Antwort 21
Oleg Baur – Conrad Schormann, Dezember 2017
Nicht viel ist gut bei Weiß. Sein stabiler Stonewall garantiert ihm zwar, dass seine Stellung nicht so schnell auseinanderfliegt, aber abgesehen davon steht jede seiner Figuren schlecht, im Gegensatz zu den schwarzen. Das latent problematische Feld e4 das Weiß, wie wir schon gelernt haben, stets bestreichen sollte, ist in der Hand des Schwarzen, dessen Läufer tief ins gegnerische Lager schaut.
Schachlehrer empfehlen ihren Schülern häufig, mit ihren Figuren zu sprechen, um zu erkunden, ob sie zufrieden sind oder auf bessere Plätze geführt wollen. Probieren wir das mal aus und befragen
- den Lg3: “Ist ja nett, dass Du versucht hast, mich vor die Bauernkette zu führen, anstatt mich dahinter versauern zu lassen. Aber von g3 aus kann ich nicht viel machen, der f4-Bauer steht mir im Weg. Hier kann ich nur etwas ausrichten, wenn Schwarz doof genug ist, …e6-e5 zu ziehen.”
- den Sf3: “Klar, f3 sieht aus wie mein natürlicher Posten, aber schau doch bitte mal nach e5 und g5. Schwarz hat alle meine Felder unter Kontrolle, so geht das nicht weiter. Hier kann ich nur etwas ausrichten, wenn Schwarz doof genug ist, …e6-e5 zu ziehen.”
- den Tf2: “Was ist denn f2 bitte für ein Feld? Hier bewirke ich nun wirklich gar nichts, eingesperrt in einen Klumpen von Figuren. Etwas ausrichten kann ich hier nur, sollte die f-Linie aufgehen, und dafür müsste Schwarz doof genug sein, …e6-e5 zu ziehen.”
- den Le2: “Ist Dir vielleicht neu, aber ich gehöre auf die Diagonale b1-h7, wenn ich ein wenig Kraft ausstrahlen und e4 im Auge behalten soll. Jetzt gehört die Diagonale dem Schwarzen, und ich stehe hier passiv rum.”
Ähnliche Beschwerden wären wahrscheinlich auch von der Dd2 und dem Ta1 zu erwarten, aber lassen wir das. Die Botschaft ist klar genug. Den weißen Truppen mangelt es an Aktivität und Koordination.
Antwort 22:
Als Schwarz 1…e6-e5 zog, brachen im weißen Lager Jubelstürme aus. Flugs zog der Weiße 2.f4xe5 f6xe5 3.Ta1-f1.
Alle Figuren, die sich eben noch so bitterlich beklagt haben, spielen plötzlich wieder mit. Hätte Schwarz die Aufgabe gehabt, den Zug zu finden, der dem Weißen maximal hilft, dann wäre …e6-e5 großartig gewesen. So aber verschenkt es jeglichen Vorteil.
Antwort 23:
Natürlich hat Weiß das nicht übersehen. Es droht ja Db7-f7+ nebst Df7xe8 und Turmgewinn.
Trotzdem hätte er ein bisschen weiter denken müssen. Schwarz kann die weiße Drohung ignorieren. Nach 1…h5xg4 2.Db7-f7+ Kg8-h7 3.D7xe8 gxh3 steht Schwarz auf Gewinn.
[…] im Beitrag „Mit den Figuren sprechen“ haben wir empfohlen, dass Du Dich regelmäßig unter Deinen Truppen umhörst, ob sie zufrieden sind […]
[…] (so wie in diesem Fall der Ta1), dann sollten wir danach trachten, sie einzubeziehen. Das Konzept, mit den Figuren zu sprechen, haben wir ja schon vorgestellt. Wer sich regelmäßig unter seinen Truppen umhört, fragt, ob alle […]
[…] Hier geht’s zu den Antworten […]