Der in diesen Tagen mit einigem Abstand meistgeklickte Link auf dieser Seite findet sich am unteren Ende der Kommentarspalte zum Text über die DSB-Pleite. Er führt direkt zu “Walters Professor-Doktor-Marcus-Fenner-Akten“. Anfangs standen Walter Rädlers Kommentare dank dutzender “Daumen hoch” ganz oben, nun stehen sie ganz unten. Sie repräsentieren ein Phänomen, das eigentlich überwunden schien: Manipulation der Kommentarspalte auf dieser Seite.
Die Kommentare unter Beiträgen sind nach der Bewertung der Lesenden sortiert: Was viele Daumen hoch bekommt, steht oben, was viele Daumen runter bekommt, steht unten. Dieses Sortierprinzip, abgeschaut bei Reddit, funktioniert meistens gut.
Die Idee dahinter: Mit ihrem Daumen sollen die Lesenden einander helfen, Lesenswertes nach oben zu spülen und dort zu halten. Pefekt ist das System freilich nicht. Manchmal schreibt jemand etwas Kluges, aber Polarisierendes, das vielen Leuten nicht gefällt, dann hagelt es Daumen runter, und ein bedenkenswerter Beitrag verschwindet im Nirvana.
Manipulationssicher ist das System auch nicht. Eigentlich hat jeder Leser bzw. jede IP pro Kommentar einen Daumen. Aber wer sich partout die Mühe machen will, der kann das System überlisten: Abstimmen, IP wechseln, nochmal abstimmen und so weiter, beliebig oft. Kostet Lebenszeit, aber ist möglich.
Vor Jahren, speziell während des Krause/Fenner vs. DSJ-Kriegs, machten sich Leute diese Mühe. Teils hundertfach riefen sie die Kommentare mit einer neuen IP neu auf, und dann setzte es Daumen runter für alle, die die DSB-Spitze kritisch sehen bzw. Daumen hoch für Linientreue. Auffällig schon damals: Die meisten Manipulatoren kamen aus dem Raum Berlin.
Zuletzt war Ruhe, aber am 26. Februar 2023, zwei Tage nach Erscheinen des Pleite-Beitrags, ging es wieder los. Im Raum Berlin missfielen einem O2-Kunden, der auf seinem Galaxy S10 Lite den Beitrag aufgerufen hatte, Walter Rädlers Kommentare. Zwischen 18.15 und 20.15 Uhr hagelte es Daumen runter: 127-mal rief er oder sie den “Habe alle gewarnt”-Kommentar des ehemaligen DSB-Vizepräsidenten neu auf und stimmte ihn runter (nicht alle Klicks kamen durch), 37-mal den Link zu “Walters Akten”.
Was hat es mit diesen Akten auf sich? In den vergangenen Tagen tauchte wiederholt die Frage auf, warum die von Rädler zusammengetragenen Stimmen und Dokumente nie Teil der Berichterstattung auf dieser Seite waren. Tatsächlich lagen sie (und mehr) dieser Seite (und nicht nur der) seit 2019 vor. Aber: Was Rädler präsentiert, ist tendenziös zusammengestellt und nach Einschätzung des Schreibers dieser Zeilen nicht ausreichend belastbar.
Trotzdem, allein nach Anschauung der Amtsführung war ja offensichtlich etwas faul. Der unsägliche Umgang mit Menschen, das verbissene Mikromanagent, das Durcheskalieren aller Konflikte, die verkrampfte Geheimhaltung, das Misstrauen – so gebärdet sich niemand, der jemals erfolgreich Chef von irgendetwas war. Wer ist dieser Mann?
Um diese Frage zu beantworten, sollte Ende 2019 auf dieser Seite das große Marcus-Fenner-Porträt erscheinen – freilich ohne Hilfe des Betreffenden, der sich und allen DSB-Mitarbeiter:innen längst den Kontakt mit dem Schreiber dieser Zeilen verboten hatte. Die wahrscheinlich umfassendste Recherche in der Perlen-Geschichte – vor allem in Leer, Münster, New York – erbrachte einige Antworten.
Zum Beispiel die, dass er tatsächlich aus guten, mutmaßlich wohlhabenden Verhältnissen stammt. Oder die, dass Schach keine Legende ist, sondern tatsächlich sein seit Jahrzehnten gepflegtes Hobby, seitdem er Mitte 1991 in den heute nicht mehr existenten SV Frisia Loga Leer eingetreten ist. In Münster, wo er studierte, schloss er sich dem studentisch geprägten, heute nicht mehr existenten SV Caissa an, nicht dem örtlichen Traditionsklub SK 32. Dem SV Caissa blieb er sogar während seiner ersten Jahre in den USA treu.
Wer sich in den USA umhört, für den liegt der Schluss nahe, dass Fenner das Nach-oben-Schleimen, Nach-unten-Treten nicht erst nach seiner Rückkehr zum Prinzip erhoben hat. Leute aus der New Yorker Schachszene, die er wahrscheinlich wichtig fand, Gönner und Amtsträger, äußern sich mehrheitlich freundlich. Leute, die er eher nicht wichtig fand, Schachspieler, sind überwiegend froh, dass er weg ist. Sicher ist, als Geschäftsführer des Marshall Chess Club hat er bald ähnlich polarisiert wie als Geschäftsführer des Deutschen Schachbunds.
Alles ganz interessant, aber was ist mit den großen Fragen, auf die Walter Rädler vorgibt, die Antworten zu präsentieren? Veruntreuung in großem Stil? Würde Rädler alle Dokumente, die er hat, zum Teil seiner “Akten” machen, bliebe das Fragezeichen stehen. “Eher nicht, wahrscheinlich Unregelmäßigkeiten”, lautet die dem Erkenntnisstand angemessen vage Antwort. Sicher ist, die New Yorker Clubfinanzen waren schon in der Prä-Fenner-Ära ein Durcheinander. Und die eigentlich kaum relevante, aber von Rädler rauf- und runterdeklinierte Professor-Doktor-Frage? Man weiß es nicht, fünf Jahre später immer noch nicht.
Um noch tiefer bis zur Gewissheit zu bohren, hätte es eines Recherche-Teams bedurft, das sich für einige Zeit ausschließlich dieses Falles annimmt – und am Ende womöglich nichts findet, das den Aufwand rechtfertigt. Auch weil Ullrich Krause und Marcus Fenner derweil von einer berichtenswerten Katastrophe zur nächsten stolperten, wurde das große Marcus-Fenner-Porträt nie geschrieben.
Let us agree to differ!
Es war meine Meinung, ist meine Meinung und wird immer meine Meinung sein: Jemand, der mit Professor beim Notar unterschreibt, ohne es zu sein und jemand, dessen Arbeitgeber sich bei einer Erklärung an die oberste Finanzbehörde namentlich über einen auskotzt, ist in keinster WEise als Geschäftsführer des DSB geeignet.
Die Position, dass die Frage nach Fenners akademischen Graden “eigentlich kaum relevant” sei, finde ich gefährlich. Das unrechtmäßige Führen von akademischen Titeln stellt in Deutschland eine Straftat dar. Als Geschäftsführer eines großen Sportverbands muss man jeden Eindruck vermeiden, man habe sich möglicherweise mit falschen akademischen Weihen geschmückt, und zwar auch dann, wenn es nur um vage Gerüchte geht. Als damals die ersten Gerüchte aufkamen, dass etwas mit Fenners Promotion nicht stimmen könnte, hätte Fenner dem problemlos entgegentreten können, z.B. durch Vorlegen seiner Promotionsurkunde oder durch Angabe der Zitation für seine Doktorarbeit. Dass er das konsequent 5 Jahre lang nicht getan… Weiterlesen »
Jetzt wissen wir endlich, mit was der DSB-Mitarbeiter für Social Media den Tag verbringt.
cooler Artikel. (Ich dachte schon, mein Browser sei defekt als ich die vielen “thumbs down” sah.)
Conrad Schormann schreibt. “Was hat es mit diesen Akten auf sich? In den vergangenen Tagen tauchte wiederholt die Frage auf, warum die von Rädler zusammengetragenen Stimmen und Dokumente nie Teil der Berichterstattung auf dieser Seite waren. Tatsächlich lagen sie (und mehr) dieser Seite (und nicht nur der) seit 2019 vor. Aber: Was Rädler präsentiert, ist tendenziös zusammengestellt und nach Einschätzung des Schreibers dieser Zeilen nicht ausreichend belastbar.” Bei allem Respekt vor Walter Rädlers Arbeit für das Jugend- und Schulschach muss doch erwähnt werden, dass dieser vor einigen Jahren einen medialen „Privatkrieg“ gegen Marcus Fenner führte. Seine Dokumente ließen sich nicht… Weiterlesen »