Wer es darauf anlegt, dem bietet das Onlineschach diverse Gelegenheiten, sich mit den großen Meistern unseres Spiels zu messen. Eine solche Gelegenheit hatten jetzt auch vier Jungs vom Bodensee, als sie beim Freitagsturnier der Schweizer Schulschachprofis auf Lichess mit von der Partie waren. Einer dieser Jungs bekam sogar zwei Titelträger vorgesetzt, einen GM und einen IM.
Als erstes spielte unser Maxim gegen einen der sichtbarsten deutschen Schachspieler, “The Big Greek”, Betreiber des größte deutschen Schach-Youtube-Kanals, dessen Abonnentenzahl sich stetig den 100.000 nähert. Georgios Souleidis, so heißt der große Grieche wirklich, hat in den Jahren seines schachlichen Schaffens manche Spur hinterlassen. Zuallererst natürlich diejenige, die zum “IM” vor seinem Namen führt, dem zweithöchsten Titel, den es im internationalen Schach gibt. Als Trainer gibt er beim Hamburger SK weiter, was er über Schach weiß.
Auch publizistisch finden wir manche Spur. Vor seiner Bewegtbildkarriere im eher leichten Fach hat Souleidis via Entwicklungsvorsprung gebloggt und war auch am herrlich frechen Rankzero beteiligt, zwei von vielen mittlerweile beerdigten Schach-Internetprojekten. Für die dpa hat er geschrieben, für die Schachbundesliga, war Pressesprecher beim Grenke Open/Classic, hat Bücher und DVDs veröffentlicht. Letzteres insbesondere zu allem, was mit 1.e4 e5 zu tun hat. Und ausgerechnet das stand gegen unseren Maxim auf dem Brett.
Wenig später sah unser Menes ein organgefarbenes “IM” vor dem Namen seines Gegners leuchten. Allerdings stand dahinter “TeamChessbuddies”, und unter diesem Namen spielen und streamen zwei Träger des IM-Titels: Christian Braun und Patrick Zelbel. Ein nachträglicher Blick auf den Twitch-Kanal dieser beiden offenbarte, dass Menes es mit Schachfreund Zelbel zu tun hatte.
Auch der hat eine publizistische Ader, wie er nicht nur als Teil der Chessbuddies auf Twitch und Youtube zeigt. Obendrein ist Zelbel der neu berufene Pressesprecher der Dortmunder Schachtage (die jetzt “Sparkassen Chess Trophy” heißen). Als solcher lastet in wesentlichem Maße auf seinen Schultern die Aufgabe, das zuletzt in die Jahre gekommene Dortmunder Superturnier zu entstauben und zeitgemäß neu zu erfinden. Im Moment stehen Zelbel und seine Dortmunder Mitstreiter vor der Frage, ob ihre Veranstaltung im Juli mit dem World Cup der FIDE kollidieren wird:
Schachlich gilt auch Zeibel als Experte für eine Eröffnung aus dem 1.e4 e5-Komplex, für das Königsgambit nämlich, es heißt, damit sei er sogar ein Killer. Umso größer die Sorge am Bodensee, als auch in dieser Partie 1.e4 e5 auf dem Brett stand – und die Erleichterung, als Zelbel auf 2.f4 verzichtete und sich stattdessen für das butterweiche 2.Sf3 entschied.
Dann war wieder unser Maxim an der Reihe: der erste Großmeister seines Lebens, eine Partie gegen Ilja Zaragatski, und das, endlich, mit Weiß. GM Zaragatski war einst, wer erinnert sich?, Geschäftsführer eines Unternehmens namens chess24. Das gehört heute zum sich stetig ausbreitenden Carlsen-Imperium.
Zaragatski ist trotzdem immer noch Geschäftsführer: bei Chessemy nämlich, ein Unternehmen, das sich hochwertigen deutschsprachigen Trainingsinhalten verschrieben hat. Wofür er schachlich Experte ist, wissen wir nicht genau, und seine Partie gegen Maxim bietet in dieser Hinsicht keinerlei Anhaltspunkt.
Zaragatski spielte den Hippopotamus. Gegen Maxim reichte das so gerade eben, aber mit einem derartigen Exoten als Teil seines Hauprtrepertoires wird Zaragatski eher nicht Großmeister geworden sein.
(Titelfoto: Faszination Schach)