“Hole mir meine Seele zurück”: Österreichs Schachpräsident Hursky schmeißt hin

Christian Hursky, Präsident des Österreichischen Schachbunds (ÖSB), wird sein Amt beim kommenden Bundestag am 27. Februar zur Verfügung stellen. Das kündigte Hursky am heutigen Donnerstag in einer E-Mail an die Präsidenten seiner Landesverbände an. Der Bundestag des ÖSB entspricht etwa dem Bundeskongress des Deutschen Schachbunds.

Christian Hursky. | Foto via SPÖ

Seit Juni 2017 amtiert Christian Hursky als ÖSB-Präsident. Zuvor war der 59-Jährige seit 2008 Präsident des Wiener Schachverbands gewesen. 13 Jahre lang habe er dem organisierten Schach seine Seele geliehen, teilte Hursky seinen führenden Funktionären mit. Nun “hole ich sie mir zurück”.

Nach Informationen dieser Seite gibt es schon einen Favoriten auf die Nachfolge: Christof Tschohl, ehemaliger Bundesligaspieler, Jurist, IT-Experte – und bislang nicht als Schachfunktionär auffällig. Der 42-Jährige werde sich beim Bundestag zur Wahl stellen, heißt es.

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Hursky oblag die Aufgabe, den Verband in sein 100-Jähriges Jubiläum 2020 zu führen. Das ließ sich vielversprechend an, anfangs sah es aus, als habe der ÖSB sogar gute Chancen, das WM-Match 2020 nach Wien zu holen. Und während der Präsident immer wieder seinen leistungssportlichen Fokus betonte, lief es auf den Brettern der österreichischen Schachmeister sehr ordentlich.

Letzter Akt Bundesliga

Nun entpuppte sich aber das Corona-Jahr 2020 nicht nur generell, sondern speziell für Hursky als ein verflixtes. Und das lag nicht allein daran, dass pandemiebedingt vom Jubiläum nicht viel mehr übrig blieb als eine überaus ansehnliche Jubiläumsbroschüre, in der sich Hursky ausführlich zu seinen Zukunftsplänen für den ÖSB äußert. Aber der Berufspolitiker war im Lauf der vergangenen Monate mit einsamen Entscheidungen innerhalb seines Schachverbands immer wieder angeeckt, der Widerstand wuchs, und die Suche nach einem Nachfolger lief schon seit einiger Zeit.

Der letzte Akt war jetzt die Episode um die kommende Bundesligarunde, die eine Vielzahl von Vereinen abgesagt hat (Details siehe am Ende dieses Berichts). Der Hursky-ÖSB hatte im Lauf der Pandemie eine Menge Ressourcen in Sicherheitskonzepte gesteckt, um Schach am Brett möglich zu machen. Nun sollte unbedingt Schach am Brett gespielt werden, und wenn es noch so viele Schachspieler und -organisatoren für unverantwortlich halten.

Christof Tschohl.

Schon gestern hatte Tschohl verbandsintern angekündigt, dass er als Nachfolger zur Verfügung steht. Im österreichischen Schach kursiert dieses Statement des 42-Jährigen:

“Wer mich kennt weiß, dass ich stets die “Politik der Anziehung” bevorzuge, anstatt Ideen mit der Brechstange durchzusetzen. Meine Botschaft ist einfach: ich bin bereit, Schach in Österreich gemeinsam zu gestalten. Ich möchte das schönste Spiel der Welt allen Menschen in Österreich leicht zugänglich machen, das geht nur miteinander. Schach hat mein Leben positiv und nachhaltig geprägt, davon möchte ich etwas zurückgeben, vor allem für Kinder aus Bildungsfernen sozialen Umfeldern, wie das meiner eigenen Kindheit (Schach als “social elevator”). Ich habe einige Ideen und freue mich vor allem auf die Ideen der anderen.”

Zu einer Kampfabstimmung zwischen Tschohl und Hursky wird es nun nicht kommen.

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Krennwurzn
Krennwurzn
3 Jahre zuvor

Junge neue Ideen fürs Schach, da kann die Krennwurzn nicht dagegen sein!

Etwas skeptisch stimmt den gelernten Österreicher, dass es durch die etwas unsanfte Absetzung von Hursky’s zu Störungen im Verhältnis mit der BSO (Bundessportorganisation) kommen könnte, deren Präsident der ehemalige Landeshauptmann Hans Niessl ein Parteifreund vom scheidenden Präsidenten ist.

Auch im Sport wird des coronabedingt zu harten Verteilungskämpfen ums Geld kommen in den nächsten Jahren und beim Geld enden spätestens viele Freund- und Seilschaften.

ABER blicken wir positiv nach vorne, denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne!!