30 Jahre Falko Bindrich

Am Mittwoch vergangener Woche hat unser Sport mal wieder ein deutsches Gericht beschäftigt, in diesem Fall das Amtsgericht Charlottenburg. In der Sache “Schachclub 1919 Siegburg e.V. gegen Deutscher Schachbund e.V.” ging es einmal mehr um die leidige “Unterwerfungserklärung” bzw. “Spielervereinbarung”, die unter anderem dazu geführt hat, dass Robert Hübner nicht in der zweiten Bundesliga Schach spielen darf, so lange er nicht akzeptiert, dass ihn ein Schiedsrichter anfassen kann.

Die Sache wird seit sieben Jahren mit großem Aufwand betrieben. Leider hat nie jemand die seitdem bei allen Beteiligten angefallenen haupt- und ehrenamtlichen Arbeitsstunden, Anwaltshonorare und Gerichtskosten aufgeschlüsselt. Das Ergebnis wäre erschreckend.

Gerade in Zeiten eines schrumpfenden Bestands und eines brachliegenden Spielbetriebs wirft dieses überflüssige Schauspiel ein Schlaglicht darauf, dass das Schach übervoll ist mit Verwaltern, die sich mit großem Einsatz in Paragrafenreiterei verbeißen, während weit und breit kein identitätsstiftender Gestalter in Sicht ist, der unserem Spiel und seinem Erscheinungsbild den Staub abklopft und dort anknüpft, wo der große Egon Ditt (ein Verwaltungsfachmann ironischerweise) vor 19 Jahren aufgehört hat.

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Falko Bindrich beim German Masters 2017, das er gewann. | Foto: Karsten Wieland/DSB

Die Unterwerfungsmisere begann am 21. Oktober 2012, als sich der für Eppingen spielende Großmeister Falko Bindrich während eines Bundesligakampfs nicht dem Schiedsrichter unterwerfen wollte. Während der Partie gegen Katernbergs Sebastian Siebrecht war Bindrich beim zehnten Zug zum zweiten Mal auf der Toilette verschwunden. Sein Mobiltelefon hatte er mitgenommen.

Mit häufigen Toilettenbesuchen war er schon am Tag zuvor aufgefallen. Nun verlangte der Schiedsrichter die Herausgabe des Telefons. Bindrich weigerte sich, wies auf seine Privatsphäre hin – und wurde genullt. Seitdem fahnden die Paragrafenreiter des deutschen Schachs nach einem allseits akzeptierten Weg festzustellen, dass der Spieler sich unterwerfen muss, wenn der Schiedsrichter das will. Darum ging es auch am Mittwoch vergangener Woche in Charlottenburg, wo noch kein Urteil gesprochen wurde.

So lange die Sache Gerichte beschäftigt, muss Bindrich damit leben, dass sein Name in der Schachszene mit diesem Vorfall verknüpft ist. Schade eigentlich. Falko Bindrich war eines der größten Talente, die das deutsche Schach in der jüngeren Vergangenheit hervorgebracht hat.

Am heutigen Samstag feiert Großmeister Falko Bindrich seinen 30. Geburtstag. Mit seinem konstant um 2600 pendelnden Elo ist der Ehrenbürger seiner Heimatstadt Zittau nach wie vor einer der stärksten Schachspieler, die wir haben. Mit einer beeindruckenden Schachvita: Bindrich war Deutscher Meister U12, U14, U16, und als 16-Jähriger war er der jüngste Großmeister Deutschlands. Es bedurfte 13 Jahre später eines Luis Engel, um dieses Kunststück zu wiederholen.

Mit der deutschen Jugendnationalmannschaft war Falko Bindrich Europameister U18. 2008 und 2010 war er Teil der Nationalmannschaft, die Deutschland bei der Schacholympiade vertrat. Bis 2019 war Bindrich Teil des B-Kaders. 2017 hat er das German Masters gewonnen. Auch im vergangenen Jahr spielte er beim Masters in Magdeburg vorne mit. Unter anderem Vincent Keymer bekam von Falko Bindrich die schachlichen Grenzen aufgezeigt.


GM Bindrich, Falko (2602) – FM Aliyev, Ravan (2330)
19th ch-EUR Indiv 2018 Batumi GEO, 2018.03.17

Weiß zieht und gewinnt.

(Du willst lösen? Klick aufs Diagramm.)


Bindrich, Falko (2041) – Lubbe, Nikolas (1268)
DEM U12 Willingen (9), 2001.06.08

Weiß zieht und setzt matt in vier Zügen.


Ebert, Manuel (2064) – FM Bindrich, Falko (2339)
DEM U16 2005 Willingen GER (1), 2005.05.15

Schwarz zieht und gewinnt.


Nestorovic,N (2381) – Bindrich,F (2513)
IX EICC Plovdiv BUL (8), 2008.04.29

Der weiße König leidet unter Atemnot, so viel ist klar. Aber wie schnüren wir ihm endgültig die Luft ab? Schwierig. Aber sehr schön mit einer wunderbaren, stillen Pointe, die Bindrich am Brett fand.

Schwarz zieht und gewinnt.

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Werner Berger
Werner Berger
3 Jahre zuvor

Nun ist der Schachclub Siegburg vor Gericht krachend gescheitert. Eine Meldung war das dem Perlenfischer bislang nicht wert. Anwalts- und Gerichtskosten dürften dem DSB im Ergebnis nicht entstanden sein. Und wie kommentieren die anonymen Gewährsmänner – “Geht gar nicht” – das Urteil?