Thomas Bezold, Mitgliederfänger

Von “Sichtbarkeit” ist an dieser Stelle häufig die Rede. Wenn Vereine sich, das Spiel, den Sport und die Sportler ins Bewusstsein der Menschen bringen wollen, gilt es, kontinuierlich sichtbar zu sein und Angebote zu machen, und das an möglichst vielen Orten – in der Lokalzeitung, in der lokalen Facebookgruppe, im Stadtpark.

Ein krasses Missverhältnis: Während nie mehr Menschen am Schach interessiert waren als jetzt, stürzt die Mitgliederzahl ab. Das hat auch mit fehlender Sichtbarkeit des Sports und seiner Clubs für diejenigen Schachspieler zu tun, die noch gar nicht darauf gekommen sind, dass es ihnen im Schachclub gefallen könnte.

Besser noch als kontinuierliche Sichtbarkeit, die zu erzeugen kontinuierliche Arbeit bedeutet, ist permanente Sichtbarkeit. Wie leicht die sich herstellen lässt und wie erfolgreich sie sein kann, zeigt das Beispiel des Schachclubs Bayreuth.

Ein Plakat des Schachclubs, dauerhaft in der Innenstadt sichtbar, darauf das Angebot, den Vereinsabend zu besuchen, wirkt Wunder. Der Verein hat binnen eines Jahres die Zahl seiner Mitglieder verdreifacht und jetzt den Mitgliederwettbewerb zum 100. Jubiläum des Schachbezirks Oberfranken gewonnen. Auf den Plätzen: der SC Höchstadt und der PTSV-SK Hof

Werbung

Zugegeben, es war nicht das Plakat allein. In Bayreuth kamen mehrere günstige Faktoren zusammen, wie der Vorsitzende Thomas Bezold berichtet. Allein die Tatsache, dass in der Wagnerstadt wieder ein Schachklub existiert, mobilisiert die Interessierten. Schließlich gehören die Zeiten von Grundig und TS Bayreuth der (glorreichen) Vergangenheit an. Schachbegeisterte Bayreuther, aber auch Studenten schlossen sich in den zurückliegenden Jahren meist dem TSV Bindlach-Aktionär an, der dank intensiver Nachwuchs- und Schulschacharbeit einen riesigen Aufschwung erlebte, der bis heute anhält.

Wenn wir uns doch eh zum Schach unter freiem Himmel treffen, was hält uns eigentlich davon ab, Passanten mit dem Vereinsaufsteller zu zeigen, wer wir sind? | Foto: SC Bayreuth

Den Namen Bezold verbindet man in den Schachszene untrennbar mit Waischenfeld und der legendären “Pulvermühle”, die für einige Wochen dem Ex-Weltmeister Bobby Fischer Unterschlupf bot; Thomas’ Bruder Michael Bezold ist bereits in jungen Jahren zum Großmeister aufgestiegen. Doch die Ära der Pulvermühle ist unwiderruflich vorbei, das Schachlokal ist verkauft. Deshalb bot es sich für Thomas Bezold an, der seit 1986 in Bayreuth lebt, in der Hauptstadt des Regierungsbezirks aktiv zu werden. Im Oktober 2020 erfolgte die Umbenennung des SC Waischenfeld in SC Bayreuth. Im Februar 2021 zählte der Verein gerade mal zwölf Mitglieder.

Nach dem Lockdown begann die Aufbauarbeit. 

Und da kommt der zweite günstige Faktor ins Spiel: Bezold fand für seinen Verein ein Spiellokal mitten in der Innenstadt, das “Café Stadtmission” der evangelischen Landeskirchlichen Gemeinschaft. Viele Passanten wurden auf die freitäglichen Schachabenden aufmerksam, und auch an der Universität sprach sich die Kunde vom neuen Schachklub schnell herum. Etliche Studenten und Dozenten hatten sich fürs Onlineschach begeistert – “aber jetzt wollten sie auch mal richtig spielen”, sagt Bezold.

Gäste willkommen! Thomas Bezold, Vorsitzender des SC Bayreuth, vor dem einfachen Werkzeug, mit dem sein Club permanente Sichtbarkeit in der Bayreuther Innenstadt herstellt. | Foto: Jan Fischer

Die Spielabende waren immer besser besucht, über 20 Teilnehmer keine Seltenheit. Und der Mitgliederbestand wuchs auf mittlerweile 40. Ein derartiges Plus im Jahr 2021 kann kein anderer Verein des Schachbezirks vorweisen, und deshalb geht der wohlverdiente Sieg im Mitgliederwettbewerb des BVO nach Bayreuth. Dotiert ist der erste Preis mit 150 Euro. 

Platz zwei (100 Euro) ergatterte sich der Schachclub Höchstadt, der nicht ohne Grund auch den Jugendförderpreis 2021 des Schachbezirks erhalten hatte. In Höchstadt ging dank zahlreicher Engagierter der Trainingsbetrieb während der Lockdowns ungemindert weiter. Neuartige digitale Trainingsformen führten zum Erfolg  – und zum kräftigen Mitgliederzuwachs. 

Auf dem dritten Platz (50 Euro) landete der PTSV-SK Hof. In der Saalestadt ist der Aufschwung auf die Beharrlichkeit der Verantwortlichen zurückzuführen. Und sicher auch darauf, dass der ehemalige Jugendmeisterspieler Johannes Wenzel zu seinem Heimatverein zurückkehrte und zwei seiner früheren Mitstreiter gleich mit nach Hof holte. 


Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Website des Schachbezirks Oberfranken. Mit freundlicher Genehmigung veröffentlichen wir ihn heute in leicht erweiterter Form ein weiteres Mal.

3.1 19 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

4 Comments
Most Voted
Newest Oldest
Inline Feedbacks
View all comments
Mungo Gerry
Mungo Gerry
1 Jahr zuvor

Naja, ich kann die schlechte Bewertung schon verstehen, es gibt halt keinen Mehrwert für andere Vereine. Wenn man einen im Auslauf befindlichen Verein aus einem kleinen Ort in eine größere Stadt verlegt, in der es derzeit keinen Verein gibt und noch dazu ein Vereinslokal im Zentrum von Bayreuth findet, ist ein Mitgliederzuwachs ja geradezu gesichert. Das ist gar nicht negativ gemeint, aber als Vorbild für andere Vereine zur Mitgliedersteigerung doch eher nicht geeignet.

Andreas Lange
Andreas Lange
1 Jahr zuvor

Unsere Mitgliederzahl steigt auf bisher unerreichbar scheinende Höhen. Der Frauen- und Jugendanteil steigt. Wir sind auf den Schachplattformen im Internet vertreten. Wir halten unseren Webauftritt aktuell und interessant. Wir posten viel extern und sind damit im Internet, dem heutigen Hauptinformationsmedium, auffindbar. Wir laden zum Besuch der Vereinsabende ein und haben kaum noch Termine für neue Schachkurse von Anfängern über Wiedereinsteiger bis zu Fortgeschrittenen frei. Wir haben im “Freibad um die Ecke” einen Großschachplatz gebaut und betreuen diesen. COVID-19 und der Krieg in der Ukraine sind schrecklich. Wir verkriechen uns nicht, sondern fragen uns “Was können WIR tun?”. Gelegentlich entwerfen wir… Weiterlesen »

acepoint
1 Jahr zuvor

Danke für diesen Beitrag. Ehrlich gesagt erschließt sich mir nicht, warum er so schlecht bewertet wird. Neid?