Carlsen entthront: Schnellschach-Weltmeister Nodirbek Abdusattorov (17)

Nodirbek Abdusattorov ist neuer Schnellschach-Weltmeister. Nachdem er das Turnier in Warschau mit 9,5 Punkten aus 13 Partien auf dem viergeteilten ersten Platz beendet hatte, besiegte der 17-jährige Usbeke im Blitz-Tiebreak den russischen Großmeister Ian Nepomniachtchi. Titelverteidiger Magnus Carlsen wurde Dritter, Fabiano Caruana Vierter. Beide erzielten so viele Punkte wie Abdusattorov und Nepo, scheiterten aber am umstrittenen Tiebreak-System, das nur den beiden nach Buchholzwertung erstplatzierten Spielern das Blitz-Finale um den Titel zugesteht.

Schnellschach-WM, Auftakt des Finaltags: Mit einem Sieg über Magnus Carlsen legte Nodirbek Abdusattorov den Grundstein für den Titelgewinn. Der Norweger wird heute und morgen bei der Blitz-WM versuchen, zumindest seinen Titel in der ganz schnellen Disziplin zu verteidigen. | Foto: Michael Walusza/FIDE

Alexandra Kosteniuk sicherte sich im Frauenturnier souverän den Titel. Zwischenzeitlich hatte sich die Russin 1,5 Punkte Vorsprung auf das Feld erarbeitet, am Ende triumphierte sie mit 9 Punkten aus 11 Partien. IM Bibisara Assaubayeva , ebenfalls 17 Jahre alt, wurde Zweite und GM Valentina Gunina wurde Dritte.

Schnellschach-Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk. | Foto: Anna Shtourman/FIDE

Für die deutschen Teilnehmer:innen waren Podiumsplatzierungen nie in Reichweite, aber immerhin sprang ein wenig Preisgeld heraus:

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Immerhin war ein deutscher Spieler am Schwindel des Turniers beteiligt, wenngleich als Leidtragender. Rasmus Svane stand kurz davor, den Weltranglisten-Siebten Anish Giri zu besiegen: Dame plus zwei Bauern versus Dame war die Endspiel-Konstellation. Dann erspähte Giri ein trickreiches Mattmotiv, Svane sah es nicht, und die eben noch gewonnene Partie ging verloren.

Speziell der dritte Tag der WM gebar an der Tabellenspitze manches Drama und einige Wendungen. Der Tag begann mit einem Vergleich zwischen Absusattorov und Titelverteidiger Carlsen, in dem der junge Herausforderer den Platzhirsch unter Druck setzte, aber nie entscheidend durchbrechen konnte. Es war Carlsen, der die Partie wegwarf, anstatt sie in ein ausgeglichenes Damenendspiel zu steuern.

Danach lagen Abdusattorov und Nepomniachtchi mit 8/10 gemeinsam in Front, gefolgt von Carlsen und Caruana mit jeweils 7,5. Und es folgte in Runde elf eine Begegnung, die wir zuletzt vor gut zwei Wochen in Dubai gesehen haben: Carlsen versus Nepo. Die beiden spielten auch mit reduzierter Bedenkzeit eine katalanische Partie frei von Ungenauigkeiten, die als klassische WM-Partie durchgegangen wäre – mit dem klassischen Ergebnis: remis.

Vor der letzten Runde des von 15 auf 13 Durchgänge verkürzten Turniers ging es an der Tabellenspitze denkbar eng zu. Vier Spieler führten mit 9/12, Abdusattorov, Nepo, Carlsen und Caruana; ein halber Punkt dahinter das Trio Nakamura, Gukesh und Duda.

Die Schnellschach-WM ist für Beobachter eine schöne Gelegenheit, die deutschen Kaderspieler im Vergleich mit der internationalen Elite zu sehen. Derartige Partien gab es einige, leider keine, in denen ein voller Punkt heraussprang. Hier zieht Daniel Fridman gegen Levon Aronian den kürzeren.

Alle Partien endeten remis. Überraschend die schnelle Punkteteilung zwischen Caruana und Nepomniachtchi, in der der Amerikaner mit Weiß keine Gewinnversuche unternahm, obwohl abzusehen war, dass ihm ein Unentschieden nicht für den Tiebreak reichen würde. „Ob er die Turnierregeln nicht kannte?“, spekulierte Peter Leko im chess24-Stream.

Caruana erklärte nach der Partie, er sei sich noch am Brett nicht sicher gewesen, was er spielen solle. Er würde es ja mit dem Schwarzrepertoire Nepos zu tun bekommen, “und der hatte sein Russisch vor dem WM-Match monatelang vorbereitet. Sich dagegen binnen fünf Minuten etwas auszudenken”, sei nicht so einfach. Gleichwohl bedauere er, nicht mehr versucht zu haben.

Nach der Runde lag oben genanntes Quartett weiter vorne, und die Buchholz-Wertung sorgte dafür, dass der Titelverteidiger ausgeschieden war, während Abdusattorov und Nepo im Blitzschach um die Schnellschach-Weltmeisterschaft spielten. Nach einem Remis in der ersten Partie gewann der Jüngere in der Zweiten ein Doppelturmendspiel, nachdem er seinen Gegner von Beginn an vor allem auf der Uhr unter Druck gesetzt hatte.

Eigentlich war es die Schnellschach-Weltmeisterschaft. Entschieden wurde sie im Blitzschach.

Die vier Erstplatzierten kassieren jeweils 45.000 Dollar Preisgeld. Die vier Erstplatzierten bei den Frauen 40.000, 30.000 und 2x 17.500 Dollar.

Ab heute: Blitzschach-Weltmeisterschaft. Auch da hat Magnus Carlsen einen Titel zu verteidigen.

Spitzenstand offene Schnellschach-WM:

1Abdusattorov Nodirbek25939,5109,0
2Nepomniachtchi Ian27989,5107,5
3Carlsen Magnus28429,5103,0
4Caruana Fabiano27709,5100,0
5Duda Jan-Krzysztof28019,0103,0
6Aronian Levon27289,0100,0
7Nakamura Hikaru28369,0102,0
8Mamedyarov Shakhriyar27279,098,0
9Gukesh D20509,095,0
10Rapport Richard27509,094,0
11Karjakin Sergey27579,082,5
12Van Foreest Jorden25638,5103,5
13Grischuk Alexander27638,5102,5
14Fedoseev Vladimir26928,598,5
15Mitrabha Guha21078,595,5
16Dubov Daniil27358,595,5
17Vachier-Lagrave Maxime27738,592,0
18Salem A.R. Saleh27298,590,5
19Sarana Alexey26808,589,0
20Firouzja Alireza26568,0102,5

Spitzenstand Frauen:

1GMKosteniuk Alexandra25159,069,0
2IMAssaubayeva Bibisara23698,565,0
3GMGunina Valentina24998,072,5
4GMLagno Kateryna25458,068,5
5WIMSerikbay Assel20237,572,0
6GMKoneru Humpy24837,568,0
7GMDzagnidze Nana24717,567,5
8IMPaehtz Elisabeth23677,563,0
9GMStefanova Antoaneta24437,562,5
10WGMMichna Marta22917,561,5
11GMAbdumalik Zhansaya24497,560,5
12IMMammadova Gulnar23887,560,0
13GMMuzychuk Anna24977,558,5
14IMVaishali R22017,069,0
15GMMuzychuk Mariya25017,068,5
16GMGoryachkina Aleksandra25217,063,5
17IMNomin-Erdene Davaademberel22357,063,0
18IMGaponenko Inna23487,061,0
19WGMBerend Elvira23447,055,5
20IMKashlinskaya Alina23777,053,5
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Christian Lemm
Christian Lemm
2 Jahre zuvor

Man kann über den Tie-Break-Modus ja denken was man will: Er stand aber vor dem Turnier fest. Mir ist nicht ganz klar, was Carlsens Kritik nach dem Turnier dann sollte. Er hätte diese ja vor dem Turnier äußern können. So bekommt der aus meiner bescheidenen Sicht hochverdiente Turniersieg von Abdusattorov irgendwie einen Beigeschmack, den der junge Mann nicht verdient hat. Ein Tie-Break mit allen Punktgleichen wäre zu einem kleinen Blitzschachturnier geworden. Wenn, dann hätte ich eine reine Platzierung nach Feinwertung sauberer gefunden – dann hätte aber auch Abdusattorov gewonnen, oder – und auf keinen Fall Carlsen. Ganz allgemein fände ich… Weiterlesen »

Jochen
Jochen
2 Jahre zuvor

Ich fände es eine interessante Idee, wenn der Weltmeister/Blitz und der Weltmeister/Schnellschach auf der folgenden Weltmeisterschaft das “feste Brett 1 an der Kamera” bekämen. Dieses Privileg ist etwas merkwürdig und wird dadurch spannender, wenn “der Besitzer des 1. Brettes” halt doch nicht so unangefochten ist, wie er und wir denken. Es könnte ja auch einen Sonderpreis geben, z.B. für denjenigen mit den abenteuerlichsten Partien. Inhalt des Sonderpreises könnte Geld und das feste Brett 1 sein.

StefanM
StefanM
2 Jahre zuvor

Da ist ein Fehler im Artikel: Die Preisgelder der punktgleichen Spieler wurden geteilt, die vier Erstplatzierten bekamen also 45.000 pro Nase. Im Play-off ging es “nur” um den Titel. Siehe https://worldrapidandblitz.fide.com/regulations-open-event/

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[…] Im Schach war es bislang gängige Praxis, den Zuschauern ohne Not dieses Spektakel vorzuenthalten. Zuletzt hat sich am Ende der Schnellschach-WM im Dezember darum eine Kontroverse entsponnen: Magnus Carlsen und Fabiano Caruana blieben außen vor, die punktgleichen Nodirbek Abdusattorov und Ian Nepomniachtchi spielten einen Tiebreak um den WM-Titel. Abdusattorov wurde Weltmeister. […]

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[…] Zahl der extrem starken Schach-Wunderknaben, nicht nur aus Indien, ist höher denn je, die Konkurrenz stärker denn je. Vincent Keymer will trotzdem in die Top 10 […]

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[…] danach Magnus Carlsen, Weltmeister im klassischen Schach, dann Nodirbek Abdusattorov, Schnellschach-Weltmeister. Zu guter Letzt wartet Ian Nepomniachtchi, seines Zeichens […]

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[…] hatte es ausgesehen, als würden Schnellschachweltmeister Nodirbek Abdusattorov und Vincent Keymer den Turniersieg unter sich ausmachen. Drei Runden vor […]

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[…] fürs Weiterkommen dahin. Trotzdem schloss Keymer den Wettbewerb mit einem vollen Punkt gegen Schnellschach-Weltmeister Nodirbek Abdusattorov […]

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schwichtd
schwichtd
2 Jahre zuvor

Ich fand die Annekdote ganz nett, als Carlsen etwas Selbstkritik äußerte und meinte, dass er und sein Vater es wieder einmal unterlassen hatten, die Fide zu kontrollieren. Dann wäre das mit den blöden Tiebreak-Regeln früher aufgefallen. Man kann der Fide nicht unbeaufsichtigt lassen, sie finden immer die dümmste Lösung für alles. Irgendwie so… sinngemäß.