Elisabeth Pähtz’ GM-Titel ist beantragt / Ullrich Krause: “Bin sehr optimistisch”

Der Deutsche Schachbund hat jetzt offiziell bei der FIDE den GM-Titel für Elisabeth Pähtz beantragt. „Wir sind der Auffassung, dass alle drei GM-Normen gültig sind“, sagte DSB-Präsident Ullrich Krause jetzt bei ChessBase TV.

Ihre dritte und vermeintlich finale GM-Norm hatte Pähtz im November 2021 beim Grand Swiss in Riga erzielt. Seitdem schwebt das Verfahren um ihren Titel, weil seit mehr als fünf Jahren die Frage im Raum steht, ob Pähtz zweite Norm gilt, erzielt bei der Europameisterschaft 2016.

Nach Monaten der Unklarheit hat Mitte Januar schließlich der Schachbund auf Anfrage dieser Seite mitgeteilt, der Fall werde zwischen den Verbänden “auf höchster Ebene” besprochen, und der Titel werde nun beantragt. Offenbar ist das entgegen der Ankündigung nicht geschehen. Jetzt erst, kurz vor der entscheidenden Situng der FIDE-Titelkommission, ist der Antrag gestellt.

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Auf TV ChessBase zieht der DSB-Präsident die vor fünf Jahren auf Anfrage des DSB abgegebene Bestätigung von Werner Stubenvoll, damals Chef der FIDE-Titelkommission, heran. Stubenvoll hatte dem Schachbund mitgeteilt, die Norm gilt. „Andere sagen, das sei nicht so“, erklärt Krause. Was Krause nicht erwähnt, ist der Umstand, dass Stubenvoll selbst die angebliche Performance-Norm mittlerweile für ungültig hält. Auf Anfrage dieser Seite hat Stubenvoll mitgeteilt, er habe sich damals geirrt, das tue ihm leid (siehe unten verlinkter Beitrag).

Ob die Entscheidungspartie im November 2021 wirklich die Entscheidungspartie war, wird sich voraussichtlich noch diesen Monat zeigen.

Aus Pähtz’ Sicht hat Stubenvolls falsche Norm-Bestätigung ihr fünf Jahre des Wettkampfbetriebs beschert, in denen sie fälschlicherweise davon ausging, noch eine Norm vom Titel entfernt zu sein. Obendrein habe die FIDE ihr Schaden zugefügt, indem sie sie verfrüht zum GM ausgerufen habe. Die FIDE hatte unmittelbar nach dem Grand Prix auf Twitter verkündet, Pähtz sei nun GM, und in der Grand-Prix-Berichterstattung geschrieben, Pähtz habe ihre finale GM-Norm erfüllt.

Der Schachbund hat zwar den für Mitte Januar angekündigten Titelantrag erst jetzt gestellt, ist aber im Lauf des Verfahrens nie von der Auffassung abgewichen, Pähtz’ Normen seien gültig. Offenbar ist jetzt eine Argumentationslinie gefunden, diese Auffassung im Titelantrag gegenüber der FIDE stichhaltig zu begründen.

„Ich bin sehr optimistisch“, sagt Krause angesichts der bevorstehenden Entscheidung der FIDE-Titelkommission. Krause wünscht sich, dass die langjährige deutsche Nummer eins der Frauen nun den Titel bekommt: „Für Elisabeth wäre das ein Riesenerfolg, für den Schachbund auch.“

(Titelfoto: Anna Shtourman/FIDE)

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halbstark
halbstark
2 Jahre zuvor

Die ganze Affäre könnte so einfach zu handhaben sein. Von drei Normen ist eine zweifelhaft, also einfach den Titel beantragen und wenn alle drei Normen für gültig erklärt werden, erhält man den Titel – und wenn nicht, dann nicht. Wenn man über so prestigeträchtige Titel redet, möchte man doch, dass der Titel rein sportlich verdient ist. Es gefällt mir überhaupt nicht, dass die Antragsteller nicht einfach mit den Regularien argumentieren, sondern über die Hintertür versuchen den Titel zu bekommen, für den Fall, dass die Norm für ungültig erklärt wird. Ob ein Social-Media-Mitarbeiter der FIDE sich zu früh mit EP über… Weiterlesen »

Thomas Richter
Thomas Richter
2 Jahre zuvor

Wir können und müssen nun abwarten, wie das ausgeht. Tatsache ist, dass eine übergeordnete Qualifikationskommission nun die Aussage der damaligen Schiedsrichter überprüft. Aussage, nicht Entscheidung – entscheiden konnten weder diese Personen noch wer auch immer den FIDE Twitter account füttert. Diese Überprüfung erfolgt immer erst dann, wenn der Titel beantragt wird – dass das erst Jahre später der Fall ist liegt daran, dass Paehtz ziemlich selten TPR 2600+ erzielte. Die Analogie von Kommentator hinkt auch etwas: es geht quasi nicht darum, ob FIDE ausgezahltes Geld zurückbucht oder zurück bekommt, sondern ob sie nun Geld auszahlt. Keine Ahnung, worauf der (Zweck-)Optimismus… Weiterlesen »

Joschi
Joschi
2 Jahre zuvor

Nur dass ich das richtig verstehe: Pähtz ist Profischachspielerin und der GM-Titel ist ihr anscheinend (und verständlicherweise) wichtig. Und dennoch hat sie in den letzten Jahren keinen Versuch unternommen, zu recherchieren, was formal nötig ist, um so eine GM-Norm zu erreichen?
Ganz ehrlich, ich bin sprachlos.

Entweder sie wusste es tatsächlich nicht, die Mutmaßung empfinde ich als Beleidigung ihrer Intelligenz. Oder sie wusste es und tut nun so, als hätte sie es nicht gewusst. Das halte ich für eine Form des Betrugs.
Beides macht eine Titelverleihung leider völlig wertlos.

Kommentator
Kommentator
2 Jahre zuvor

Einem Bekannten von mir waren von seiner Bank einmal irrtümlich mehr als 10.000 Euro gutgeschrieben worden. Nach zwei Tagen war der Betrag wieder abgebucht. Er hat nicht versucht, das Geld von der Bank zurückzubekommen.

Ein ähnlicher Irrtum ist offensichtlich seinerzeit Herrn Stubenvoll unterlaufen. Ein Irrtum, der zudem für jedermann erkennbar war, der die damaligen Titelbestimmungen heranzog. Insofern ist nicht nachzuvollziehen, dass der Deutsche Schachbund jene “Nicht-Norm” heute für wirksam hält.

Last edited 2 Jahre zuvor by Kommentator
Thomas Pähtz
Thomas Pähtz
2 Jahre zuvor

Ich glaube aber nicht, dass die Bank das Geld nach 6 Jahren zurückfordern kann. Auch unter dem Aspekt, dass 2 Schiedsrichter, unabhängig voneinander, die Norm zum damaligen Zeitpunkt bestätigt haben.

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[…] allerdings offen. Ausgerechnet in diesen Wochen, in denen das deutsche Schach eine Entscheidung in Sachen Pähtz erwartet, ist der zuständigen Titelkommission der FIDE (offiziell: Qualification Commission) ihr […]

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[…] finden. Während DSB-Präsident Ullrich Krause bei TV ChessBase insistierte, die Norm von 2016 sei aus DSB-Sicht gültig und er sei “sehr optimistisch” in Sachen Titelverleihung, sagte Pähtz im Stream von […]

Chris
Chris
2 Jahre zuvor

Wie hat dem die FIDE verkündet das sie GM ist? Das war mir bei der Thematik neu, und ist meines Erachtens eher ein Fehler als die vermutlich falsche Beurteilung der zweiten Norm unter der Hand von einer Person. Zum Schaden, dem sehe ich ehrlich gesagt nicht … Klar ist es ärgerlich zuerst dem Titel zu feiern und ihn dann nicht zu bekommen, aber die Diskussion allein sorgt dafür das nun eine breitere Öffentlichkeit erfährt das sie eine verdammt gute Schachspielerin ist. Ist für mich vergleichbar wie ein Leichtathlet der einen Rekord aufstellt, der dann später aufgrund von Rückenwind etc aberkannt… Weiterlesen »

Gerald
Gerald
2 Jahre zuvor

Kein gutes Bild, das die FIDE damals und heute hinterlässt. Jetzt soll vernünftig geprüft werden und im Falle einer Ablehnung des Titels ein angemessener Schadensersatz von der FIDE gezahlt werden.