GM Elisabeth Pähtz. Der FIDE-Rat (“FIDE Council”) hat jetzt während seiner Sitzung am Rande der Mannschaftsweltmeisterschaft in Ostjerusalem beschlossen, der 37-Jährigen den Großmeistertitel zu verleihen, das Ende einer mehr als ein Jahr währenden Hängepartie. Pähtz ist die 40. Frau in der Geschichte des Schachs, die den Titel verliehen bekommt.
Im November 2021 hatte Pähtz in Riga ihre vermeintlich dritte und letzte für die Verleihung notwendige GM-Norm erzielt. In den allgemeinen Jubel über die erste Deutsche mit Großmeistertitel mischte sich bald Ernüchterung. Die Frage, ob ihre zweite Norm, erzielt bei der Europameisterschaft 2016, gültig ist, war seinerzeit breit diskutiert, aber nie offiziell beantwortet worden. Die FIDE prüft die Gültigkeit von Normen erst, wenn ein Titelantrag vorliegt.
Nach einigen Verhandlungen hinter den Kulissen beantragte im Februar schließlich der Deutsche Schachbund den Titel für seine Nummer eins der Frauen beim Weltverband FIDE. Die dort zuständige Kommission, die “Qualification Commission”, urteilte, Pähtz’ Ergebnis von 2016 sei nicht gut genug für eine GM-Norm. Unter ihren Gegnerinnen seien nur zwei statt drei GM gewesen, wie es das Reglement vorsieht. Die Kommission empfahl daher, den Titel nicht zu verleihen.
Abseits der Formalitäten hat die FIDE im Lauf des Verfahrens mehrfach eine unglückliche Figur abgegeben. Das begann mit einer Bestätigung 2016, die Norm sei gültig, als der DSB nachgefragt hatte, und das setzte sich 2021 fort, als der Weltverband Pähtz’ voreilig zur Großmeisterin ausrief, obwohl die Frage nach ihrer Norm von 2016 weiterhin im Raum stand.
Mittlerweile sind sich alle Beteiligten einig, dass Pähtz formal nicht die GM-Voraussetzungen erfüllt. Einigkeit besteht aber auch darüber, dass die FIDE ihr fünf Jahre lang falsche Tatsachen vorgegaukelt hat. Angesichts dieses Dilemmas sagte FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich bei der FIDE-Generalversammlung im August: “Spieler sollten nicht für Fehler von Offiziellen verantwortlich gemacht werden.” Er schlug vor, ihr den Titel ungeachtet einer ungültigen Norm zu verleihen. Das ist jetzt offenbar passiert.
Der DSB hat schon 2016 gewusst, dass die angebliche Norm die Titelvoraussetzungen nicht erfüllt hat, wie Deventers damalige dezidierte Nachfrage klar belegt. Es trifft auch nicht zu, dass hier ein Spieler für den Fehler eines Offiziellen “verantwortlich” gemacht worden sei. Ohne den Fehler hätte sie die Norm ja auch nicht erzielt gehabt. Dass Frau Pähtz in all ihren Profijahren die GM-Norm nicht in der erforderlichen Anzahl erzielen konnte, zeigt, dass sie den Titel wahrlich nicht verdient hat, ungeachtet aller Sympathien, die man ihr entgegenbringen mag. Ein noch dazu von einem Russen geschenkter Titel, mehr ist das nicht.
Es ist doch Fakt, das die dritte Norm nicht erfüllt wurde.
Dieser geschenkte Titel ist das Papier nicht wert auf dem er geschrieben ist.
Mir stellt sich die Frage: Wieso setzt sie sich nicht ans Brett und erarbeitet sich in einem Turnier eine Dritte reguläre Norm?
Theater zu machen und Aufsehen zu erregen ist wohl der einfachere Weg, wie schon öfter geschehen.
Trotz allem wünsche ich ihr alles Gute für die Zukunft mit diesem Fake Titel.
Sie hat 2 Normen. Der DSB weiß das, die FIDE weiß es. Sie weiß es. Wir wissen es.
Es ist wohl so eine deutsche Eigenart, sich über jeden Kleinkram zu streiten, und sicht nicht einfach mal für jemand anderen freuen zu können. Herzlichen Glückwunsch, Elisabeth!
Elisabeth ist durchaus ein streitbarer Charakter und hat nicht nur Fans.
Zu diesem Artikel gibt es aber nur einen sinnvollen Kommentar:
Herzlichen Glückwunsch! Du bist eine großartige Schachspielerin!
Ich kann Kommentare, die den Titel als “unverdient” abtun, oder gar verlangen, dass Pähtz ihn nicht annehmen sollte, überhaupt nicht nachvollziehen. Nicht vor dem Hintergrund, wie viel Schindluder sonst so mit GM-Titeln getrieben wird. Normturniere, bei denen die teilnehmenden Großmeister wissen, dass sie sich lieber nicht zu viel Mühe geben sollten, wenn sie beim nächsten Mal wieder eingeladen werden wollen. Pilgerfahrten zu den fragwürdigen Normschmieden Osteuropas. Ganze Turniere, die nur auf dem Papier existieren. Alles Dinge, die bei der FIDE offenbar mit Schulterzucken abgetan werden. Und das Problem bei Pähtz ist im Vergleich dazu welches? Eine völlig belanglose Formalität war… Weiterlesen »
sie hat es … mehr als verdient. Glückwunsch!
Wird ja die offizielle Prüfung der Norm eingestellt, ich meine Negativ entscheiden können sie ja nicht mehr wenn die Norm von Schiri vor Ort vermerkt wurde und der Spieler(in) somit eine falsche Erwartungshaltung hat. Elizabeth ist eine super Spielerin, sie profitiert sicher auch durch dem ganzen Wirbel und nun auch durch dem Titel weshalb man es ihr nicht übel nehmen kann das sie dort gekämpft hat … Dem Wert des GM titels zieht die FIDE damit aber herunter, wobei sie eigentlich schon erkannt hat das es aktuell eine Inflation des GM gibt und man ja eher über eine verschärfung diskutiert… Weiterlesen »
Ich verstehe die Aufregung nicht. Auf der DSB-Schachseite ist das alles sehr schön erklärt. Elisabeth Pähtz hat drei Normen und damit den GM-Titel zu Recht erhalten. Herzlichen Glückwunsch.
[…] Zu früh gefreut?Dies sei die dritte Norm und damit der GM-Titel, hieß es direkt nach Elisabeth Pähtz’ Grand Prix 2021. Zu früh gefreut. Stattdessen folgte ein Titel-Tauziehen, in dessen Verlauf Pähtz gar rechtliche Schritte gegen die FIDE erwog. So weit kam es dann nicht. 13 Monate nach der Norm beim Grand Swiss wurde Pähtz GM. […]