Arkadij Naiditsch (35): “Ich war überspielt.”

Arkadij Naiditsch hat sich jetzt gegenüber der Rochade Europa zum ersten Mal öffentlich zu seinem Leistungsloch der vergangenen Monate geäußert. “Ich war überspielt”, sagte er am Rande des Bundesliga-Meisterschaftsturniers zu seinem Absturz von knapp 2740 auf gut 2600 Elo binnen weniger Monate.

Zu seinem heutigen 35. Geburtstag darf Naiditsch feststellen, dass die Krise vorbei ist. Zumindest lässt seine Bundesliga-Performance darauf schließen. Nicht zuletzt dem Wahlaserbaidschaner verdankt die OSG Baden-Baden einen weiteren in einer langen Reihe von Deutschen Meistertiteln.

Vor 35 Jahren in Lettland geboren, zog Arkadij Naiditsch 1996 mit seiner Familie nach Deutschland, genauer: nach Dortmund, wo das Supertalent schnell eine schachliche Heimat fand. Als 15-Jähriger war er 2001 der jüngste deutsche Großmeister jemals. 2003 gewann er sensationell die Dortmunder Schachtage vor der versammelten Weltelite. 2009 übersprang er die 2700-Elo-Marke. Bis heute ist er der einzige deutsche Großmeister, dem das jemals gelungen ist (Liviu Dieter Nisipeanu war Rumäne, als er die 2700 knackte).

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Arkadij Naiditsch im Einsatz für die OSG Baden-Baden, der er jetzt mit dem entscheidenden Punkt einen weiteren Meistertitel bescherte. | Foto: Christian Bossert/Schachzentrum Baden-Baden

Nationalspieler war Naiditsch seit 2006, und als solcher war er nicht zufrieden damit, in welch arg überschaubarem Maße das deutsche Schach seine besten Spieler fördert und unterstützt. Diese Unzufriedenheit kulminierte 2010 in einen polemischen Rundumschlag gegen die für den Leistungssport Verantwortlichen beim DSB, der Anfang vom Ende. Seit 2015 spielt Arkadij Naiditsch für Aserbaidschan, und die deutsche Nationalmannschaft spielt unverändert unter Ausschluss der Öffentlichkeit (wenn nicht gerade Elisabeth Pähtz Schlagzeilen macht). Wir haben, ein Test, unlängst den Sportchef des SPIEGEL gefragt, ob ihm ein deutscher Schach-Nationalspieler bekannt ist. Er konnte keinen benennen.

Kommt Naiditsch zurück? Jan Sprenger hat laut “Schach” entsprechende Signale im Schach-Buschfunk gehört.

In Deutschland hat sich Naiditschs schachliche Heimat gen Baden-Baden verschoben. Im (ebenfalls weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielenden) Team des Deutschen Serienmeisters OSG Baden-Baden ist er seit der Saison 2007/08 eine unverrückbare Säule. Naiditsch zahlt das Vertrauen mit Leistung zurück, zuletzt beim Meisterschaftsturnier, bei dem er trotz monatelanger Ergebniskrise aufgestellt wurde und 5,5/6 erzielte – inklusive dem entscheidenden Punkt im entscheidenden Match gegen den SC Viernheim.

Pelletier,Y (2531) – Naiditsch,A (2487)
3rd Julian Borowski B Essen GER (2), 2001.05.03

Schwarz zieht und gewinnt.

(Du willst lösen? Klick aufs Brett.)


Naiditsch,A (2626) – Wojtaszek,R (2719)
53rd Biel GMT 2020 Biel SUI (4), 2020.07.24

Schwarz zieht und gewinnt.


Studer,N (2580) – Naiditsch,A (2626)
53rd Biel GMT Rapid 2020 Biel SUI (1), 2020.07.19

Schwarz zieht und gewinnt.


Skripchenko,A (2494) – Naiditsch,A (2524)
Sparkassen Match Dortmund GER (2), 2001.07.13

Schwarz zieht und gewinnt.


Naiditsch,A (2586) – Zeller,F (2454)
74th ch-GER Saarbruecken GER (2), 2002.11.23

Weiß zieht und gewinnt.


Karpov, Anatoly (2619) – Naiditsch,A (2689)
World Blitz Moscow RUS (13), 2009.11.16

Schwarz zieht und gewinnt.

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Peter
Peter
3 Jahre zuvor

Das mit “jüngster deutscher Großmeister jemals” gilt seit einem Jahr nicht mehr.

Klaus Steffan
3 Jahre zuvor

2005 gewann er das Dortmunder Turnier, ich war damals vor Ort und tütete den Wechsel von Arkadij von Katernberg nach Bindlach mit ein. Siehe Foto vom Handschlagvertrag auf dem Borsigplatz zu Dortmund. Das Bild entstand 30 Minuten nach seinem plötzlichen Turniersieg.
Siehe auch Fotos: https://www.fotos2017.steffans-schachseiten.de/categories.php?cat_id=107

steffan_naiditsch.JPG