Um „alles“ wird es in den ersten Partien noch nicht gehen. Um „nichts“ durchaus. Wer über die Kurzdistanz von sechs Partien eine verliert, der hat den fürs Weiterkommen notwendigen Gruppensieg im Grand Prix mehr oder weniger verspielt. Andererseits: Wer eine Partie gewinnt, der kann damit schon durch sein. Aber wer gewinnen will, muss Risiko nehmen – und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit zu verlieren.
Was tun?
„Jede Partie zählt mehr als sonst, es steht viel auf dem Spiel“, sagte Vincent Keymer anlässlich der Pressekonferenz zur Grand-Prix-Eröffnung über diese ungewohnte Konstellation. Wie die Akteure, er selbst inklusive, damit umgehen werden, weiß er noch nicht. Für jeden Spieler werde die rechte Balance schwierig zu finden sein: „Wann nehme ich Risiko, wann spiele ich auf Nummer sicher, um nicht meine Halbfinal-Chance zu riskieren?“
Mit Sicherheit kann Vincent Keymer beantworten, wie es sich anfühlt, dort zu sein, wo am Freitag ab 15 Uhr die Suche nach den letzten beiden Schach-WM-Kandidaten beginnt: genau richtig. „Ich bin glücklich, überhaupt dabei zu sein. Mich für den Grand Prix zu qualifizieren, hatte ich im Leben nicht erwartet.“ Unabhängig vom Ausgang, „ich hoffe, viel zu lernen“.
Seinen ersten Grand Prix und den Auftakt seiner Profikarriere im heimischen Umfeld absolvieren zu können, empfindet Keymer nicht als Bürde – im Gegenteil. „Ich spüre die Unterstützung, das ist eine gute Sache.“ Und der Austragungsort Berlin, „da war ich schon ein paarmal“, gefällt ihm ebenfalls.
Auch für DSB-Geschäftsführer Marcus Fenner fühlt sich Berlin als Austragungsort goldrichtig an. „Es könnte keinen passenderen Ort für eine solche Weltklasseveranstaltung geben.“ Deutschland sei schachbegeistert, in Berlin mit seinen 51 Clubs sei Schach gar ein „Massensport“. Obendrein liege der Spielort an der bekanntesten Kreuzung, die die Schachhauptstadt zu bieten hat: Unter den Linden/Ecke Friedrichstraße. „Und jetzt ist auch noch zum ersten Mal ein Deutscher dabei.“
Fenner sagte, der DSB hoffe auf weitere Turniere dieses Kalibers in Deutschland, und erinnerte an die Publikumsresonanz beim Kandidatenturnier 2018 in Berlin. Diese Resonanz wird anno 2022 pandemiebedingt geringer ausfallen, die mediale angesichts des Interesses an Vincent Keymer umso stärker. Mit Beginn des dritten Grand-Prix-Turniers, des zweiten in Berlin, am 21. März soll dann auch das Publikum strömen.
Schach am Reichstag und am Brandenburger Tor
Und Schach soll in Berlin sichtbar sein. Aktuell sei angesichts der Umstände kaum ein Rahmenprogramm möglich, erklärt Fenner. Aber ab dem 21. März sei ein umfangreiches Rahmenprogramm an prominenten Orten (Reichstag, Brandenburger Tor) geplant. Besonders im Fokus: Schulen und Frauen, beides ganz wesentliche DSB-Baustellen.
„Im Herzen Berlins“ wird Schach über den Grand Prix hinaus sichtbar bleiben. Unmittelbar nach dem dritten Grand Prix wird der World Chess Club Berlin eröffnen, ein Schachgasthaus, das an sieben Tagen in der Woche kulinarische Köstlichkeiten mit schachlichem Beigeschmack serviert. „Dafür gibt es einen Markt“, glaubt Fenner und prognostiziert, der World Chess Club Berlin werde die Schachsezene über die Grenzen Berlins hinaus bereichern.
Ilya Merenzon, als World-Chess-Chef Betreiber des Etablissements, denkt im größeren Maßstab als im städtischen, bevorzugt im globalen. Aber für den neuen Club muss es erst einmal der Kontinent tun: „Ein europäisches Schachzentrum“ schwebt Merenzon mit seinem World Chess Club vor, dem zweiten seiner Art neben dem in Moskau. Unmittelbar ist Merenzon froh, seine letzte Turnierserie in einem WM-Zyklus erstmals in einer Spielstätte ausrichten zu können, die eigens für Schach hergerichtet ist.
Keine Maskenpflicht am Brett
Und er hofft, dass ihm das das Virus keinen Strich durch die Grand-Prix-Rechnung macht. „Wir halten uns an die geltenden Regeln, wir raten den Spielern, möglichst auf ihren Zimmern zu bleiben und vorsichtig zu sein“, sagt Merenzon. World Chess empfiehlt allen Beteiligten, Masken zu tragen, aber am Brett herrsche keine Maskenpflicht.
Im Kragen-Konflikt blieb offen, wie das unter Spitzengroßmeistern hohe Wellen schlagende Schreiben von World Chess an Spieler und deren persönliche Sponsoren einzuordnen ist. War die Ansage, die Sponsoren müssten ein Extra-Paket beantragen, um beim Grand Prix sichtbar zu sein, ein schnell geplatzter Versuchsballon, diese Sponsoren extra zur Kasse zu bitten? Oder war es das Anbahnen des üblichen Arrangements, aber in denkbar ungeschickter Ausführung, sodass die Sache ohne Not eskaliert ist?
Sicher ist: Die persönlichen Sponsoren der Spieler werden beim World Cup präsent sein. Vincent Keymer etwa wird wie bei der Pressekonferenz auch am Brett den „Grenke“ auf dem Kragen tragen.
Merenzon erklärte, seit 2014 gelte das Procedere, dass die FIDE oder ihre Veranstalter Sponsorenlogos oder -accessoires genehmigen müssen. „Das ergibt Sinn, um Konflikten zwischen Sponsoren vorzubeugen.“ In diesem Fall würden die Sponsoren sichtbar sein, die Spieler müssten dafür Leistungen in Form von Lektionen oder Masterclasses erbringen.
FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich sagt, die Grand-Prix-Regelung repräsentiere das übliche Vorgehen, wie es auch beim Kandidatenturnier zum Tragen komme. Die Spieler dürften Logos zeigen, müssten dafür aber für „soziale Aktivitäten“ verfügbar sein, Fragestunden mit jungen Schachfans etwa.
Beim Kandidatenturnier 2022 in Madrid werden sich die Spieler darauf einrichten können, in FIDE-Aktionen rund um das FIDE-Jahr der Frauen eingebunden zu werden. Dvorkovich sieht ein „win-win“: Die FIDE trage mit Hilfe der Elitespieler zur Verbreitung des Schachs bei, und diese hätten die Möglichkeit, ihren Sponsoren Aufmerksamkeit zuzuspielen.
[…] Alles nichts oder […]
[…] zu sein. Nakamura bestätigt im Wesentlichen, was FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich in der Grand-Prix-Pressekonferenz auf Nachfrage dieser Seite erklärt hat: Die Spieler sollten sich verpflichten, der FIDE bei der PR […]