Magnus Carlsen soll seinem Teamkollegen Aryan Tari 300 Euro gezahlt haben, damit der während der Abschlusszeremonie des Europacups der Vereine in Österreich „Cheater Hans“ vom Podium ruft. Das ist einer der neuen Vorwürfe, die Hans Niemann in seiner jetzt erweiterten Klageschrift vorbringt. Niemann hat Carlsen, die Play-Magnus-Gruppe, Hikaru Nakamura, chess.com und chess.com-Chef Daniel Rensch wegen Verleumdung auf 100 Millionen Dollar Schadenersatz verklagt. Die Beklagten verfolgen laut Niemann gemeinschaftlich das Ziel, seinen Ruf zu untergraben und seine Karriere zu zerstören.
Im aktualisierten Dokument an das Bezirksgericht von Missouri spielt der Europacup in Mayrhofen eine zentrale Rolle. Magnus Carlsen war mit seinem Team vom Offerspill SK Teil des Felds beim Europacup, den die Norweger und ihr kanadischer Gastspieler Eric Hansen als Siebte abschlossen. Niemann behauptet, Magnus Carlsen und dessen Teamkollegen hätten seinen, Niemanns, Ruf weiter beschädigt, indem sie in Bars und auf den Straßen des Urlaubsorts im Zillertal „Jukse Hans“, „Cheater Hans“, skandiert hätten.
Bislang hat sich kein Augen- und Ohrenzeuge dieser konkreten Vorgänge offenbart. Eine schnelle Umfrage dieser Seite unter Teilnehmenden und Organisatoren des Wettbewerbs im Zillertal ergab gleichwohl, dass die Norweger in Österreich fast mehr mit exzessivem Feiern als mit exzellentem Schach aufgefallen sind. In der dritten Runde beim Duell des Offerspill Sjakklubb gegen den Schweizer Club “Schachgesellschaft Riehen” etwa soll Magnus Carlsen ausgesetzt haben, weil der Weltmeister sich nach einer allzu langen, intensiven Nacht nicht in der Lage fühlte, eine Turnierpartie zu absolvieren. Riehens deutscher Spitzenspieler Andreas Heimann bekam es mit Aryan Tari zu tun (und remisierte), anstatt sich mit der Nummer eins der Welt zu messen.
Das Carlsen-Niemann-Drama hat im September 2022 beim „Sinquefield Cup“ in Saint Louis begonnen, nachdem Niemann Carlsen mit Schwarz besiegt hatte. Carlsen zog sich danach vom Turnier zurück, deutete erst an und sagte später deutlich, es gehe bei Niemanns Schach nicht mit rechten Dingen zu. Wenig später bei einer Online-Partie weigerte sich Carlsen, gegen Niemann anzutreten.
Das Schachdrama: alle Entwicklungen
„Um sicherzustellen, dass er Niemann und dessen Karriere den größtmöglichen Schaden zufügt, führte Carlsen in den Tagen und Wochen nach dem Sinquefield Cup eine verdeckte Verleumdungskampagne gegen Niemann“, hieß es in Niemanns erstem Schreiben an das Bezirksgericht. Jetzt legt Niemann nach, um aufzuzeigen, dass diese Kampagne seiner Auffassung nach weitergeht. Statt der ursprünglichen 44 Seiten umfasst die erweiterte Klageschrift nun deren 57.
Mit dem Beklagten Hikaru Nakamura verbindet Niemann nach dessen Darstellung eine seit Jahren heikle Beziehung. Nakamura habe ihn, Niemann, als Bedrohung seiner dominanten Stellung im Schachstreaming gesehen. Und Nakamura blicke auf eine Geschichte des Missbrauchs seiner engen Beziehung zu chess.com zurück, die er benutze, um anderen Spielern zu schaden. Niemann führt als Beleg dafür jetzt die Geschichte des 2016 von chess.com verbannten indischen Großmeisters Askat Chandra an, der sich nach Cheating-Vorwürfen Nakamuras „einer Hexenjagd“ ausgesetzt sah. Auch habe Nakamura verhindert, dass der (zuvor mit Nakamura in einen Faustkampf verwickelte) Kanadier Eric Hansen beim Streamer-Turnier PogChamps als Kommentator angeheuert wird.
Neu in Niemanns Klageschrift ist der Name des IM und Schachboxers Lawrence Trent. Dem in Berlin lebenden Engländer war in einem chess24-Stream offenbar daran gelegen, seine freundschaftliche Nähe zu Magnus Carlsen hervorzuheben. Während seiner Erzählung von einem Besuch bei Carlsen sagte Trent, er habe „Dinge gesehen, zu denen ich bislang keinen Zugang hatte. Carlsens Sicht wirkt jetzt viel glaubhafter auf mich.“
Nach Niemanns Darstellung ist Trent nichts weiter als ein Sprachrohr Carlsens, das der Norweger benutzt, um Lügen zu verbreiten. In diesem Fall sei die Aufgabe Trents gewesen, den Anschein zu erwecken, Carlsen sei im Besitz öffentlich nicht bekannter Beweise gegen Niemann, die belegen, Niemann habe beim Sinquefield Cup betrogen. Solche Beweise gebe es nicht.
Niemanns von seinen Anwälten Oved&Oved erweiterte Klage verstärkt das Argument des 19-Jährigen, Carlsen störe sich nicht daran, mit bzw. gegen überführte Cheater zu spielen – außer eben, wenn es sich um Niemann handelt. Wieder geht es um den Europacup der Vereine, wo sich Carlsen in einem Wettbewerb unter anderem mit dem französischen Großmeister Sebastien Feller befand, den der Weltverband FIDE wegen Cheatings bei der Schacholympiade 2010 für drei Jahre von Wettkämpfen ausgeschlossen hatte.
Teil des Feldes war auch der Iraner Parham Maghsoodloo, der in Mayrhofen nicht für den FC Bayern München, sondern für den französischen Club Clichy spielte, den späteren Silbermedaillengewinner. In Maghsoodloos Schach-Vita findet sich der Umstand, dass ihn Lichess vor zwei Jahren wegen Cheatings aus dem Verkehr gezogen hat. Gleichwohl trat Magnus Carlsen im Siebtrundenmatch Offerspill vs Clichy gegen den Iraner an – und siegte (wie jetzt auch in der letzten Runde der Schnellschach-WM).
In der Niemann-Liste der Cheater, die munter weiterspielen, steht zum Erstaunen der meisten Beobachter auch Teimour Radjabov. Dem Aseri lässt sich notorische Remisschieberei oder Verherrlichung seines Diktators daheim vorwerfen. Als Betrüger war er bislang nicht aufgefallen. Niemann schreibt aber, seine Kollegen hätten Radjabov wiederholt wegen Betrugs boykottiert. Chess.com-Chef Daniel Rensch habe Radjabov als Betrüger gebrandmarkt, trotzdem dürfe er weiter an allen Preisgeld-Turnieren auf chess.com teilnehmen (zu denen Niemann nicht mehr eingeladen wird).
Die laut Klageschrift „lange interne Liste der 25 des Cheatings überführten Großmeister“ auf chess.com werde nun angesichts des Monopols nach der Play-Magnus-Übernahme unkontrolliert und intransparent weiter wachsen. „Jeder aufstrebende Schachspieler wird in der Angst leben, öffentlich als Betrüger gebrandmarkt und auf eine schwarze Liste gesetzt zu werden, wenn sie es wagen, Carlsen oder Nakamura zu verärgern oder zu besiegen oder chess.com und dessen Geschäftsinteressen auf andere Weise herauszufordern.“
Zum erweiterten Schriftsatz haben sich die Beklagten bislang nicht geäußert. Zuvor hatten Chess.com und Carlsen jegliches Fehlverhalten bestritten. Chess.com hat schon im Dezember beantragt, Niemanns Klage abzuweisen. Seine Behauptung einer Verschwörung zwischen dem Online-Schachunternehmen und seinen Influencern sei „eindeutig unbegründet“ und könne nur als „Werbegag“ aufgefasst werden.
Junge, Junge…
Schachlich sind die Jungs ja über alle Zweifel erhaben, aber in der characterlichen Entwicklung scheinen manche im Kindergarten stehengeblieben zu sein.
Radjabov als “Kotzbrocken vom Dienst” zu bezeichnen ist übrigens auch juristisch kritisch …
Da wäre ich etwas vorsichtiger.
[…] Vorher sei notiert, wer fehlt. Die Liste der Abwesenden beginnt mit Hans Niemann, der in seiner Klage gegen Carlsen, Nakamura & Co. erklärt warum: Er sollte und wollte mitspielen, aber die Veranstalter hätten die Verhandlungen […]
Ich denke, wenn diese ganze Sache eines Tages vorbei ist, gäbe das attraktiven und interessanten Stoff für eine Graphic Novel, so mit dem Titel “Carlsen versus Niemann”. Darin könnte einleitend der Werdegang Niemanns geschildert werden – mit allen kleinen Sünden, die er zugegeben hat. Niemanns Verhalten bei Turnieren gibt ebenfalls etwas her, denn manchmal scheint es etwas bizarr zu sein. Hauptteil natürlich die Geschehnisse beim Sinquefield Cup 2022, dann beim Julius-Baer-Cup 2022, die 100-Millionen-Dollar-Klagen Niemanns, als Würze die US-Championship 2022 (Stichwort Niemann – Yoo), Mayrhofen/Zillertal 2022 – und was sonst noch alles dazu kommen möge! Das stellt vielleicht sogar die… Weiterlesen »
Irgendwie erinnert mich das an das Gerichtsverfahren, was mal eine bekannte Billigairline gegen Agenturen wegen mutmaßlichen Screenscrapings geführt hatten. Es wurde zur besten Sendezeit von den Medien verbreitet und die Webserver der Billigairline und der Agenturen liefen heiß. Ob das Gerichtsverfahren gewonnen oder verloren wurde, war beiden Seiten egal. War billiger als bezahlte Fernsehwerbung.
[…] Hans Niemann legt nach […]
[…] Hans Niemann legt nach […]
Von Hans Niemann wird man auch nicht mehr viel anderes hören. Seit dem “Skandal” haben sich seine Ergebnisse ja normalisiert, bzw. nach unten bewegt.
Ich nehme an, dass Niemann einen Kaufvertrag vorliegen hat, in dem klar steht, dass Carlsen seinem Kumpel Aryan Tari ein Handgeld von 300 Euro zahlt. Oder er hat die beiden bei der Geldübergabe in flagranti erwischt und konnte mit seinem Smartphone schnell ein Schnappschuss davon machen. Aus Radjabovs ambitionsloses Spiel macht er mal eben einen Betrug und der groß angelegte Komplott des Imperiums darf da nicht fehlen. Ein Fass ohne Boden, um sich endlos in der Opferrolle einzunisten Hat er denn Carlsen nicht fehlende Beweise vorgeworfen? Er bedient sich der gleichen Mittel, die er Carlsen vorwirft und rührt den heißen… Weiterlesen »
Dieser Mensch schlägt so langsam dem Fass den Boden aus! Unfassbar, wie sich Nieman[d] erdreistet. Ganz abgesehen von den haltlosen Vorwürfen (im Gegensatz zu den sehr gut begründeten Vorwürfen gegen ihn selbst) gegen inzwischen die halbe Schachelite-Welt hat Niemann nun über Monate eindrucksvoll gezeigt, dass er nicht nur schachlich, sondern vor allem auch charakterlich nicht geeignet ist, in der Weltspitze mitzuwirken. Mit seinem depperten Furor zerstört er so langsam das Ansehen des Spiels an sich. Die von ihm verwendeten Methoden erinnern doch sehr an manche Protagoniten des schmutzigen Politik-Zirkus. Dort wäre er auch sicher besser aufgehoben. Und übrigens völlig wurscht,… Weiterlesen »