Vorläufige Endstation London

Die iranische Schach Schiedsrichterin Shohreh Bayat ist in London gestrandet. Während des Frauen-WM-Matches hatte sich ein Foto von ihr im Iran verbreitet, das den Anschein erweckt, sie trage kein Kopftuch – eine Straftat nach den in ihrer Heimat geltenden Regeln. Seitdem fürchtet sie, nach Hause zurückzukehren.

Sie hatte zwar ein Kopftuch getragen, aber das war auf dem Bild nicht zu sehen, und nun drohten ihr harsche Konsequenzen. Eine Aufforderung des iranischen Verbands, ein Pro-Kopftuch-Statement zu verfassen und sich zu entschuldigen, wäre sie nachgekommen, hätte ihr der Verband garantiert, dass sie sicher und unbehelligt nach Hause zurückkehren kann. Diese Garantie bekam sie nicht.

Als der Sturm in ihrer Heimat losgebrochen war, legte Shohreh Bayat während des Frauen-WM Matches ihr Kopftuch endgültig ab.

Nach dem Ende des WM-Matches begab sich Shohreh Bayat auf einen Alaska-Ausflug (siehe am Ende dieses Beitrags), dann nach London. Für Großbritannien hatte sie ein Visum, weil sie vor der Heimreise in den Iran ohnehin das Schachfestival in Gibraltar besuchen wollte. „Meine einzige Möglichkeit war, meine Reisetasche zu nehmen und nach London zu fliegen“, sagte sie jetzt der „Times“.

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“Ich weiß nicht, wie es weitergeht”

Getrennt von ihrem Mann und ihren Eltern im Iran zwar, aber doch in Sicherheit geht es ihr in London für den Moment den Umständen entsprechend gut. Mitglieder der Londoner Schachszene haben ihr geholfen, eine Unterkunft zu finden. „Ich wusste nicht, wie gut Menschen sind, bevor ich all diese Hilfe erfahren habe“, sagt Bayat.

Und doch ist ihre Lage ungewiss. Shoreh Bayat möchte heim zur Familie, aber dort drohen eine Gefängnisstrafe, und sie würde ihren Pass abgeben müssen. Für immer in London zu bleiben, ist auch keine Option. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht.“


Dieser Text ist ein erweiterter Auszug aus der Kolumne „Schachgezwitscher“ in der kommenden Ausgabe der RochadeEuropa.

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[…] Während des WM-Matches der Frauen in China/Russland hatte sich im Iran ein Foto der Schiedsrichterin verbreitet, auf dem sie scheinbar kein Kopftuch trägt. Das Bild löste eine öffentliche Debatte und potenzielle Repressalien der Behörden aus, wegen der Shohreh Bayat nicht in ihre Heimat zurückreisen wollte. Sie strandete in London. […]