Quarantäne für chinesische WM-Kandidaten wird immer wahrscheinlicher

Wer dachte, die Reise der chinesischen WM-Kandidaten Ding Liren und Wang Hao zum Kandidatenturnier würde sich trotz Corona-Virus schon irgendwie regeln lassen, der wird jetzt Zweifel bekommen. Wird es sich regeln lassen, dass für zwei chinesische Schachspieler nicht gilt, was für den chinesischen Generalkonsul in Jekaterinenburg gilt?

Die russischen Behörden haben jetzt Tsui Shaochun, neuer Generalkonsul der Volksrepublik China in Jekaterinenburg, direkt nach seiner Ankunft unter Quarantäne gestellt. Er war von China nach Moskau geflogen, der einzige russische Flughafen, auf dem noch chinesische Linienflüge landen dürfen. Dort nahm er einen Anschlussflug nach Jekaterinenburg. Jetzt darf er zwei Wochen lang seine Wohnung im Generalkonsulat nicht verlassen. Das berichtet die russische Nachrichtenagentur RBK.

Der RBK-Bericht: Neue Regeln, die für alle gelten, selbst für den Generalkonsul.

Nach einem Bericht der Schachseite chess.com wurde derweil offenbar, dass die Organisatoren des Turniers die Angelegenheit jetzt straffer handhaben wollen als noch vor einigen Tagen. Nach einer ersten Anfrage von chess.com hatte Organisator Albert Stepanyan bestritten, die beiden Spieler zwei Wochen vor der Zeit einbestellt zu haben, damit sie ihre Quarantäne absitzen können. Nun heißt es vor dem Hintergrund neuester Entwicklungen, die Organisation “empfehle” beiden Spielern, frühzeitig anzureisen.

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Jede Region in Quarantänezonen unterteilt

Verbindlich klingt das noch nicht, aber das dürfte sich angesichts der neuen russischen Quarantänepolitik bald ändern. Die russische Regierung wird laut RBK alle Regionen ihres Landes in Quarantänezonen unterteilen. Das Vorgehen im Fall des chinesischen Generalkonsuls repräsentiere die nun verbindliche Norm. Das relativiert die Aussage von FIDE-Chef Arkadi Dvorkovich. Der sagte noch vor wenigen Tagen: “Wir hoffen, dass es keine Probleme gibt.”

Von den Spielern gibt es noch keine neuen Stellungnahmen, auch nicht von der FIDE. Wang Hao hatte vor einer Woche gesagt, eine 14-tägige Quarantäne vor Turnierbeginn empfinde er als unfair. Unter einer solchen Bedingung würde er nicht antreten.

Epidemien kommen im FIDE-Handbuch nicht vor

Sollte tatsächlich ein Spieler vom Kandidatenturnier zurückziehen oder nicht teilnehmen können, würde laut Reglement der Elobeste des vergangenen Jahres nachrücken. Was passiert, wenn zwei Kandidaten ausfallen, geht aus dem Reglement nicht eindeutig hervor. Jedenfalls erscheint am Horizont plötzlich die Option, dass der unlängst zum zweiten Mal knapp gescheiterte Maxime Vachier-Lagrave doch noch WM-Kandidat werden könnte. Aber ob der unvorbereitet würde spielen wollen?

Andererseits fragt sich, ob die Termini “withdrawal” und “refusal” im FIDE-Handbuch auch Katastrophen wie die derzeitige in China umfassen. Könnte die FIDE einfach so zwei WM-Kandidaten außen vor lassen wegen einer Epidemie, die speziell diesen beiden Spielern eh schon genug Sorgen bereitet? Benachteiligt sind Ding Liren und Wang Hao allemal, egal wie die Angelegenheit ausgeht – außer die FIDE verschiebt das Kandidatenturnier.

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[…] Wang Hao sich seit Wochen in Japan aufhält, wird er wahrscheinlich um eine Quarantäne herumkommen. Für Ding Liren gilt das nicht. Die Nummer drei der Welt sitzt daheim in der […]

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[…] Dort werden die Chinesen ihre Zeit bis zum Turnierbeginn absitzen. Auf diese Weise soll sichergestellt sein, dass Ding Liren auf jeden Fall nach Jekaterinenburg kommen kann, unabhängig davon, wie sehr sich dort die Einreiseregeln verschärfen. […]

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[…] dürfte endgültig feststehen, dass das Kandidatenturnier trotz Viruskrise mit den acht dafür qualifizierten Spielern ausgetragen wird. Ding und die Delegation werden jetzt […]

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[…] vor allem froh ist, dabei zu  sein. Auch Wang Hao hatte vor seiner Anreise aus Japan öffentlich zu Protokoll gegeben, er würde es für richtig halten, das Turnier zu verschieben. Mit etwas moderateren Worten […]