Keine Premiere in der deutschen Schach-Nationalmannschaft hat ein solches Medienecho hervorgerufen wie die von Hussain Besou im April 2023 beim Mitropa-Cup. Rauf und runter lief die Schlagzeile vom “elfjährigen Nationalspieler”. Fast alle großen Zeitungen und Zeitschriften griffen die Geschichte auf, auch die Tagesschau berichtete auf ihrer Website.
Natürlich ist Hussain Besou, mittlerweile zwölf Jahre jung, noch lange nicht dort angekommen, wo die “richtigen” Nationalspieler um Vincent Keymer sind. Aber das Ausnahmetalent aus Lippstadt mag sich auf dem Weg dahin befinden. Am Tegernsee bei der Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft wollte er einen weiteren Schritt dieses Weges gehen.
Das Turnier diente ihm als Vorbereitung für die Weltmeisterschaft U14 vom 13. bis 24. November in Italien.
Hussain, willkommen am Tegernsee. Deine Premiere hier.
Ja, ich spiele hier zum ersten Mal. Dem ersten Eindruck nach ist es wunderschön hier. Jetzt wollen wir mal schauen, wie es beim Schach läuft.
Deine Ziele?
Eine IM-Norm wäre natürlich toll, aber da mache ich mir keinen Druck. Wenn das nicht klappt, ist es auch okay. Ich will einfach gut spielen und würde gerne Elo gewinnen.
Wie war dein Schachjahr bislang?
Anfang des Jahres stand ich bei 2348 Elo, jetzt bei 2350, Rating habe ich also kaum gewonnen. Aber ich hatte die Möglichkeit, zwei GM-Turniere und einige IM-Turniere und Open zu spielen, außerdem beim Mitropa-Cup in der deutschen Mannschaft. Insofern würde ich sagen, es war schon ein gutes Jahr.
Meistens bekomme ich von der Schule eine Beurlaubung, wenn wichtige Wettbewerbe anstehen. Ich muss dann natürlich nacharbeiten, was ich verpasst habe, aber das funktioniert ganz gut.
In Dortmund hast du beim Schachfestival auf der großen Bühne gespielt, das war sicher ein Erlebnis.
Das war schon schön. Aber in meiner Erinnerung hängengeblieben ist vor allem die unnötige Niederlage gegen DinaraWagner. Die musste natürlich nicht sein.
Wohin soll deine Schachreise gehen?
Mal gucken. Besser zu werden, geht immer. Den Großmeistertitel möchte ich auf jeden Fall schaffen. Ich spiele einfach so gut, wie ich kann, und dann sehen wir, was herauskommt.
Großmeister besiegen kannst du jedenfalls schon.
Ja, das ist mir beim Mitropa-Cup gelungen, auch beim GM-Turnier in Erkenschwick. Fünf Großmeister, glaube ich, habe ich schon besiegt.
Matthias Krallmann ist mein Trainer, aber ich trainiere auch alleine. Taktiktraining mache ich meistens online, aber sonst eher aus Büchern. Die sind manchmal schon ein bisschen älter, aber ich finde sehr interessant, was man darin finden kann.
Und dann baust du dir ein Brett auf, Buch daneben, ganz klassisch?
Ja. Artur Jussupow hat mir gesagt, ich solle mit Büchern arbeiten und lernen, was darin steht. So mache ich es bis heute.
Gib uns einen Tipp. Mit welchem Schachbuch arbeitest du gerade?
Ich weiß jetzt gar nicht, wie es heißt, irgendetwas mit “structures”, Moment… (greift hinter sich) Hier, das ist gerade mein Schachbuch: “Chess Structures” von Mauricio Flores Rios.
Ah! Ich könnte jetzt auch in den Schrank hinter mir greifen und das gleiche Buch hervorholen. Leider steht es bei mir nur im Schrank.
Tja…
Deine Vorbereitung auf die Partien läuft aber schon an Computer?
Ja, natürlich, mit Datenbank und so weiter. Abends schaue ich, gegen wen ich am nächsten Tag spielen muss. Die eigentliche Vorbereitung erledige ich dann am nächsten Morgen.
Was sind deine Pläne für die nächsten Monate?
Erstmal möchte ich hier gut spielen. Im November dann die Jugendweltmeisterschaft in Italien. Nächstes Jahr, mal sehen. Vielleicht bekomme ich die Gelegenheit, an einem GM-Turnier in Tschechien teilzunehmen. Das Grenke-Open, wenn es stattfindet, fände ich auch spannend.
(Titelfoto: Sandra Schmidt)