FIDE schließt Transfrauen aus

Der Weltschachverband hat neue Richtlinien veröffentlicht, die Transgender-Frauen die Teilnahme an Frauenwettbewerben verbieten. Nach den “Transgender Regulations” haben Menschen, die Mann waren und nun Frau sind, kein Recht, an „offiziellen“ Wettkämpfen für Frauen teilzunehmen, bis Funktionäre eine Untersuchung durchgeführt haben. Wie diese Untersuchung aussehen mag, lässt die FIDE offen, stellt aber fest, dass sie zwei Jahre dauern kann. Die Richtlinie, Anfang August vom FIDE-Board verabschiedet, soll nächste Woche in Kraft treten.

Annemarie Meier, Deutsche Meisterin 2003, spielt in diesen Tagen die Deutsche Meisterschaft der Frauen bei Stuttgart. Ob sie künftig FIDE-Turniere spielen darf? Die Deutsche Meisterschaft mit Sicherheit: Der Deutsche Schachbund hat zum neuesten FIDE-Coup festgestellt, dass das gezielte Ausschließen von Minderheiten nicht Teil seiner Agenda ist. | Foto: Paul Meyer-Dunker/DSB

Die FIDE erklärte, dass sie das Recht habe, „die Organisatoren und andere relevante Parteien“ über die Geschlechtsumwandlung eines Spielers zu informieren, um zu verhindern, dass sich Spieler „möglicherweise unrechtmäßig für Turniere anmelden“. Das beinhalte einen speziellen Eintrag in der FIDE-Kartei. Die neuen Vorschriften „zielen darauf ab, das Verfahren zur Registrierung einer Geschlechtsumwandlung im FIDE-System klar zu definieren“, teilte die FIDE auf Anfrage der Washington Post mit. Die FIDE werde Entwicklungen in der Transgender-Gesetzgebung weltweit beobachten, um „zu sehen, wie wir sie auf unser System anwenden können“.

Die “Transgender Regulations” des Weltschachverbands FIDE machen Schlagzeilen, unter anderem diese in der Welt.

Yosha Iglesias, Transfrau, FM und Schachtrainerin aus Frankreich, äußerte sich besorgt über die neuen Vorschriften. Sie schrieb auf Twitter, dass der Verband den Eindruck erwecke, Transgender-Spieler seien „die größte Bedrohung“ für Frauen im Schach. Das Center for Transgender Equality erklärte, das neue Reglement beruhe auf einer ignoranten Attitüde. Für Betroffene und nicht zuletzt für den Sport sei es eine Beleidigung.

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Der Kampf um die Zukunft der Transgender-Sportler hat damit das Schach erreicht. Sportverbände weltweit stehen vor der Aufgabe, sie zu integrieren – was vielfach eher zu einem Ausschluss geführt hat. Das Argument: Transfrauen hätten einen unfairen körperlichen Vorteil. In einigen Sportarten wird debattiert, eine separate Transkategorie einzuführen.

Elisabeth Pähtz glaubt, dass Testosteron Männer besser Schach spielen lässt als Frauen. Im Zuge der aktuellen Debatte führt sie außerdem körperliche Vorteile beim “Energielevel” an – eine Minderheitenmeinung. Die allgemeine Auffassung besagt eher, dass Männer beim Schach körperlich nicht im Vorteil sind.
Geraldine Hertneck, Leistungssportreferentin des Deutschen Schachbunds, fand sich im Transkontext neulich geistreich und amüsant. Das wollte sie mit anderen teilen. In den Kommentaren unter dem Beitrag heißt es unter anderem, Hertneck bewahre das Denken, “welches von Betroffenen so sehr verabscheut wird”. Die Kommentare sind jetzt geschlossen. | Foto via chess-international.com

Den körperlichen Vorteil gibt es beim Schach eher nicht (Elisabeth Pähtz sieht das anders), so wie es beim Schach keine getrennten Männer- und Frauenwettbewerbe wie in anderen Sportarten gibt. Und es gibt auch kein Problem beim Schach. Es ist nicht bekannt, dass sich beim Schach jemals eine Frau beschwert hat, im Wettbewerb mit einer Transfrau zu stehen. Im Gegenteil: Jennifer Shahade und andere Schachspielerinnen fordern seit langem, Transfrauen einfach zu integrieren, fertig.

Mit anderen Worten: Die FIDE bearbeitet ein Problem, das es nicht gibt, und sie bereitet einer Minderheit Schwierigkeiten, deren Leben ohnehin von Diskriminierung geprägt ist. In genau der Zeit, da Diskriminierung und Frauenfeindlichkeit endlich auf der Agenda stehen, spiegelt der Weltverband Transphobie, indem er eine Minderheit ausschließt, anstatt Wege zu suchen, sie zum Teil der Familie zu machen.

Der Weg von der FIDE-Spitze zu Putin ist nicht weit. Und der Gedanke, dass das neue FIDE-Reglement die in Russland grassierende, vom Staat befeuerte Trans- und Homophobie aufgreift, liegt auf der Hand. Zumal es gerade drei Wochen her ist, dass in Russland ein neues Gesetz in Kraft trat, das ausschließlich dem Zweck dient, eine Minderheit zu gängeln.

Gens una sumus? Nicht in dieser Weltschachverwaltung.


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Frieke
Frieke
8 Monate zuvor

Aktuell gilt das Selbstbestimmungsgesetz noch nicht, ergo kann man sich noch nicht einfach aus einer Laune heraus als Frau umschreiben lassen (frage mich an dieser Stelle eh, welcher Mann bock darauf hat in allen Bereichen seines Lebens als Frau zu gelten). Transfrauen bekommen Testosteronblocker und sind damit durchschnitllich sogar niedriger eingestellt als Cisfrauen. Die Argumentation von Elizabeth ist also sehr fragwürdig.

schachkatze
schachkatze
8 Monate zuvor

“Es ist nicht bekannt, dass sich beim Schach jemals eine Frau beschwert hat, im Wettbewerb mit einer Transfrau zu stehen.”

Genau das, müsste man die betroffenen Frauen, die in Frauenturnieren spielen, fragen. Meine Vermutung ist, dass sehr wenige Frauen ein Problem mit Annemarie Meier oder Yosha Iglesias haben.
Wenn jedoch zum Beispiel Conrad Schormann (oder jeder andere Mann, der nie die Absicht hatte, Frau zu sein) mithilfe des Selbstbestimmungsgesetzes unbürokratisch an Frauenturnieren mit Preisgeld teilnehmen darf, würden das einige Frauen im Frauenturnier wohl eher nicht so toll finden.

Thomas Richter
Thomas Richter
8 Monate zuvor

Generell würde ich jedenfalls sagen, dass man nicht beides haben kann: kategorisch bestreiten, dass Frauen beim Schach körperliche, hormonelle oder andere geschlechtsbedingte Nachteile haben UND gleiches Preisgeld für offene und Damenturniere fordern – was Männer mit Elo 2400-2600 (oder je nach Land auf nationalem Niveau andere Skala) klar benachteiligen würde, da sie keine Chance auf derlei Preisgeld haben.

Tom Behringer
Tom Behringer
8 Monate zuvor

Ich finde, dass die Ansicht von Elisabeth Pähtz unzulässig im Artikel zitiert wird. In ihrer Stellungnahme auf Twitter schreibt sie , dass sie davon ausgeht , dass Männer aufgrund eines hören Testosteronspiegels risikobereiter spielen würden , aber nicht , dass diese besser spielen würden . Ich würde ihre Aussage eher so auslegen, dass sie von einem vergleichbaren Spielniveau ausgeht, da sie auch darauf hinweist, dass Frauen und Männer nicht unterschiedlich spielen würden, aber unterschiedlich gefördert werden. Für mich sind jegliche vergleiche der spielstärke zwischen Männern und Frauen nicht verlässlich, solange nicht dieselben Bedingungen für beide Gruppen bestehen (sprich: gleiche Gruppengröße,… Weiterlesen »

von und aus dem Walde
von und aus dem Walde
8 Monate zuvor

Das einfachste wäre gesonderte Wettbewerbe, einfach abzuschaffen.
Alle sind Menschen egal, ob sie sich nun als Frau, Mann, irgendwas dazwischen, Fuchs oder Toastbrot fühlen.
Ein Turnier, alle dürfen antreten, nur die erspielte Leistung zählt für Platzierungen und Preise.

Und was die gesonderte Förderung von Frauen und Mädchen angeht, hat mal jemand dran gedacht, wie die Kriterien auch junge Mädchen beeinflussen?
Wenn die mitbekommen, dass sie für die selbe Kadereinstufung wie ein Junge einfach 150 bis 250 DWZ/ELO Punkte (je nach Alter) weniger haben müssen, was gibt das den Mädchen wohl für ein Gefühl?

Jason
Jason
8 Monate zuvor

Man merkt wieder sehr deutlich, das Sommerloch ist tief und unergründlch.

Max Dreier
Max Dreier
8 Monate zuvor

Soweit ich weiß, werden sportliche Wettkämpfe in aller Regel getrennt nach Geschlechtern ausgetragen – aus guten Gründen selbstverständlich. Und ebenso ist bekannt, dass es genau 2 biologische Geschlechter gibt – Punkt. Alles andere sind soziologische Konstrukte. Diese Feststellung ist gedeckt durch Nobelpreisträger und fast 100% der einschlägigen Wissenschaft. Bereits vor vielen Jahren, Jahrzehnten, gab es immer wieder Einbrüche von Transfrauen (Mann zu Frau) in die Frauenwettbewerbe, mit entsprechenden Wettbewerbsverzerrungen. Niemals aber umgekehrt, also Frau zu Mann. Soweit die Tatsachen. Im Schach gibt es nun sowohl getrennte Wettbewerbe wie auch sog. Open-Wettbewerbe. Wo also ist das Problem? Wer sich als biologische… Weiterlesen »

Marco88
Marco88
8 Monate zuvor

Männer haben genetisch eine höhere Streuung bei der Intelligenz als Frauen, nach oben und nach unten. Also mehr Hochbegabte und mehr Minderbegabte. Weiterhin lässt sich Intelligenz nur ca. zu 20 % fördern. Beides wird von der Gesellschaft nicht gern akzeptiert, ist aber durch Studien sehr gut belegt. Deswegen gibt es nur Polgar und Hou, aber mehrere Dutzend Männer auf diesem Niveau. Die Mädchenförderung ist wichtig, wird das Phänomen aber nicht völlig beseitigen. Es ist also eher genetisch, nicht nur sozial und noch weniger hormonell. Giri spielt ja auch nicht testosteronbedingt aggressiver als Pähtz, sondern einfach besser.

Matthias
Matthias
8 Monate zuvor

Schach ist ja leider traditionelle eine Männergesellschaft. In 2 von 5 Schachvereinen, in denen ich – durch Umzüge – Mitglied war, gabe es gar keine Mädchen oder Frauen. Gut, dass das thematisiert wird, gut das sich LiChess und Chess.com positionieren, aber es geht hier ja um 2 verschiedene Themen: Transgender und Sport MeToo Transgender und Sport finde ich schwierig. Ich wäre hier, auch, weil es sich ja um Einzelfälle handelt tatsächlich für eine Einzelfallprüfung. MeToo: Dieses Machogehabe von vorgestern ist natürlich fürchterlich (mann denke nur an GM Smirnin und seine Entgleisungen). Ich fühle mich allerdings auch selbst unwohl, wenn ich… Weiterlesen »

BaronvonSchöntau
BaronvonSchöntau
8 Monate zuvor

Zur Lebensgeschichte von Annemarie Meier gab es einmal einen sehr interessanten, lesenswerten Artikel in der Zeitschrift SCHACH. Vielleicht kann den jemand verlinken. Ich finde ihn einfach nicht mehr.

MaB
MaB
8 Monate zuvor

Eine (Trans-) Frau ist eine Frau ist eine Frau, und natürlich möchte niemand seinen Unterleib von Funktionären inspizieren lassen. Aber, da bin ich pessimistischer als CS, ohne Instanz, die über Turnier-Zulassungen befindet, würde sich mit Sicherheit früher oder später ein Scherzkeks finden, der den Ratingplatz im Frauen-Kandidatenturnier einfordert.

Bei der Abwägung der sexuellen Selbstbestimmung gegen den Schutz vor Möglichkeiten, das System auszutricksen, bin ich hier auf Seiten der FIDE.

trackback

[…] Nicht-Reaktion der FIDE auf Gaffer, Grapscher, Vergewaltiger im Schach, die einem Putin-Erlass folgende und sogleich vom Duma-Vorsitzenden gepriesene FIDE-Anti-Trans-Regel, nicht zuletzt Dvorkovichs […]

Martin Schädler
Martin Schädler
27 Tage zuvor

Vielleicht hat der Stärkenunterschied damit zu tun, dass Schach viele Jahrhunderte ein Männerspiel war. Wir Männer haben das Spiel an unsere Fähigkeiten angepasst (Fehlertoleranz etc.)

Matthias Kleine
Matthias Kleine
8 Monate zuvor

Den frauenfeindlichen Unterton in diesem von Wokism geprägten Artikel bedaure ich sehr. Die Position der stärksten und bekanntesten deutschen Schachspielerin wird hier mit Arroganz und einer kurzen Seitenbemerkung vom Tisch gewischt, so wie generell in dieser Debatte die Frauenrechte ignoriert und herabgewürdigt werden. Dass zum Abschluss auch noch die FIDE mit Putin assoziiert wird, setzt dem Artikel die Krone auf. Schlechter geht Journalismus nicht. Die sachlichen Argumente ignorieren und dann auch noch per Kontaktschuld-Logik diffamieren. Schwach, liebe Bodensee-Perlen. Die Beispiele für Frauen, die sich in ihrem Sport inzwischen mit Transfrauen auseinandersetzen mussten, die auf Grund ihrer physischen und hormonellen Biologie… Weiterlesen »

knights to mate you
knights to mate you
8 Monate zuvor

Dass Männer besser spielen als Frauen (Test.-Arg.) hat Elisabeth Pähtz so natürlich nicht gesagt; ist sicher nur ein Flüchtigkeitsfehler von Conrad Schormann.
Mich würde mal interessieren, warum auf diesem Blog steht “Der DSB teilt mit:…”. Auf der Homepage des DSB ist bis jetzt davon nichts zu finden, weder auf der Hauptseite noch unter “New” oder “Verbandsnews”.
Solche Erklärungen von globaler Bedeutung und Interesse sollte der Verband doch als quasi “hoheitlich” ansehen und mit oberster Priorität zuallererst bei sich publizieren, nicht wahr?

acepoint
8 Monate zuvor

Irgendwie spiegeln Diskussionsstil und „Argumente“ hier unter dem Artikel wunderbar die aktuelle Situation und die Probleme mancher männlicher Schachspieler wider.

acepoint
8 Monate zuvor

Damit all die Ruhe geben, die mit solchen Nebensächlichkeiten vom eigentlichen Thema ablenken, hier der Link zum Tweet des offiziellen Twitteraccounts des Deutschen Schachbunds: https://x.com/schachbund/status/1692480523954790481?s=46&t=aRkpTfPyvXS5ih1XJRBtNw

Und wenn jemand den Text formuliert, sorge ich dafür, dass beim nächsten Kongress ein Satireantrag eingereicht wird, Posts von Social Media auch auf der offiziellen Webseite zu veröffentlichen/zu verlinken .

Jan Werner
6 Monate zuvor

Welche Berechtigung haben Frauenturniere noch, wenn Männer sich einfach zu Frauen erklären können und dann daran teilnehmen? Die Diskussion sägt an der Basis der Begründung, warum man überhaupt für Mädchen und Frauen separate Wertungen/Turniere haben sollte. Der FIDE Ansatz ist absolut zu unterstützen.

acepoint
8 Monate zuvor

«Mit anderen Worten: Die FIDE bearbeitet ein Problem, das es nicht gibt…»

Ein typisches Verhalten diverser, meist männlicher Funktionäre. Erfreulich aber, dass sich der Deutsche Schachbund an dieser Stelle so eindeutig positioniert.

Zu Yosha: als die Betrugsvorwürfe gegen Niemann öffentlich wurden, hatte sie durch die Veröffentlichung zweier englischsprachiger Videos zum Thema schlagartig eine zigfache Reichweite. Erschreckend, welche unterirdischen und themenfremde Kommentare da in den Chats und unter den Videos zu lesen waren. Meist von – wenn man es an Namen und Foto korrekt ableitet – schachspielenden Männern.

Gerhard Lorscheid
Gerhard Lorscheid
8 Monate zuvor

Der Spaß fängt doch gerade erst an. Mit dem geplanten Gesetz der Bundesregierung Kann man sein Geschlecht ja einfach durch Umschreiben des Passes ändern und dann nicht nur Umkleidekabinen des anderen Geschlechts besuchen. Es ist dann auch anderen verboten nachzuforschen ob ein Wechsel bei einer Person vorliegt. Dopingkontrollen werden, glaube ich immer wichtiger! Gibt es welche bei der Deutschen?