Die DSOL begann mit einem halben Favoritensturz. 2:2 trennten sich die wackeren Mannen des SK Bad Homburg von den mit einem DWZ-Schnitt von knapp 2600 nominell übermächtigen Schachfreunden Deizisau, deren DSOL-Meldeliste auch als deutsche Nationalmannschaft durchginge.
Ohne die Leistung der Bad Homburger Davids schmälern zu wollen (sie feiern sich auf ihrer Homepage zu Recht), zumindest drei der Deizisauer Goliaths schienen nicht recht bei der Sache zu sein. Im Fall von Alexander Donchenko war das nachvollziehbar, er hat ja gerade in Wijk an Zee Wichtigeres zu erledigen, und darum trat er in der DSOL gar nicht erst an.
Andreas Heimann hatte offenbar auch etwas Wichtiges zu erledigen, jedenfalls spielte er wie jemand, den ein dringender Termin drängt. Nachdem er seine Partie im Blitztempo absolviert hatte, gab Heimann überrschend ein Endspiel auf, das noch lange nicht verloren war (die Maschine diagnostiziert gar 0,00). So stand es bald 0:1 aus Deizisauer Sicht, und Ruben Gideo Köllner wird nicht widersprechen, wenn wir in seinem Spiel eine gewisse Larifarihaftigkeit feststellen, die es den Bad Homburgern erlaubte, einen zweiten Punkt einzufahren.
Cottbus hat den längsten
Wie viel Engagement die DSOL sogar bei den Zuschauern auslöste, lässt sich anhand einer Twitter-Debatte sehen, die die Premiere von Schachdeutschland TV auslöste. Zwar wurde allgemein anerkannt, dass Sebastian Siebrecht einen prima Job gemacht hatte, aber wäre es nicht noch besser gewesen, hätte Siebrecht eine Anspielstation und einen Stichwortgeber, der den Chat im Auge behält? Michael Busse vom Schachgeflüster machte einen konkreten Vorschlag:
Für den Beobachter ist die Liga eine schöne Gelegenheit, sich an außergewöhnlichen Clubnamen zu laben. Olaf Steffens erwähnt in seiner lesenswerten Ode an die Liga zwei: SG BiBaBo Leipzig, ein Verein, in dem auch (in erster Linie sogar) Billard, Ballsport und Bowling betrieben wird, und den SC Tigerli PP Aachen, der sich mit seiner Gründung 1984 der Förderung des Frauenschachs verschrieben hatte: Paritätisch sollten die Mannschaften des SC besetzt sein. Dieses Fifty-fifty hat sich leider nicht halten lassen, aber der Verein besteht trotz mittlerweile arg gesunkener Frauenquote weiterhin.
Wir könnten noch den Eisenbahner-Sportverein Lokomotive Reichsbahnausbesserungswerk Cottbus hinzufügen, wahrscheinlich deutscher Rekordhalter in Sachen Länge des Vereinsnamens. Im Fünftligamatch gegen die SF Deisenhofen hatte der Cottbusser Rainer Lehmann die Gelegenheit, mit einer Glanzkombination in die Annalen seines Vereins einzugehen (dazu später mehr). Lehmann ist mit dieser verpassten Chance nicht allein.
Der Taktik-Knecht und die Kür
Auch Matthias Budt in Diensten des SK Zehlendorf ließ in der ersten Liga einen Knaller aus, der seine Kollegen veranlasst hätte, ein Diagramm und dazu ein Foto des Siegers in ihren Bericht vom Match gegen den Schachklub Bickenbach einzubauen. Zumindest das mit dem Diagramm holen wir heute nach, wollen aber vorher Frank Hermes erwähnen, der für den SV Wermelskirchen in der neunten Liga spielt. Am ersten Spieltag der Liga 9B verpasste Hermes die Kombination seines Lebens.
Woher wir das wissen? Diese Seite hat einen Taktik-Knecht eingestellt, der alle DSOL-Partien nach sehenswerten Kombinationen durchforstet, damit die schönsten hier präsentiert werden können. Mit seinem ersten Schwung Taktikaufgaben ist unser Knecht jetzt fertig. Etwa 100 hat er gesichtet, 5 haben den Cut geschafft. Damit sich alle Leser überzeugen können, dass es mit rechten Dingen zugeht, haben wir die Kür aufgezeichnet:
Spoiler-Alarm!
Wer sich die Freude an dem, was jetzt kommt, nicht verderben möchte, der schaue sich das Video nicht sofort an. Darin sind die Lösungen der hier präsentierten fünf Taktik-Perlen zu sehen.
Melde, Christian (1892) – Richter, Jan (1930)
DSOL 2. Liga Gruppe C play.chessbase.com, 2021.01.21
Zum Aufwärmen: Weiß zieht und setzt in vier Zügen matt.
(Du willst lösen? Klick aufs Diagramm)
Schüler, Hendrik (2040) – Roeder, Matthias (2365)
DSOL 3. Liga Gruppe B play.chessbase.com, 2021.01.18
Zum Aufwärmen II: Schwarz zieht und gewinnt.
Herrmann, Jakob (1620) – Hermes, Frank (1882)
DSOL 9. Liga Gruppe B play.chessbase.com, 2021.01.18
Siehst du, was Frank Hermes entgangen ist? Schwarz zieht und gewinnt.
Will, Patrick (2038) – Budt, Matthias (2158)
DSOL 1. Liga Gruppe D play.chessbase.com, 2021.01.21
Siehst du, was Matthias Budt entgangen ist? Schwarz zieht und gewinnt.
Lehmann, Rainer (1606) – Koppen, Harald (1620)
DSOL 5. Liga Gruppe C play.chessbase.com, 2021.01.19
Was Rainer Lehmann hier entgangen ist, würde womöglich nicht einmal Alexander Donchenko sehen, zumindest nicht auf Anhieb. Aber nun, da du weißt, dass hier etwas geht, hast du eine gewisse Chance, das nicht unbekannte, aber an dieser Stelle überraschende Motiv zu finden und zu erspüren, wie Weiß die Partie entscheiden kann.
Weiß zieht und gewinnt.