Seine erste Partie bei einer Schacholympiade seit zwölf Jahren spielte Viswanathan Anand gegen einen Österreicher. Und gewann dank einer positionellen Meisterleistung, die den 2.700-Großmeister Markus Ragger in einem schon sehr schwierigen Endspiel kollabieren ließ.
In der zweiten Runde gegen Österreich setzten die Inder ihre lebende Legende am Spitzenbrett zum ersten Mal ein. Mit 3,5:0,5 fegten sie die Mitteleuropäer von den Brettern, ein Sieg gegen eine Großmeistertruppe im Aufwind, die bequem im oberen Drittel der fast 200 Teams einzuordnen ist. Damit deuteten die Inder an, dass sie selbst sich am liebsten unter den ersten Drei einordnen würden, im Idealfall ganz an der Spitze. Mit einem Anand in Topform könnte das möglich sein.
Dritter bei der Schacholympiade 2014, Vierter 2016. Traditionell spielen die Inder bei Mannschaftswettbewerben über der Elo-Erwartung, nach der sie bei den vergangenen beiden Olympiaden allenfalls ein Kandidat für die Top Ten gewesen wären. 2018 ist Indien an fünf gesetzt, so hoch wie noch nie, und die Teilnahme des Nationalhelden hat erhebliche Erwartungen geschürt. Zumal es womöglich Anands letzte Teilnahme ist. Man sieht es ihm ja nicht an, aber der Mann wird nächstes Jahr 50.
Einen spezifischen Grund, warum er seit 2006 nicht für Indien gespielt hat, gab es nicht. “Viele Turniere, ein voller Terminkalender, und manchmal brauchte ich einfach eine Pause.” In diesem Jahr habe nun alles gepasst. Tolle Kollegen an den Brettern und Einvernehmen mit dem nationalen Schachverband hätten dazu geführt, dass nun wieder die wahre Nummer eins Indiens das erste Brett der boomenden Schachnation verwaltet.
“Meine Leistungen schwanken jetzt stärker als noch vor einigen Jahren”, erklärte Anand in mehreren Interviews. Aber in der Spitze fehle nicht viel zum Anand von vor 20 Jahren. “Für die Olympiade bin ich optimistisch, weil unser Teamgeist gut sein wird. Davon profitiert jeder einzelne.”
Ähnlich gut wie die Inder sind die Deutschen ins offene Turnier gestartet. Einem 4:0 in der ersten Runde folgte ein 3,5:0,5 in der zweiten, bei dem sich lediglich Liviu Dieter Nisipeanu am ersten Brett einen halben Punkt abklemmen ließ.
Besonders schön anzuschauen war der Sieg von Daniel Fridman am dritten Brett, der die ungelenke Aufstellung seines Gegenspielers sehenswert und instruktiv auseinanderschraubte:
Video: GM Daniel Fridman gegen IM Daing Myo
In der dritten Runde trifft Deutschland auf Serbien – keine Laufkundschaft. Die Deutschen werden mit einem etwa 100 Punkte höheren Eloschnitt als Favoriten an die Bretter gehen, aber es wartet deutlich mehr Arbeit als in den beiden Runden zuvor.
Die deutschen Frauen haben schon in der zweiten Runde Federn gelassen. Eigentlich waren gegen die dritte georgische Mannschaften die Weichen auf Sieg gestellt. 2:1 stand es, und Deutschlands Top-Ten-Spielerin Elisabeth Pähtz hatte sich längst entscheidenden Vorteil erarbeitet. Dann geschah dieses:
Gegen Georgien 3 war selbst 3.5-0.5 für die deutschen Damen das “logische” Ergebnis – auch Judith Fuchs vergab eine (jedenfalls für Engines) klare Gewinnstellung zum Remis.
[…] Trotzdem: Einige Mitglieder der deutschen Auswahl sind in Galaform, allen voran Alexander Donchenko, der unlängst auf Augenhöhe einen Strauß mit dem Weltmeister ausgefochten hat. Oder Daniel Fridman, der neulich bei der Schacholympiade ordentlich abgeräumt hat. […]