Laskerpreis nach Löberitz

Im “Laskerjahr” 2018 war es nicht ganz einfach, keinen “Lasker” zu gewinnen. Nach dem Gießkannenprinzip hat die “Emanuel Lasker Gesellschaft” (ELG) alle üblichen Verdächtigen aus der Schachblase mit ihrem Preis ausgezeichnet, dem “Lasker”, der “herausragende Verdienste zur Förderung des Schachs als Kultur- und Bildungsgut” würdigen soll.

Alle üblichen Verdächtigen? Nein, zwei fehlten, Vlastimil Hort und Helmut Pfleger, beides Ehrenmitglieder der 2001 anlässlich des 60. Todestages Emanuel Laskers gegründeten Gesellschaft. Erstgenannter bekam den Preis 2019, Zweitgenannter bekam ihn 2020.

Jetzt ist der erste “Lasker” des Jahres 2021 verliehen. Die SG Löberitz 1871 hat ihn von ELG-Chef Thomas Weischede anlässlich ihres 150-jährigen Bestehens bekommen. Das Jubiläum hat der rührige Verein mit seinem Vorsitzenden Andreas Daus trotz Pandemie mit einer Festwoche gefeiert und obendrein ein klangvoll besetztes Meisterturnier ausgerichtet (siehe dieser Beitrag).

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ELG-Vorsitzender Thomas Weischede (links) mit Andreas Daus, Präsident der SG Löberitz, die im Kleinen viel von dem macht, was im Großen fehlt: Anerkennung und Verbreitung des Schachs fördern. | Foto via “Emanuel Lasker Gesellschaft”

Gegründet hat sich die Lasker-Gesellschaft vor 20 Jahren unter anderem, um “dem Schachspiel als Teil der Kulturgeschichte, aber auch als ideale Möglichkeit der Freizeitgestaltung für Menschen jeglichen Alters zu größerer gesellschaftlicher Anerkennung zu verhelfen”, ein Passus der sich in ähnlicher Form im seit 19 Jahren gültigen Leitbild des Deutschen Schachbunds findet: “… fördert die Verbreitung des Schachs sowie die Beschäftigung mit Schach und dem Schachsport als eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung und spannende Unterhaltung für alle”.

Anerkennung und Verbreitung, soso.

Wie die Lasker-Gesellschaft vergibt der DSB einen Preis. Angesichts der erklärten Ziele beider Organisationen ist die Liste der von beiden Organisationen mit ihrem Preis ausgezeichneten Leute erstaunliche Lektüre – und ein Dokument der Fantasielosigkeit.

Es hat ja durchaus den einen oder anderen Richtigen getroffen. Abseits davon fällt auf: Der Deutsche Schachbund hat schon vor drei Jahren den “Lasker” bekommen. Jetzt ist es höchste Zeit, das schachblaseninterne Schulterklopfen nicht abbrechen zu lassen. Die Lasker-Gesellschaft muss dringend den Schachpreis des DSB bekommen.

Die Reihe der Geehrten dokumentiert in erster Linie, wie schwer sich das deutsche Schach seit Jahrzehnten damit tut, außerhalb seiner Blase Lebenszeichen auszusenden. Preisverleihung beim Schach heißt, dass wir uns innerhalb unserer komfortablen Nische einander Preise anreichen und gegenseitig auf die Schulter klopfen. Außerhalb bekommt davon niemand etwas mit.

“Anerkennung und Verbreitung” gibt es nur jenseits des Tellerrands. Über den gilt es bei der Kür künftiger Preisträger hinauszuschauen, soll außerhalb der Schachblase ein Effekt erzielt werden.

Ob nun Lasker oder Schachpreis, piepegal, wo ist die Auszeichnung für Stefan Titze und Etienne Gardé? Warum drückt niemand Peer Steinbrück einen Schachpokal in die Hand? Marco Bode? Sonja Bluhm und KugelBuch? Ulrich Stock (dringend!)? Felix Magath?

Das wären Multiplikatoren im Sinne von “Anerkennung und Verbreitung”.

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