Nona Gaprindashvili hat Netflix verklagt. Die Exweltmeisterin fühlt sich verleumdet, jetzt fordert sie mindestens fünf Millionen Dollar Schadenersatz. Außerdem strebt sie ein Urteil an, das Netflix zwingen soll, die letzte Episode der Miniserie „The Queen’s Gambit“ zu ändern. Dort heißt es unter anderem, Gaprindashvili habe nie gegen Männer Schach gespielt.
In dieser letzten Episode spielt US-Meisterin Beth Harmon in Moskau ein Einladungsturnier, bei dem sie unter anderem auf Weltmeister Vasily Borgov trifft. Ein Kommentator sagt: „Das einzig Ungewöhnliche an ihr ist wirklich ihr Geschlecht. Und selbst das ist nicht einzigartig in Russland. Es gibt Nona Gaprindashvili, aber die ist die weibliche Weltmeisterin und hat noch nie gegen Männer gespielt.“
Diese Aussage rücke Gaprindashvili in ein falsches Licht, heißt es in der Klage, die jetzt der “Hollywood Reporter” öffentlich gemacht hat: “Die Behauptung, Gaprindashvili habe nie gegen Männer gespielt, ist offensichtlich falsch, sowie grob sexistisch und herabsetzend.”
Georgierin zur Russin gemacht
Die 80-Jährige, Weltmeisterin von 1962 bis 78, hat die Männer, die ihr gegenübersaßen, sogar gezählt. Sie gibt an, dass sie 1968, als die Episode spielt, gegen mindestens 59 Männer gespielt hat, darunter 10 Großmeister. Dazu heißt es in der Klage: „Netflix hat schamlos und absichtlich über Gaprindashvilis Errungenschaften gelogen, mit dem billigen und zynischen Zweck, das Drama zu verschärfen, indem die Serie den Anschein erweckt, dass ihre fiktive Heldin erreicht, was keine Frau je erreicht hat – inklusive Gaprindashvili.“
Gaprindashvilis Klage enthält auch einen politischen Aspekt: „Netflix bezeichnet Gaprindashvili als Russin, obwohl bekannt war, dass sie Georgierin ist. Die Georgier als Teil der Sowjetunion haben unter russischer Herrschaft gelitten, sie sind von Russland schikaniert worden.“
Nun muss ein Gericht entscheiden, ob Gaprindashvilis Klage Substanz hat. Die Gegenseite glaubt das nicht. Ein Netflix-Sprecher sagte dem „Hollywood Reporter“ auf dessen Anfrage: “Netflix hat nur größten Respekt vor Frau Gaprindashvili und ihrer illustren Karriere, aber wir glauben, dass ihre Forderungen unbegründet sind. Wir werden unsere Sichtweise energisch verteidigen.”
Wie immer es ausgeht, die juristische Auseinandersetzung berührt eine Schwäche der vielfach gepriesenen und ausgezeichneten Serie. „The Queen’s Gambit“ soll weibliche Brillanz zeigen, lässt aber die Protagonistin ausschließlich auf den Spuren von Männern wandeln.
Eine verpasste Chance: Jede Episode bietet eine Fülle schachhistorischer Referenzen und Partievorbilder, aber ausschließlich von Männern gespielte: Kasparow, Ivanchuk und so weiter. Bestimmt haben auch Vera Menchik, Judit Polgar oder nicht zuletzt Nona Gaprindashvili Werke geschaffen, die Beth Harmon zitieren könnte.
Von Frauen gespielte Partievorbilder kommen nicht vor, überhaupt wird in der ganzen Serie nur eine Schachspielerin erwähnt, die es tatsächlich gegeben hat: die Georgierin Nona Gaprindashvili, zu deren Opfern am Schachbrett unter anderem Weltklassespieler wie Wolfgang Uhlmann, Alexander Beljawski oder Ulf Andersson zählen. Aber sie wird zu einer Russin gemacht, die nie gegen Männer gespielt hat.
Dass Nona Gaprindashvili damit nicht einverstanden ist – verständlich. Ob das fünf Millionen Dollar wert ist, wird sich zeigen.
Heidewitzka, tolle Story schon wieder. Ich wäre auch genervt, wäre ich an Nonas Stelle.
Da es aber eine Serie ist und fiktiv, weiß ich nicht, ob das nun wieder reicht für eine begründete Klage.
Ganz schön kompliziert, diese Welt, ist sie nicht?
Ich finde die Klage berechtigt, vor allem weil sie als erste Frau den GM-Titel erreicht hat.
Diese “Kränkung” soll also 5 Mio wert sein, lachhaft.
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