Das obere Ende des Spektrums seiner elektronischen Schachbretter hat Millennium mit dem “Supreme Tournament 55” schon abgesteckt, ein Traum in Holz – und in Turniergröße. Jetzt ist auch das untere markiert, ein handliches e-Brett für den Freizeitspieler, der lieber Figuren in der Hand spürt als die Maus: Ab dem 31. Januar ist das eONE im Handel.
Das Brett funktioniert im Zusammenspiel mit den beiden bei weitem größten Plattformen Lichess und chess.com, außerdem mit Tornelo, weitere Plattformen mögen folgen. Dem Benutzer ermöglicht das eONE, seine Partien vom Bildschirm aufs Brett zu verlagern. Leuchtdioden zeigen den gegnerischen Zug auf dem Brett an. Der eigene Zug wird automatisch auf die Plattform übertragen.
Die Bedienung ist denkbar einfach: einschalten, verbinden, spielen. Das Brett kommt mit drei Reglern aus, einer für die Helligkeit der Lichter, einer, um das Brett virtuell zu drehen, und einer für die Bluetooth-Verbindung. Die Verbindung zu Lichess lässt sich mit der kostenlosen Millennium-ChessLink-App herstellen. Die App fungiert als Schnittstelle zwischen Brett und Lichess-Server.
Auf der Android-App von chess.com ist die Verbindung zum e-Brett als Funktion integriert. Aus der chess.com-App heraus lässt sich per “Knopfdruck” eine Verbindung mit dem Brett herstellen. Schritt zwei: eine Partie starten. Der Schreiber dieser Zeilen hat das jetzt ausprobiert und mitgeschnitten:
Im Interview mit dieser Seite hat Millennium-Chef Max Hegener angekündigt, Millennium wolle nun Teil der Schachturnierszene werden:
Vor diesem Hintergrund ist die enge Zusammenarbeit mit der Plattform Tornelo zu verstehen, die neben denen der Spieler auf die Bedürfnisse von Schiedsrichtern abgestellt ist. Alle bisherigen “offiziellen” Online- und Hybrid-Wettbewerbe, sei es die Jugend-Europameisterschaft oder die World-Cup-Qualifikation, laufen über Tornelo. Dort kann etwa während der laufenden Partie der Schiedsrichter die Zeit anhalten, eine Funktion, die anderswo nicht zur Verfügung steht.
Mit dem 55er-Brett in Turniergröße steht nun ein Werkzeug bereit, das hybrides Schach für die Spieler komfortabel möglich macht: das Hin- und Hergucken zwischen Brett und Bildschirm entfällt, der gegnerische Zug leuchtet auf dem Brett, sobald er ausgeführt ist. Schon die ersten Testwettkämpfe mit dem 55er liefen via Tornelo.
Um hybriden Turnier- und Ligabetrieb als dritte Säule des organisierten Schachs zu etablieren, wird wichtig sein, dass die Verbände auf dem 55er gespielte Partien für die DWZ- und Elo-Auswertung freigeben. Die Verhandlungen darüber laufen nach Millennium-Angaben.
Das beste Argument in dieser Sache dürfte ein praktisches sein: Das Erlebnis, am Turnierbrett unter Turnierbedingungen gegen jemanden zu spielen, der weit weg ist, sollte zu dem Wunsch führen, es zu wiederholen.. Die Chefetage des Europäischen Schachverbands wird dieses Erlebnis jetzt haben.
Geplant ist ein Match auf den Millennium-Turnierbrettern zwischen Thessaloniki, wo die ECU tagt, und Berlin, wo der Berliner Schachverband ein Team aufbieten wird, auf Berliner Seite betreut von Tornelo-Fachmann Bernhard Riess, dem Pionier der Hybrid-Schidsrichterei:
Der erste Grundstein für eine potenziell internationale Hybrid-Liga wird jetzt obendrein gelegt. Für den Anfang auf deutscher Ebene soll noch im Frühjahr die Millennium-Liga mit sechs Vereinen eine erste Saison spielen – eine wahrscheinlich schon beim noch nicht Elo- oder DWZ-gewerteten Auftakt stark besetzte Liga.
Unlängst hat Michael S. Langer, Präsident des Schachverbands Niedersachsen, in einem ChessBase-Gespräch über die geplante Reform der zweiten sowie die Einführung einer dritten Bundesliga gesagt, dass sein Verband mit einer Niedersachsen-Kader-Auswahl mitspiele.
Die anderen Teams werden Vereinsmannschaften sein, darunter voraussichtlich zwei Schachbundesligisten. Die Besetzung der Liga ist das Ergebnis der von Hegener angekündigten Zusammenarbeit mit Vereinen, denen das Unternehmen beim Anschaffen von 55er-Brettern für den hybriden Spielbetrieb entgegenkommen will.