Jiri Stocek hat die Offene Internationale Bayerische Meisterschaft 2023 gewonnen. Mit 7,5 Punkten aus 9 Partien erklomm der 46-jährige Tscheche in der letzten Runde die Tabellenspitze. Gleichauf liegt der französische Großmeister Maxime Lagarde, der aufgrund der schlechteren Wertung mit dem zweiten Platz vorliebnehmen muss.
Im Lauf der letzten Runde wechselte die Tabellenführung zweimal. Zu Beginn hatte der ukrainische Großmeister Petro Golubka alleine einen halben Punkt vor der Konkurrenz geführt. Aber er traf zum Schluss auf den elostärksten aller Teilnehmer, Maxime Lagarde.
Rg.
Snr
Name
sex
Land
EloI
EloN
Verein/Ort
Pkt.
Wtg1
Wtg2
1
7
GM
Stocek, Jiri
CZE
2535
2509
SC Bavaria Regensburg von 1881
7,5
2392
49,5
2
1
GM
Lagarde, Maxime
FRA
2626
2607
SC Ötigheim
7,5
2238
47,5
3
12
IM
Vogel, Roven
GER
2471
2487
USV TU Dresden
7
2406
52
4
2
GM
Gopal, G.N.
IND
2573
0
Ernakulam
7
2378
52
5
14
GM
Golubka, Petro
UKR
2434
0
Kraków
7
2368
49
6
70
FM
Kurmangaliyeva, Liya
w
KAZ
2236
0
Almaty
7
2364
50
7
3
GM
Mastrovasilis, Dimitrios
GRE
2573
2605
SK König Plauen
7
2347
50
8
9
GM
Vetoshko, Volodymyr
UKR
2499
2502
Sfr. Bad Emstal/Wolfhagen
7
2326
48,5
9
8
GM
Kulaots, Kaido
EST
2508
2502
SK 1908 Göggingen
7
2306
48,5
10
6
GM
Van Foreest, Lucas
NED
2540
2539
SAbt SV Werder Bremen
7
2303
48
11
4
GM
Bauer, Christian
FRA
2552
2583
SC Ötigheim
7
2297
47,5
12
13
IM
Schneider, Ilja
GER
2468
2435
HSK Lister Turm
7
2291
49,5
13
5
GM
Petrov, Nikita
MNE
2551
0
Becici
7
2280
49
14
29
Reimann, Sebastian
GER
2342
2351
SK Kriegshaber
7
2265
46,5
15
23
FM
Hess, Max
GER
2378
2389
SC Garching 1980
7
2221
45,5
16
25
IM
Manish, Anto Cristiano F
IND
2368
0
Chess Gurukul, Chennai
7
2194
46,5
17
21
FM
Meißner, Felix
GER
2382
2400
Hamburger SK von 1830
7
2173
44
Spitzenstand nach 9 Runden.
Golubka versuchte, mit einer französischen Abtauschvariante früh die Luft aus der Stellung zu lassen. Es entstand eine technische Partie, in der der Franzose Zug um Zug seinen Vorteil vergrößerte, bis ein Endspiel erreicht war, das dank eines Mehrbauern, zweier verbundener Freibauern und eines aktiveren Königs gewonnen sein sollte. Das war es auch – bis zum 66. Zug:
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Golubka verpasste die Chance, die Partie zu retten. Wenig später gab er sich geschlagen, und Lagarde stand vorne. Aber während von den anderen Spielern mit 6,5 Punkten keiner einen weiteren vollen Punkt einfahren sollte, kämpfte Stocek mit den schwarzen Steinen in einem besseren Turmendspiel weiter. Eigentlich war es, getreu dem Stil des studierten Astronomen, eine wilde Partie gewesen, die aber in eine technische Aufgabe mündete.
Was theoretisch nicht zu gewinnen ist, knetete Stocek dennoch unermüdlich, um Lagarde noch zu überholen. Im 69. Zug mahnt die Tablebase den entscheidenden Fehler auf weißer Seite an, ein Königszug nach c2, wo nur ein Königszug nach c3 die Stellung im Gleichgewicht gehalten hätte. Was immer den entscheidenden Unterschied zwischen diesen fast identischen Zügen ausmachen mag, Stocek erreichte wenig später tatsächlich eine auch für Menschen offensichtliche Gewinnstellung: König und Dame gegen König und Turm. Auch das alles andere als eine triviale Aufgabe, die aber Stocek leicht bewältigte. Nach 89 Zügen war die Partie gewonnen – und das Turnier.
Im halben Dutzend derjenigen, die vor der letzten Runde das Turnier gewinnen konnten, findet sich einer, für den es um noch mehr ging. Roven Vogel wollte nicht zum Schluss die Großmeisternorm verspielen, auf die er in den Runden zuvor hingearbeitet hatte. Dafür durfte er mit Schwarz gegen GM Nikita Petrov nicht verlieren. Was aussah wie ein Schreckmoment, entpuppte sich als nicht so schlimm:
Die Partie versandete bald, damit waren beide aus dem Rennen um den Turniersieg, aber Vogels Norm war unter Dach und Fach, seine vierte und entscheidende. Mit diesem starken Turnier hat der Dresdner jetzt auch seine Elozahl über die erforderliche 2500-Marke gehoben, sodass er den höchsten Titel im Schach beantragen kann und aller Voraussicht nach bekommen wird. Zum Titel kommt für Vogel noch der dritte Platz. Als bester deutsche Spieler im Turnier führt er dank seiner guten Wertung die 15-köpfige Gruppe derjenigen an, die bei 7/9 aufgeschlagen sind.
Beinahe hätte die OIBM 2023 zwei Spielern eine GM-Norm beschert. Auch Niklas Schmider brauchte in der letzten Runde gegen den griechischen GM Dimitrios Mastrovasilis einen halben Punkt. Dann, die Nerven?, passierte ausgangs der Eröffnung dieses:
Schmider blieb in der Partie, erkämpfte sich Kompensation für die Minusqualität und war bis tief ins Endspiel ganz nahe an der Norm. Am Ende hat es nicht ganz gereicht. Gleichwohl kann sich FM Schmider über eine IM-Norm freuen. Die hatte er schon zwei Runden vor Schluss sicher, so stark war sein Auftritt am Tegernsee.
Zwei weitere IM-Normen gehen an Liya Kurmangaliyeva und Jolanta Zawadzka. Nach einem Raketenstart, unter anderem mit einem Sieg über Lagarde, und einem Durchhänger beendete Kurmangaliyeva das Turnier mit vier Siegen am Stück. Performance der Kasachin: 2532, 7 Punkte, Platz 6 in der Abschlusstabelle.
Kurios an der IM-Norm für Zawadzka: Es ist schon ihre 14.! Auch ihr Elo war schon über 2400, sodass die polnische WGM längst IM sein könnte. Sie wolle nicht die Gebühr für den Titel bezahlen, erklärte sie Turnierdirektor Sebastian Siebrecht, als der sie fragte, warum sie nie den IM-Titel beantragt hat.
Zur 14. IM-Norm, 6,5 Punkten und Platz 19 in der Gesamtwertung kommt der Preis für die beste Frau, den Zawadzka gewann, da Kurmangaliyevas Preis für den 6. Platz höher dotiert war als der Frauenpreis.
Das Rennen um den U14-Preis zwischen Tykhon Cherniaiev und Hussain Besou entschied der Ukrainer für sich. Beide hatten vor der letzten Runde mit 6 Punkten gleichauf gelegen. Während Cherniaiev gegen Dieter Morawietz, Gewinner des Ü60-Preises, remisierte, unterlag Besou sehenswert gegen Christian Bauer:
Den U16-Preis sicherte sich FM Matic Lavrencic aus Slowenien mit 6 Punkten. Der U18-Preis ging in die USA: IM Kirk Ghazarian, derzeit auf Europa-Schachtournee, reichten ebenfalls 6 Punkte, um vorne zu stehen.