Nachdem wir nun 14 Monate nicht darüber gesprochen haben, ob und wie es mit unserem Spielbetrieb weitergeht, zeigt sich im größten deutschen Landesverband das Offensichtliche: Im Spannungsfeld zwischen der Pflicht, ein Spielangebot zu machen (sonst bräuchten wir die Verbände nicht), und den praktischen Möglichkeiten, so ein Angebot umzusetzen, ist reichlich unklar, ob und wie es weitergeht. Die Meinungen gehen auseinander, die von den Regionalverbänden beschlossenen Maßnahmen auch.
Einen treuen, kritischen Begleiter hat die nordrhein-westfälische Schachverwaltung in Achim Müller vom SC Rochade Emsdetten. “Chaos zum Saisonfinale?” nennt Müller seinen aktuellen Beitrag auf der Vereinshomepage, in dem er die Lage in NRW aufdröselt und die Rolle der Handelnden beleuchtet.
Abzusehen ist, dass auf NRW-Ebene die Saison 19-21 mit dem einen oder anderen 8:0 endet. Und das ist dann halt so.
Spannend ist die Frage, wie es mit der Saison 21/22 weitergeht. Dass nun seit 14 Monaten nichts ist, wie es war, hält NRW-Sprecher Frank Neumann auf der Homepage des Landesverbands nicht davon ab, das “Weitermachen wie immer”-Prinzip zu deklinieren: “… können die Mannschaften dann wie gewohnt Mitte September für den dann nach den Herbstferien beginnenden Spielbetrieb gemeldet werden.”
Sachen ausprobieren: Test-Saison 21/22
Wer angesichts solcher Zeilen genervt aufstöhnt und anmerkt, dass wir vielleicht erst einmal das nachholen sollten, was unsere Landesverwaltungen nun 14 Monate lang verpasst haben, der hat natürlich Recht: Bevor wir Mannschaften melden und “Spielbetrieb” sagen, sollten wir erst einmal darüber reden, ob wir diesen Spielbetrieb nicht besser diversifizieren und ganz neu hinstellen: mehrere Angebote machen, Sachen ausprobieren, die Saison 21/22 als Test verstehen, 22/23 womöglich auch, und dann mittelfristig zu einem Angebot kommen, das tatsächlich gewollt ist, einem Angebot, das weniger starr ist als das jetzige.
Wer allerdings glaubt, dass aus dem größten Landesverband in dieser Hinsicht keinerlei Ideen und Impulse für die Zukunft des organisierten Schachs zu erwarten sind (die Besetzung des NRW-Chefsessels legt eine solche Vermutung nahe und das, was auf der NRW-Seite steht, auch), der mag irren. Dem Verbandsfunk entnehmen wir durchaus das eine oder andere Signal, das hinsichtlich der Saison 21/22 eine gewisse Flexibilität, womöglich gar Experimentierbereitschaft nahelegt. Beides wird nötig sein, nicht nur in NRW.
Die Frage ist, wann sich der Umbruch, vor dem wir stehen, in offiziellen Mitteilungen unserer Verwaltungen niederschlägt. Dass nichts mehr ist, wie es war, müsste eigentlich allen Beteiligten aufgefallen sein. Von dieser Erkenntnis bis zu dem Schluss, dass nichts mehr sein wird, wie es war, ist es kein weiter Weg.
So, wie es aussieht, werden fünf der sechs Unterverbände des SBNRW ihre restlichen Runden nicht mehr ausspielen. Nur der Schachverband Ruhrgebiet will ausscheeren und wichtigen letzten Runden seiner Ligen in den Sommerferien spielen. Ich bin skeptisch, dass die Vereine dort mitmachen (können).
Danke für den Link zum Artikel von Achim Müller. Ich bin beruhigt, dass es durchaus noch andere Menschen gibt, die einer jetzigen Fortsetzung des Ligabetriebes mindestens kritisch gegenüber stehen.
Gestern gab es Post für die Mannschaftsführer der Oberligen Nord (3 Staffeln der nördlichen 7 Bundesländer). Dort werden mal wieder die Juni-Termine verschoben, da die Spielleitung die Lage als “noch zu unsicher” einschätzt.
Großartig – dafür werden die letzten beiden Spieltage in den komplett sicheren Juli (zumindest für die Oberliga NordWest) geschoben. Was will man mehr…
Was in NRW los ist kann ich auch nicht beurteilen. In München hatte der Verband durchaus bei den Vereinen nachgefragt, bevor die Münchner Mannschaftsmeisterschaften dann nach mehrfacher Verschiebung Mitte März definitiv abgesagt wurden (noch keine konkreten Pläne für die nächste Saison, da wartet man wohl momentan noch ab). Heraus kam u.a. sechs statt acht Bretter in allen Ligen Vereine/Mannschaften können pausieren, das bedeutet nicht zwangsläufig Abstieg – und schon gar nicht, dass man dann ganz unten wieder anfangen müsste Regelungen für nicht vorhandenes oder zu kleines Spiellokal: Heimrecht tauschen, an einem neutralen Ort spielen wenn beide kein Spiellokal haben, eventuell… Weiterlesen »
Und dann ist da noch der Faktor Mensch, auf Verwaltungsebenen ja häufig vernachlässigt. Bis heute hat keiner der Verantwortlichen auf NRW-Ebene bei den Vereinen nachgefragt, wie hoch überhaupt die Bereitschaft der teil- oder nichtgeimpften Spieler ist, sich freiwillig dem Risiko einer Ansteckung im Spiellokal oder während einer stundenlangen Autofahrt auszusetzen.
Wir können aber schon anerkennen, dass sich unsere Verwaltungen – bei aller Unbeweglichkeit, bei allem Stehengebliebensein in vergangenen Jahrzehnten, bei aller Unfähigkeit und allem Unwillen zu offener Kommunikation – in keiner ganz einfachen Lage befinden?!
Wie und ob das mit 2019-21 weitergeht, find ich mittlerweile nebensächlich. Mehr als überfällig ist dagegen, dass endlich jemand die Debatte anstößt, wie der Spielbetrieb der Zukunft aussehen soll.