Deutscher Meister wurde – ein Norweger

Mehr als 700 Kinder und Jugendliche an den Brettern in 14 Wettbewerben. Die deutschen Jugendeinzelmeisterschaften sind Jahr für Jahr die größte Veranstaltung der Deutschen Schachjugend, seitdem sie (seit 1996) zentral an einem Ort ausgetragen werden. Seit diesem Wochenende sind eine ganze Reihe neuer Deutscher Meisterinnen und Meister gekürt. Sie alle zu zeigen und aufzuzählen und ihre Turniergeschichte noch dazu, ist an dieser Stelle unmöglich.

Ein Rundgang kurz vor der Runde.

Auf Facebook hat sich der Schachbund dieser Aufgabe angenommen:


Wie im Vorjahr war eine ganze Reihe Ukrainerinnen und Ukrainer mit von der Partie. Zwei gewannen den Titel: Ivan Sidletskyi, der im Hunsrück den SC ML Kastellaun verstärkt, …

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…sowie Mariia Bohatyrova aus Erkenschwick, die neben starkem Schach mit ihrem starken Girlpower-Outfit für Aufsehen sorgte.

FIDE-Profil von Mariia Bohatyrova, Deutsche Meisterin U10.

Einen anderen Deutschen Meistertitel, den in der U14, sicherte sich ein Norweger. Der in Berlin lebende Havard Haug setzte sich gegen stärkste Konkurrenz durch. Unter anderem ließ er den Lippstädter Wunderknaben Hussain Besou hinter sich, der der stärkeren Gegenspieler wegen eine Altersklasse hochgerückt war.

Auch der “deutsche Magnus”, Magnus Ermitsch aus Berlin, musste sich nach dieser Schlussrundenniederlage hinter dem Norweger einsortieren:

Wie Havard Haug sich gegen Magnus Ermitsch den vollen Punkt und den Meistertitel sicherte.

Was bei den Deutschen Meisterschaften ein wenig fehlte, nicht nur in diesem Jahr, waren die besten deutschen Schachspielerinnen und -spieler. In den Kinder-Altersklassen waren die Bundeskader und Sondergeförderten noch weitgehend vollzählig versammelt, in den Altersklassen der Jugendlichen machten sie sich rar.

U12-Meister Christian Glöckler, einer der aufgehenden Sterne des deutschen Schachs.

Das hängt auch mit dem Umstand zusammen, dass sich die Leistungsentwicklung im Schach in der jüngeren Vergangenheit enorm verschoben hat, das Konzept der Deutschen Meisterschaften seit Jahrzehnten nicht. Für junge Schachmeister:innen, die so gut und leistungsorientiert sind, dass sie Titelnormen erzielen wollen, sind die Deutschen Meisterschaften der Jugend sportlich kaum attraktiv.

Deutscher Meister U18 Collin Colbow von Werder Bremen.

Wir haben das an dieser Stelle im vergangenen Jahr aufgeschlüsselt:

Was nicht fehlte, waren taktische Finessen und Feuerwerke. Eine Auswahl aus den ersten Runden:

Marlon Bock (1954) – Luca Englert (2109)
DEM U16 2023 Willingen GER (4), 2023.05.30

Zum Aufwärmen: Schwarz hatte eine bessere Stellung erreicht, aber der letzte Zug …Ta2 war ein Fehler.

Wie gewann Marlon Bock die Partie?

(Du willst lösen? Klick aufs Diagramm!)


Max Weidenhöfer (2000) – Marvin Kieselbach (1850)
ODJM A 2023 Willingen GER (4), 2023.05.30

Auch …Kb7 war ein Fehler.

Wie hat ihn Max Weidenhöfer ausgenutzt?


John Heinrich (2150) – Kemal Bashirov (2197)
DEM U16 2023 Willingen GER (4), 2023.05.30

John Heinrich zog – und Schwarz gab sofort auf.

Wie geht’s?


Cornelius Mühlich (1910) – Arne Deschler (1767)
ODJM A 2023 Willingen GER (2), 2023.05.28

Weiß greift den schwarzen Springer an – und wähnte sich wahrscheinlich im Vorteil.

Was hatte er übersehen?


Karoline Gröschel (1892) – Rebecca Doll (1918)
DEM U18w 2023 Willingen GER (3), 2023.05.29

Eine Partie, die die Deutsche Meisterschaft U18w mitentscheiden sollte. Schwarz zog …Se4+ und gab nach Kd5 auf.

Wie hätte Schwarz die Partie retten können?


Lisa Adelhardt (1656) – Marie-Sophie Gossing (1395)
DEM U18w 2023 Willingen GER (1), 2023.05.28

Der Fehler Thf1 blieb unbestraft.

Schwarz zieht und gewinnt.


Michel Fettig (1457) – Jonas Uhlmann (1558)
ODJM B 2023 Willingen GER (3), 2023.05.29

Weiß zog die angegriffene Dame nach Da3 und verlor später die Partie. Welche Möglichkeit hatten beide Spieler übersehen?

Weiß zieht und gewinnt.


Lorenz Hofmann (2061) – Felix Gerlach (2078)
ODJM A 2023 Willingen GER (4), 2023.05.30

Achtung, knifflig: Weiß hat einen Bauern mehr, aber Schwarz scheint sich mit einem Doppelangriff auf d3 und c3 aus der Affäre zu ziehen. Nach Dd1 …Dxc3 gewann Schwarz tatsächlich den Bauern zurück, und die Partie endete später Remis.

Weiß zieht und gewinnt.


Linus Kraus (1532) – Danil Pimenov (1488)
ODJM B 2023 Willingen GER (2), 2023.05.28

Sehr schwierig, für Profis.

Schwarz zieht und gewinnt.


Lotta Kieckbusch (1308) – Enna Evering (1548)
DEM U18w 2023 Willingen GER (3), 2023.05.29

Bonus-Aufgabe: Wer das Endspielmotiv kennt, sieht die Lösung sofort. Wer es nicht kennt, sollte es sich einprägen 🙂

Wie gewann Lotta Kieckbusch dieses Bauernendspiel?

(Titelfoto: Paul Meyer-Dunker/DSB)

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Frank Hoppe
Frank Hoppe
1 Jahr zuvor

Wenn Schwarz unbedingt unten sein muss auf den Diagrammen, sollten immer die Brettkoordinaten mit eingeblendet werden.
Diagramme werden traditionell mit Weiß unten dargestellt. Wenn das ständig hin- und hergetauscht wird, kann man als Leser/Löser leicht durcheinander kommen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Frank Hoppe
Kommentator
Kommentator
1 Jahr zuvor

Wie ist es möglich, dass Norweger und Ukrainer “Deutsche Meister” werden können? Bei den Erwachsenen ginge das nicht ohne weiteres. Genügt die Zugehörigkeit zu einem deutschen Verein? Diese Frage wird man hoffentlich aufwerfen dürfen, ohne gleich als Ausländerfeind oder Rassist beschimpft zu werden.

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[…] unserer Taktikauslese zu den ersten Runden hier eine weitere Auswahl der tollsten Kombinationen und verpassten Gelegenheiten von den Deutschen […]

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[…] Les om sommerbragden i Chessbase eller Das Schackmagazin! […]

Ludger Keitlinghaus
Ludger Keitlinghaus
1 Jahr zuvor

Ohne sonderlich nationalistisch zu werden, ich bin selbst gemischter Herkunft (kein Jude,YFYI), aber hier konnte aus diesseitiger Sicht geschmunzelt werden : ‘Was bei den Deutschen Meisterschaften ein wenig fehlte, nicht nur in diesem Jahr, waren die besten deutschen Schachspielerinnen und -spieler.’ [Artikeltext} Hatte mich auch seinerzeit mit Horst Metzing, ganz un-nationalistisch natürlich, auseinandergesetzt, i.p. <a href=”https://de.wikipedia.org/wiki/Bosman-Entscheidung“>Bosmann-Urteil</a>, das letztlich, auch von Leutz wie Rainer Polzin (war nie ein echter Player, oder?) vertreten, auch mit der Drohung sozusagen zu klagen, irgendwie durchgesetzt worden ist, der meinte, dass die Bundesliga doch eine Deutsche Mannschaftsmeisterschaft sei.Vielleicht erinnert er sich sogar. Auch die deutsche Schach-Nationalmannschaft… Weiterlesen »

Walter Rädler
Walter Rädler
1 Jahr zuvor

Vor cirka 25 Jahren lebte ein bayerischer Junge in Portugal und wurde dort portugiesischer U10-Meister. Er durfte Portugal bei der WM vertreten, das fand ich damals weltoffen und nachahmenswert.
Deswegen stellt sich für mich die Frage nicht, natürlich ein deutscher Jugendmeister für Deutschland an den Start, das ist doch ganz eindeutig!