Wer gut Schach spielt, lebt länger

Wenn auf der Uhr die Sekunden zerrinnen, dann pocht die Pumpe. Wenn die Entscheidung naht, strömt das Adrenalin. Wettkampfschach ist Stress.

Wer würde sich freiwillig der Tortur aussetzen, stundenlang unter Zeitdruck eine schwierige Entscheidungen nach der anderen zu treffen? Entscheidungen, deren Konsequenzen meistens nicht vollständig zu überblicken sind, die sich gleichwohl nicht rückgängig machen lassen. Und jeder Fehler kann das Aus bedeuten.

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Schach dem Sensenmann! Trotz gelegentlicher stressinduzierter Herzinfarkte: Großmeister leben länger.

Kein Wunder, dass Leute daran sterben. Die Schacholympiade 2014 etwa, ein zweiwöchiger Marathon, haben zwei Teilnehmer nicht überlebt. Den lettischen Großmeister Vladimir Bagirov streckte bei einem Turnier in Finnland 2000 während einer Zeitnotschlacht ein Herzinfarkt nieder. Das gleiche Schicksal ereilte seinen Landsmann Aivars Gipslis, ebenfalls ein Großmeister, während eines Turniers in Berlin ebenfalls im Jahr 2000.

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Wer nun im Sinne eines langen Lebens überlegt, sich einer weniger stressigen, dafür bewegungsintensiveren Sportart zuzuwenden, der kann dafür manchen Grund finden. Dass herausragende Athleten länger leben als der untrainierte Durchschnittsmensch, ist hinreichend belegt.

Neue Studie: Schachgroßmeister leben etwa so lange wie olympische Medaillengewinner

Aber bevor jemand von Schach auf Leichtathletik umsteigt, sollte er oder sie eine neue Studie aus Australien zur Kenntnis nehmen. Herausragende Geistesakrobaten leben danach im Durchschnitt etwa so lange wie herausragende Athleten.

Die Autoren, darunter Ökonomieprofessor und Schachgroßmeister David Smerdon, haben die Lebenserwartung von Schachgroßmeistern mit denen olympischer Medaillengewinner verglichen und ihnen die Lebenserwartung der Bevölkerung in ihren Heimatländern gegenübergestellt. Großmeister und Olympioniken übertrafen die durchschnittliche Lebensspanne etwa im selben Maße; in Ländern mit geringer durchschnittlicher Lebenserwartung (Russland) um bis zu 14 Jahre.

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Bevor jetzt der Kette rauchende, übergewichtige Kreisklassespieler diese Studie triumphierend zur Kenntnis nimmt (und womöglich den Abschluss einer Sterbevorsorge verschiebt), wollen wir dezidiert darauf hinweisen, dass die Studie sich ausschließlich herausragenden Athleten und Schachmeistern gewidmet hat.

Wer im Schach gut werden will, der muss körperlich fit sein. Schachgroßmeister sind per se besser trainiert und leben gesünder als normale Leute, und das hat wesentlichen Einfluss auf ihre Lebensdauer.

Auch in der Kreisklasse relevant: Demenzprävention

Relevant für den übergewichtigen Kreisklassespieler ist allerdings der Faktor Demenzprävention. Dass Leute, die ihr Gehirn fordern, ihr Demenzrisiko senken, ist hinreichend belegt. Da Demenz zum Tod führen kann, bedeutet Prävention Lebensverlängerung. Sogar eine Verbindung zwischen regelmäßigem Brettspielen (es muss gar nicht Schach sein!) und geringerem Demenzrisiko liegt nahe.

Insofern ist sogar Schach auf Patzerebene hilfreich, denn ob Kreisklasse oder Weltklasse, ihr Gehirn fordern die Akteure am oberen wie am unteren Ende der Leistungsskala.

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[…] Lang ist die Liste der guten Gründe, das Kind zum Schach zu schicken. Müssen wir erwähnen, dass es dem Gehirn gut tut, gefordert zu werden? Schlaue Leute spielen Schach, und deswegen leben sie länger und gesünder. […]

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[…] auch den Aspekt ab, den Körper in Form zu halten. Übrigens: Weil Schachmeister fit sein müssen, leben sie länger als der Durchschnittsmensch, und das etwa in dem Maße, wie es auch für andere Spitzensportler […]

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4 Jahre zuvor

[…] ans Brett setzt, der endet nicht in der Bundes-, sondern in der Bodenseeliga (und zockt mit seiner Lebenserwarung). Ambitioniertes Schach bedingt körperliche Fitness und ausgewogene […]