Pläne, Raum, Strukturen: Strategie, ein weites Feld (II)

Wenn die gegnerischen Bauern eine unserer Figuren aus dem Spiel nehmen, weil sie ihr jegliche Perspektive verweigern, dann müssen wir umgruppieren.

Das Phänomen kennt Ihr, seitdem wir im Beitrag “strategisches Geplänkel” erörtert haben, auf welche Weise Doppelbauern oft “statisch stark” (und dynamisch schwach) sind.

“Statisch stark” bedeutet in erster Linie, dass die Doppelbauern als Kontrolleure wichtiger Felder wertvolle Dienste leisten, indem sie einfach bleiben, wo sie sind. Dazu gab es ein Diagramm, das Dir aus dem oben verlinkten Beitrag bekannt vorkommen sollte:

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171008dominik6.jpg

Oft ist c3 das natürliche Entwicklungsfeld für den Springer b1. Hier nicht. b5 und d5 sind unter Kontrolle des Schwarzen, daher sollte der Weiße anderswo eine Aufgabe für seinen Springer suchen.

Antwort 45:

In der Stellung aus Martins Partie sieht das ähnlich aus. Der Springer f3 ist in Ermangelung von Feldern arbeitslos:

martinan2.jpg

Darüber hinaus schreit die Stellung förmlich danach, den Springer auf ein typisches Feld zu überführen, von dem aus er kraftvoll in die schwarze Stellung wirken wird:

martinan1.jpg

Der Gaul gehört nach c4. Das Manöver Sf3-d2-c4 im Zusammenspiel mit a2-a4(-a5) ist fast immer erforderlich in Benoni-ähnlichen Strukturen, in denen Weiß auf c2-c4 verzichtet hat. Von c4 aus beäugt der Springer den potenziell schwachen d6-Bauern und verhindert im Zusammenspiel mit dem Bauern a4 eine schwarze Expansion am Damenflügel.

Kann der schwarze sich nicht am Damenflügel ausbreiten, dann bietet sich ihm kaum eine aktive Idee. Er wird sich darauf konzentrieren müssen, auf der e-Linie Leicht- und Schwerfiguren zu tauschen, um sich zu entlasten, aber kein eigenes Spiel aufziehen können.

Wer weniger Raum hat, der will Figuren tauschen, um sich zu entlasten und die Koordination zu erleichtern. Wer Raumvorteil hat, der will Abtäusche vermeiden und dem Gegner Entlastung verwehren.

Mit Sf3-d2-c4 gibt es ein notwendiges Manöver, das weit oben auf der Agenda des Weißen stehen sollte, aber einen klar besten Zug gibt es nicht. Weiter unten auf der Agenda stehen ja noch andere Sachen. Stockfish zum Beispiel schlägt 1.h2-h3 vor. Das antizipiert ein schwarzes …Sf6-h5, sichert dem Lf4 die Diagonale h2-b8 und verhindert obendrein …Lc8-g4, was eine Idee für Schwarz wäre, sich zu entlasten.

Was immer Weiß tut, eines muss er vermeiden: das Feld d2 blockieren, denn das braucht der Sf3 als Brücke, um nach c4 zu gelangen. Darum war 1.Dd1-d2 zwar nicht ideenlos, aber dennoch schlecht.

Antwort 46:

Rausprügeln auf e5, na klar. Das Bauernendspiel ist leicht gewonnen, ein einfacher Fall aus der Abteilung “Abwickeln in ein gewonnenes Bauernendspiel”.

martinan3.jpg

Wenn Schwarz mit dem d-Bauern zurückschlägt, ist es sofort aus. Weiß hat zwei Freibauern, einen auf der d- und (bald) einen auf der h-Linie. Diese beiden brauchen nicht einmal die Unterstützung ihres Königs, um zur Grundlinie durchzulaufen.

Wenn zwei Freibauern zwei oder mehr Linien voneinander entfernt sind, laufen sie alleine durch.

Wenn Schwarz mit dem f-Bauern zurückschlägt, ist es auch aus, dauert aber ein wenig länger. Um den weißen h-Bauern aufzuhalten, muss der schwarze König am Königsflügel ausharren. Der weiße König läuft derweil bis b5, sammelt dort ein paar schwarze Bauern ein und hilft schließlich seinem d-Freibauern, sich zur Dame zu verwandeln.

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[…] Zu den Antworten geht’s hier […]

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[…] typisches Feld c4 erreicht, wird er von dort aus weite Teile der schwarzen Stellung dominieren (dieses Motiv aus Benoni-artigen Strukturen haben wir an anderer Stelle schon kennengelernt). Also sollte Schwarz ihn liquidieren. Außerdem gilt weiter, dass sich der beengt stehende […]