oder beim Simultan mit der Söldnertruppe Wagner in deren Hauptquartier in St. Petersburg. Auch am Rande von Kreml-Kundgebungen ist er immer wieder zu sehen.
Schach spielt er auch noch, meistens Showveranstaltungen wie das genannte Simultan, manchmal richtig. Im Dezember etwa vertrat er die „Region Moskau“ beim „Cup of the Region Group of Companies“, einem Schnellturnier in Moskau. Im Juni lief schon die vierte Auflage seiner „Chess-Stars“ in Moskau.
Neben den üblichen Verdächtigen (Teimour Radjabov, Aleksandra Goryachkina, Vladislav Artemiev, Raunak Sadhwani) mit von der Partie: Hou Yifan aus China, beste Schachspielerin der Welt und Mitglied der FIDE-Strategiekommission, reichte Karjakin in Moskau die Hand, ebenso der iranische Großmeister Amin Tabatabaei, Mitglied der Mannschaft des FC Bayern München in der Schachbundesliga. Weder die FIDE noch der FC Bayern noch die Schachbundesliga haben sich zu diesen Auftritten ihrer Vertreter geäußert.

Karjakins erster Versuch, einen offiziellen Posten zu bekommen, ist Ende 2022 gescheitert. Vorgeschlagen vom tschetschenischen Regionalverband, unterlag Karjakin bei der Wahl zum Präsidenten des russischen Schachverbands dem Amtsinhaber Andrei Filatov, der seit 2014 an der Spitze des Verbands steht. Filatov wird bis mindestens 2026 im Amt bleiben. Bei der Abstimmung sprachen sich 58 Delegierte für Filatov und 7 für Karjakin aus.

Nun also Politiker. Karjakin sei bekannt als „echter Patriot, der seine feste Haltung mit Taten bewiesen hat“, pries ihn Aksionov anlässlich der Verkündung, wer künftig die Krim im Föderationsrat vertritt. Auf eine Weise traf es einen Einheimischen. Karjakin ist in der Krim-Hauptstadt Simferopol geboren worden. Bis 2009 spielte er unter ukrainischer Flagge. Seinerzeit war er kurz mit der aus der Ukraine stammenden, heutigen deutschen Spitzenspielerin Kateryna Dolzhykova verheiratet.
2009 nahm Karjakin die russische Staatsbürgerschaft an und zog nach Moskau, wo er sich und sein Schach besser unterstützt wähnte. Als Russland 2014 die Krim annektierte, bejubelte Karjakin diese Eroberung. Ein Foto im Putin-T-Shirt mit gerecktem Daumen ging um die Welt. 2016 gewann Karjakin das Kandidatenturnier. Den WM-Kampf 2016 gegen Weltmeister Magnus Carlsen verlor er im Tiebreak.

In den Trümmern einer zerstörten Stadt demonstrativ Schach spielen, während die Bewohner ihr Hab und Gut verloren haben und geflüchtet sind. Kein Anstand …
Frage an Radio Eriwan
Sollte Sergej nicht besser kämpfen für Väterchen Putin bei Spezialoperation?
Im Prinzip ja, aber hat seine Kalashnikov immer La…la…la…ladehemmung!
Zu Turnieren von und mit Karjakin und wer da mitspielt: Karjakins Sperre ist abgelaufen, damit ist das für alle eine private Entscheidung – niemand muss sich dazu äußern und jedenfalls FIDE kann niemand dafür bestrafen. Wenig überraschend sind es aus dem Ausland vor allem Personen aus Russland-freundlichen Ländern (Iran, Indien, China) wobei der spanische Baden-Badener Paco Vallejo auch mal mitspielte. Interessant, dass Conrad Schormann nur Bayern München kritisiert. Sadhwani ist nun Mitglied des Düsseldorfer SK – zwar ganz unten in der DWZ-Liste aber inzwischen hat er da wie seine Nachbarn Sindarov und Yu Yangyi Elo und GM-Titel. Hou Yifan wechselte… Weiterlesen »
Ich teile Karjakins politische Ansichten wahrlich nicht, aber angesichts seiner Biographie kann ich sie – jedenfalls bis zu einem gewissen Grad – verstehen. Da ich kein SPIEGEL-Abonnent bin weiß ich nicht was Dubov genau im Interview gesagt hat, aber angestrebte politische Karriere zum eigenen Vorteil UND aus Überzeugung ist jedenfalls denkbar. Bei anderen politischen Einstellungen wird es (je nach eigener Einstellung) auch begrüßt. “auf der Krim geboren – und trotzdem Putin-Fan” – da passt durchaus statt “trotzdem” auch “deswegen”? Man kann die Besetzung und Annexion der Krim zutreffend als völkerrechtswidrig bezeichnen und trotzdem zur Kenntnis nehmen, dass das jedenfalls von… Weiterlesen »