“Es ist noch viel Zeit”: 70 Jahre Arno Nickel

Ab dem kommenden Jahr möge jemand anderes den seit 40 Jahren erscheinenden Schach-Taschenkalender weiterführen, wünscht sich Arno Nickel. Wer aus diesem Wunsch schließt, der Berliner Schachpublizist und -händler sei auf dem Weg in den Ruhestand, der irrt.

Für seinen Verlag, die “Edition Marco”, arbeitetet Nickel gleich an einer ganzen Reihe von Buchprojekten. Sein Schachladen (und -versand), das “Lasker’s” in Charlottenburg, bleibt Anlaufstelle für Berliner Schachfreunde und solche, die extra aus der Ferne anreisen. Besucher, die am heutigen Dienstag im “Lasker’s” einzukaufen gedenken, sollten nicht versäumen, dem Inhaber zu gratulieren. Arno Nickel feiert 70. Geburtstag.

Arno Nickel | Person der Schachzeitgeschichte - Deutscher Schachbund -  Schach in Deutschland
Arno Nickel. | via DSB

Sein Studium der Geschichte und Politik hat den gebürtigen Flensburger Arno Nickel einst nach Berlin verschlagen. Hier hat er sich in den frühen 80er-Jahren eine Existenz gebaut, die ihm erlaubte, mit dem Spiel, das er liebt, sein Geld zu verdienen. Beruflich steht Nickel auf drei Beinen, dem Kalender, dem Verlag und dem Laden, der an Wochentagen von 14 bis 18.30 Uhr geöffnet hat – offiziell zumindest: Wer von weit her kommt, solle besser vorher anrufen, steht auf der Website des Geschäfts.

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Seine größten Erfolge als Schachspieler hat Arno Nickel beim Fernschach erzielt: Großmeistertitel, Top-Ten-Spieler, drei Goldmedaillen mit dem deutschen Team bei den Olympiaden des Fernschach-Verbands ICCF. “Zum Fernschach kam er während seiner Jugendzeit im Internat: Dort gab es keine Gegner für ihn, so hat er kurzerhand mit dem Fernschach angefangen und ist dabei geblieben”, heißt es in einem lesenswerten Nickel-Porträt über den Mann, sein Geschäft und seinen Verlag.

Im Schachkalender 2022, dem 39. seiner Art, findet sich in der Reihe der Mitwirkenden einmal mehr die Creme der deutschen Schachschreiber. Und auf Seite 180 (von 272!) findet sich eine Neuerung in diesem Schachjahrbuch, ein Beitrag unter dem Titel “In eigener Sache”. Nickel kündigt darin an, er wolle nach und nach seine Geschäfte einem Nachfolger übergeben, beginnend mit dem 41. Schachkalender, der 2024 erstmals unter fremder Regie erscheinen soll. “Es fühlt sich seltsam an, bei guter Gesundheit und Schaffenskraft an einen solchen Schritt zu denken”, schreibt Nickel. Aber er wolle die Nachfolgersuche zeitig beginnen.

Was wiederum bedeutet, “dass noch viel Zeit ist”, wie Nickel auf Anfrage dieser Seite mitteilt. Unmittelbar möchte er vor allem sicherstellen, dass sich ein Nachfolger für den Kalender findet. Die 40. Auflage 2023 soll “Abschluss und Krönung meiner Tätigkeit als Herausgeber, Redakteur und Gestalter dieses kleinen Jahrbuchs” sein.

Neues von Hübner

Der Verleger Nickel ist derweil weit von einem Abschluss seiner Tätigkeit entfernt. Mehr als die Nachfolgersuche gilt sein Fokus aktuellen Projekten, darunter eine schon lange geplante Biogafie von Fritz Sämisch aus der Feder von Michael Dombrowsky.

Dazu zwei weitere Arbeiten, die, so Nickel, “hoffentlich noch 2023 fertiggestellt werden”: eine schachhistorische Studie und Dokumentation zu “Aljechin im besetzten Polen, 1941-1943” von Bernd-Peter Lange und eine Art Pendant zu den “Berliner Schachlegenden” aus Ostberliner Sicht; Porträts von Berliner Schachspielern, die in der DDR groß geworden sind bzw. dort gewirkt haben. Autor ist FM Wolfgang Thormann.

Auch von Robert Hübner wird es weitere Veröffentlichungen in der Edition Marco geben. “Aber da ist noch nichts spruchreif”, sagt Nickel. Voraussichtlich würden die neuesten Hübner-Werke nicht vorab angekündigt.

Büsum 1968
Robert Hübners Erinnerungen an das Internationale Schachturnier in Büsum 1968, das er als titelloser 19-Jähriger gewann. In die Schilderung des Turnierverlaufs sind Kurzporträts der Spieler und Analysen der Partien eingebettet. Ein besonderes Kapitel ist dem damals 71-jährigen Großmeister Fritz Sämisch gewidmet. Beide, Hübner und Sämisch, spielen im aktuellen verlegerischen Schaffen von Arno Nickel eine gewichtige Rolle.

(Titelfoto: Hartmut Metz)

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