Magnus am Millerntor

Magnus Carlsen kehrt nach 15 Jahren zurück in die Schachbundesliga. In der kommenden Saison wird der Weltranglistenerste und mehrfache Weltmeister für den Aufsteiger FC St. Pauli spielen. Möglich wird das Engagement durch die Verbindung zwischen Magnus Carlsen und dem Hamburger Unternehmer Jan Henric Buettner. Dessen Fünf-Sterne-Resort Weissenhaus an der Ostsee unterstützt ab sofort den FC St. Pauli.

Inoffiziell hat Magnus Carlsen schon vor über 5 Jahren im Trikot des FC St. Pauli gespielt.

„Ich freue mich, Teil der coolsten Marke in Deutschland zu sein“, sagt Carlsen gemäß einer Mitteilung des Clubs. Laut einem Bericht der Sport-Bild will Carlsen in der kommenden Saison mehrfach für die Hamburger antreten. Fest vereinbart sei der Spieltag am 22./23. März 2025 am Millerntor. An diesem Heimspielwochenende (einen offiziellen Spielplan gibt es noch nicht, bislang sind seitens der Bundesliga nur die Heimspielwünsche der Vereine notiert) wollen die Hamburger eine Schachsause im heimischen Stadion aufziehen.

Links sein und trotzdem erfolgreich im Profisportgeschäft, geht das? Und wie ist das vermittelbar? Lesenswerte, erhellende Innenansicht des FC St. Pauli (für Spiegel-Abonnenten) über den “riesigen Transformationsprozess”, den der Hamburger Club gerade durchläuft.

Für den stärksten Schachspieler der Welt, amtierender Weltmeister im Schnell- und Blitzschach, markiert die Zusage bei den Kiezschächern eine Rückkehr in die stärkste Liga der Welt. Carlsens Bundesligabilanz bislang ist ausbaufähig: 1,5 Punkte aus 4 Partien, allesamt gespielt, lange bevor er 2013 Weltmeister wurde.

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Carlsens erste Station waren in der Saison 2004/5 die Schachfreunde Neukölln. Zuletzt am 14. Dezember 2008 spielte der 1990 geborene Norweger für die OSG Baden-Baden am ersten Brett – und verlor gegen den polnischen Großmeister Bartosz Socko, der für den SC Kreuzberg spielte. Vereinsmitglied in Baden-Baden ist Carlsen seit dieser Zeit, als Mannschaftsspieler gemeldet war er seit der Saison 2013/14 nicht mehr.

Apfel, Fanta, analoge Uhr: Magnus Carlsen im März 2005 für Neukölln in der Schachbundesliga. | Foto: Fernando Offermann

In der Saison 2024/25 könnten Carlsen und Carlsenbesieger Socko Mannschaftskameraden sein. Socko (45), mittlerweile in Diensten des FC St. Pauli, hat mit 7 Punkten aus 8 Partien am ersten Brett der zweiten Bundesliga Nord maßgeblich zum Aufstieg der Hamburger beigetragen. Wie genau die Aufstellung des FC St. Pauli und aller anderen Teams 2024/25 aussieht, wird erst mit dem Meldeschluss Ende Juli feststehen. Saisonauftakt ist am 5. Oktober.

„Wir wollen uns langfristig in der Bundesliga etablieren“, erklärt Schach-Abteilungsvorstand Thomas Schüttler. Daraus lässt sich schließen: Es wird wahrscheinlich nicht bei der Carlsen-Verpflichtung bleiben. Um ohne Zitterpartie über dem Strich aufzuschlagen, fehlen dem Team Großmeister von internationalem Format für die in der Bundesliga extrem stark besetzten ersten Bretter. Magnus Carlsen als einzige Verstärkung der Aufstiegsmannschaft 2023/24 wäre kein Klassenerhaltsgarant.  

IM Aljoscha Feuerstack hat 5,5/9 am dritten Brett der zweiten Liga Nord zum Aufstieg von St. Pauli beigetragen. Im Video: Feuerstacks Unsterbliche, ein supergroßmeisterlich vorgetragener Sieg über den 2700er Alexei Sarana, der dem Hamburger eine GM-Norm bescherte.

Der Schachbundesliga steht eine Saison bevor, in der die stärkste Liga der Welt stärker sein wird denn je. In den Kadern der Bundesligisten wird die Weltspitze fast komplett versammelt sein. Nach jetzigem Stand sind mit der Verpflichtung Carlsens alle Spieler aus den Top 10 an einen Bundesligisten gebunden, 17 aus den Top 20.

Carlsen und Buettner sind einander geschäftlich verbunden, seitdem sie im Februar das Freestyle-Turnier in Weissenhaus konzipiert und veranstaltet haben. Buettner erklärte auf Anfrage dieser Seite, er habe gemeinsam mit Carlsen zwei Gesellschaften für ihre Schach-Unternehmungen gegründet, in denen Carlsen als gleichberechtigter Gesellschafter fungiert. Aus dem Freestyle-Turnier im Februar wollen sie eine hochdotierte, weltweite Schach960-Turnierserie und ein Franchise inklusive Netflix-Show entwickeln, den „Freestyle Chess Grand Slam“.

Das geplante zweite Freestyle-Turnier im November 2024 in Indien ist nach einem Bericht der Hindustan Times vorerst geplatzt. Der als Co-Ausrichter vorgesehene Partner war offenbar mehr daran interessiert, Buettner-Geld in sein Hotel zu investieren als ins Schach.

Laut Buettner laufen Gespräche, das nächste Turnier Ende 2024 anderswo auszurichten. Falls es dazu nicht kommt, soll es Anfang 2025 in Weissenhaus weitergehen. “Ich habe bereits 2 Millionen Dollar in dieses Projekt investiert und bin bereit, weiter zu investieren – aber nur, wenn es Sinn ergibt”, erklärte Buettner der indischen Tageszeitung. “Nach Indien zu gehen, nur um in Indien zu sein, ergibt keinen Sinn, solange lokale oder regionale Investoren nicht ernsthaft unterstützen.”

Ob dem Freestyle-Auftakt im Februar 2024 noch in diesem Jahr ein zweites Turnier folgt, ist offen. Spätestens im Februar 2025 soll es in Weissenhaus weitergehen. Im Video: Die zweite Finalpartie zwischen Magnus Carlsen und Fabiano Caruana, die dem “GOAT” den Sieg bei der Freestyle-Premiere bescherte.

Das 75 Hektar große Weissenhaus-Resort steht gemäß einem Buettner-Porträt im Focus zum Verkauf. Die Schachpläne in Weissenhaus tangiere das nicht, ergab eine Anfrage dieser Seite in Ostholstein. Diese Schachpläne beschränken sich, wie berichtet, nicht auf Freestyle.

Unabhängig von dem Projekt, ein internationales Schachfranchise zu bauen, ist in Ostholstein die „Weissenhaus Chess Academy“ entstanden, ein Projekt allein fürs deutsche Spitzenschach. Die herausragenden deutschen Talente von Vincent Keymer, Jahrgang 2004, bis Arian Alloussi, Jahrgang 2016, sollen dank der Förderung der Buettner-Akademie ihr immenses Potenzial vollständig entfalten können. Die Akademie ist zentraler Baustein von Buettners Plan, „Spitzenschach in Deutschland nachhaltig zu fördern und präsenter zu machen“.

Die Marke Weissenhaus, speziell die Weissenhaus-Akademie, sollen nun im Schach- und Bundesligakontext sichtbarer werden. Weissenhaus werde in allen Medienkanälen des FC St. Pauli präsent sein, unter anderem mit Inhalten in Livestreams bei der Übertragung von Bundesliga-Matches, teilt der Club mit. Die Heimspiele des FC St. Pauli wollen Weissenhaus und die Schachabteilung gemeinsam gestalten.

Ob es auch 2024/25 ein Spalier für die erste Mannschaft geben wird? Sicher ist jetzt schon, das Spiellokal am Millerntor wird das einzige in der Bundesliga sein, in dem vor den Kämpfen “Hells Bells” ertönt. | Foto: Frank Müller/FC St. Pauli
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joschi
joschi
4 Monate zuvor

Ich fürchte, die coolste Marke war St. Pauli bevor Buettner sich engagiert hat … 😉

Last edited 4 Monate zuvor by joschi
Matthias Richter
Matthias Richter
4 Monate zuvor

Man stelle sich vor, Zuckerberg oder die Scheichs stiegen beim FC St. Pauli im Fussball ein, und würden Mbappe & Co ans Millerntor holen. Vorbei wäre es mit dem “coolen” Image. Das sich St Pauli Schach für sodas hergibt find ich schade.

von und aus dem Walde
von und aus dem Walde
4 Monate zuvor

Dass jemand, der beruflich bei Springer groß wurde, jetzt St. Pauli alimentiert (sponsort kann man ja nicht sagen, da sich die Gegenleistung in Grenzen halten dürfte), ist natürlich auch eine schöne Episode.
Aber die Zeiten, dass Bild und Co das absolute Feindbild der Antifa und des linken Milieus waren, sind ja auch vorbei oder zumindest ist es nicht mehr so extrem, wie noch vor einigen Jahren. Die beruflichen Beziehungen von Buettner sind heute natürlich auch andere.

Last edited 4 Monate zuvor by von und aus dem Walde
Stefan
Stefan
4 Monate zuvor

Ich dachte, Buettner wollte sein Geld in 960 versenken? Ist die große Revolution im Spitzenschach schon wieder vorbei?

Daniel Hendrich
Daniel Hendrich
4 Monate zuvor

Netter PR-Gag, wobei es mich wundern würde, wenn Carlsen da mehr als 2 Partien spielt…

Thomas Richter
Thomas Richter
4 Monate zuvor

Carlsen hatte durchaus noch etwas mehr Bundesliga gespielt, für Baden-Baden auch in der Saison 2006/07 (3/4 nominell an Brett 5, u.a. Sieg gegen den Kreuzberger Socko) und 2007/08 (1.5/2 nominell an Brett 4). Ob er in der Saison darauf die Niederlage gegen Socko nicht verkraftet hat? Man konnte auch lesen, dass Partien sonntags um 10:00 nachts nicht zu seinem Biorhythmus passen. Lange Bedenkzeiten mag er nun auch nicht mehr und die in der Bundesliga ist ziemlich lang – vielleicht will er (á la Topalov) pro Saison nur ein zwei Partien spielen, damit er in der klassischen Eloliste nicht offiziell inaktiv… Weiterlesen »

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[…] international konkurrenzfähig zu machen, wollen Akademie und Club gemeinsam arbeiten. Die Partnerschaft mit dem FC St. Pauli und dessen Neuzugang Magnus Carlsen hingegen sei auf “Aufmerksamkeit und Präsenz fürs […]

Altinternationaler
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4 Monate zuvor