Bist du Profi oder Amateur? Nationalspieler honorieren, zweiter Versuch

Aus Sicht unseres Schachbunds sind Frauen halb so viel wert wie Männer. Zumindest gilt das, wenn sie in der Nationalmannschaft spielen: Frauen bekommen generell das halbe Honorar der Männer. Eine Frechheit, eine Diskriminierung, ein Anachronismus aus einer Zeit, als Deutschland keine Ausnahmespielerin hatte.

Wir haben das schon vor gut einem halben Jahr angeprangert, das war gut, und eine Alternative vorgeschlagen, die war nicht so gut weil viel zu kompliziert. Weil sich der Beitrag von vor einem halben Jahr trotzdem hartnäckig unter den meistgelesenen Texten auf dieser Seite hält, müssen wir da heute nochmal ran. Die Sache ließe sich nämlich viel einfacher lösen.

Vergessen wir doch einfach die Frauen-Männer-Geschichte und schauen stattdessen darauf, ob es sich beim Spieler oder der Spielerin um einen Profi handelt. Und dann richten wir die Bezahlung danach aus: Profis bekommen doppelt so viel wie Amateure, fertig.

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Der Beitrag vom Mai. Die Ungerechtigkeit anzuprangern war gut, aber die vorgeschlagene Alternative war es nicht. Es ginge ja viel einfacher.

Die Ungerechtigkeit des bisherigen Systems fiel auf, seitdem mit Elisabeth Pähtz eine Ausnahmespielerin herangewachsen war. Anders als alle anderen deutschen Schachspielerinnen lebt sie vom Schach, ist beständig unter den Top 30 der Welt, und bekam doch nur die Hälfte – weil sie eine Frau ist.

Kontraproduktive Nebenwirkung dieser Ungerechtigkeit: Das bisherige System schafft für den weiblichen Nachwuchs keinen Anreiz, Elisabeths Fußstapfen zu folgen. Auch wenn du Weltklasse wirst, am Ende bist du doch nur halb so viel wert wie ein Mann.

Was ist mit Halbprofis?

Gäbe es einen Honorartopf für Profis und einen halb so großen für Amateure, unabhängig vom Geschlecht, wäre auch das anders. Lara Schulze, Jana Schneider und wie sie alle heißen würden sehen, dass sich ihr Honorar verdoppelt, wenn sie eine Profikarriere versuchen. Ein Anreiz.

Damit das Modell nicht zu einfach wird, sollten wir über Halbprofis und duale Karriereplanung nachdenken. Manche Leute sind weder eindeutig Profi noch eindeutig Amateur. Für die brauchen wir einen dritten Topf.

Allein auf die Karte Schach zu setzen, empfiehlt sich in Deutschland ja nur für Spieler, bei denen sich früh abzeichnet, dass sie das Zeug zum Ausnahmespieler haben. Alle anderen halten sich besser Optionen offen.

Der dritte Topf

Wir könnten uns zum Beispiel einen jungen Großmeister vorstellen, nennen wir ihn Matthias, der seinen Elo tatsächlich über 2650 gehievt hat. Aber wer weiß schon, ob 2650 das Ende der Fahnenstange ist, oder ob da noch mehr geht? Wir wissen das nicht, Matthias weiß es auch nicht, und darum treibt er neben dem Schach sein Mathematikstudium voran: Optionen offen halten, Flexibilität, ein Konzept, das Matthias vom Schach kennt.

Foto via chess.com

Oder stellen wir uns einen nicht mehr ganz so jungen Großmeister vor, nennen wir ihn Georg, der schon weiß, dass eher 2650 als 2700 für ihn das Ende der Fahnenstange repräsentiert. Das ist natürlich Extraklasse, damit gehört er allemal zu den Allerbesten des Landes, aber er hat entschieden, dass es nicht gut genug ist, um komfortabel allein auf die Karte Schach zu setzen. Georg geht einer geregelten Tätigkeit nach. An seinem Schach arbeitet er trotzdem, und er generiert Einkünfte damit.

Solche Spieler wären Halbprofis. Sie würden aus dem dritten Topf bezahlt, dessen Inhalt zwischen dem des Profi- und dem des Amateur-Topfes angesiedelt ist: Die Hälfte für Amateure, drei Viertel für Halbprofis, volles Geld für Profis.

Fertig ist das neue, gerechte, mit einem Anreiz gespickte Honorarsystem.

Nicht nur lesenswert für Leute, die eine Karriere im Sport anstreben: Grundwissen über Finanzen, Vermögensaufbau, Lebensplanung schadet niemandem.
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