Schnaps und Riesling als Basis: Der “Lasker” wird nicht der einzige Cocktail auf der Karte des “World Chess Club Berlin” sein, der es in sich hat. Trotzdem müssen sich angeschickerte Schachfreunde nicht sorgen, wie sie nach Hause kommen. Vor der Tür, in Sichtweite des Brandenburger Tors, hat ja gerade die U-Bahn-Station Unter den Linden eröffnet. Die Treppe hinab führt zu den U-Bahn-Linien 5 und 6, oben hält der Nachtbus, Linie N5.
Zentraler geht es in Berlin nicht: In den Kaiserhöfen wird am 3. Februar auf rund 1000 Quadratmetern der World Chess Club Berlin eröffnen. Anschrift: Mittelstraße 51/52. Eine Front zur Prachtmeile Unter den Linden hat der Club nicht, aber wer den Unter den Linden gelegenen Kaiserhöfe-Komplex betritt, gelangt in einen Innenhof, von dem aus das Etablissement zu erreichen sein wird, das, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Freitagsausgabe (Print), “der größte und angesagteste Schachklub in Deutschland” werden will.
Bis zum März 2020 beherbergten die Räumlichkeiten ein Restaurant der Vapiano-Kette. Seitdem das Restaurant Insolvenz angemeldet hat, stehen die Räume leer. World-Chess-Chef Ilya Merenzon hat sie jetzt nach eigenen Angaben langfristig gemietet. Und er muss sich sputen, sollen sich die ersten Besucher zum Beginn des Grand Prix in Berlin am 3. Februar nicht in einer Bruchbude wiederfinden. Ein Blick durch die Tür am gestrigen Freitag offenbarte in erster Linie Gerümpel.
Tatsächlich wird es noch einige Monate dauern, bis der World Chess Club Berlin so aussieht, wie ihn sich das auf Laden- und Gastronomiedesign spezialisierte Studio Aisslinger vorstellt. Für den Beginn dient der World Chess Club in erster Linie als Spielstätte für den Grand Prix. Erst nach dem zweiten Berliner Grand-Prix-Turnier (21. März bis 4. April) wird der reguläre Gastronomie- und Schachbetrieb beginnen.
Nachdem die 24 Elitegroßmeister, darunter Vincent Keymer, geklärt haben, wer die letzten beiden Tickets fürs Kandidatenturnier 2022 im Juni in Madrid bekommt, steht dem Betreiber World Chess eine existenziell wichtige Partie bevor: den World Chess Club Berlin zu einer profitablen Unternehmung machen.
Ob das funktioniert, ist ungewiss, aber es könnte klappen. In der Gastronomiebranche entstehen oft unvorhersehbare Dynamiken. Plötzlich ist ein Lokal “angesagt”, und die Leute stehen Schlange. Vielleicht wird das beim World Chess Club Berlin so sein. Die zentrale Lage, dazu der Umstand, dass Schach jetzt “cool” und im Gespräch ist, mag helfen. Es könnte aber auch in die andere Richtung laufen, siehe die Insolvenz des gewiss nicht uncoolen Vormieters.
Ein durchgehendes, hochwertiges Angebot von Speisen und Getränken, dazu entsprechend dem Schachthema Wettbewerbe, Vorträge, Liveübertragungen, Trainings, sollen sicherstellen, dass der World Chess Club Berlin nicht das Vapiano-Schicksal erleidet. Die von World Chess nicht näher spezifizierte “langfristige Miete” legt nahe, dass die Betreiber den notwendigen langen Atem haben wollen, um ihr Lokal zu etablieren.
Die Mittel dafür dürften vorhanden sein. Mitte 2019 hat der russische Milliardär Igor Rybakov sechs Millionen Dollar in World Chess investiert. Der Antrieb sollte auch vorhanden sein: die Notwendigkeit, neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Eine Zukunft als Gastro-Unternehmen?
Die drei Turniere der Grand-Prix-Serie werden die letzten von World Chess unter dem FIDE-Dach sein. Erfolglosigkeit beim Monetarisieren, dazu immer neuer Ärger mit Onlineplattformen, Zuschauern, Spielern und dem Weltverband, haben in letzter Konsequenz dazu geführt, dass die FIDE die Allianz erst eingedampft hat und nun auslaufen lässt (der Vertrag mit World Chess über Turniere des WM-Zyklus endet 2022).
Vielleicht zeigt sich in ein paar Jahren, dass beide Seiten von dieser Trennung profitieren. Auch wenn die Firma “World Chess” heißt, Schach zu organisieren und präsentieren, gehört gewiss nicht zu ihren Stärken, es fehlt Substanz und Leidenschaft für die Sache. Aber World Chess kann Fassade und Verpackung. Was das Unternehmen anpackt, sieht in aller Regel gut aus. Der Verdacht liegt nahe, dass World Chess als Unternehmen der Gastronomie- und Eventbranche eine Zukunft haben könnte.
Ilya Merenzon sieht das gewiss so. Gegenüber der FAZ betonte er jetzt, dass “die Welt Schachbrennpunkte braucht”. Und der World-Chess-Chef will derjenige sein, der sie erschafft. Merenzon sehe sich bereits in anderen Metropolen nach möglichen Standorten für weitere “World Chess Clubs” um, heißt es.
Sollte der World Chess Club Berlin einschlagen, wird er an historische Vorbilder anknüpfen. In den 1920ern setzten die Betreiber der renommiertesten Kaffeehäuser in der Stadt auf Schachangebote, um Publikum zu locken und zu halten – eine Folge der Popularität der großen Vorkämpfer Emanuel Lasker und Siegbert Tarrasch. Es wäre stark im Sinne des World Chess Clubs Berlin, würde 100 Jahre später der angehende Vorkämpfer Vincent Keymer beim Berliner Grand Prix erfolgreich abschneiden.
Recherche: Stefan Löffler
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[…] über den Grand Prix hinaus sichtbar bleiben. Unmittelbar nach dem dritten Grand Prix wird der World Chess Club Berlin eröffnen, ein Schachgasthaus, das an sieben Tagen in der Woche kulinarische Köstlichkeiten mit […]
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