Stell dir vor, du hast elf Turnierpartien gegen die Elite deines Sports in den Knochen. Überspielt worden bist du nicht ein ein einziges Mal, trotzdem sind vier dieser Partien verlorengegangen, teils auf frustrierende Weise. Nun hast du Schwarz, wieder gegen einen sehr starken Spieler, und wieder gelingt es dir, die Partie in der Waage zu halten, vielleicht sogar ein kleines bisschen mehr als das.
Dein Gegner bietet remis an. Was tust du?
Alexander Donchenko hat unter diesen Umständen agiert wie jemand, an dem die Dramen der vergangenen Wochen spurlos vorbeigegangen sind. Wie jemand, für den Frustration kein Faktor ist. Wie jemand, der unbedingt eine der 13 Partien gewinnen möchte.
Und so war es auch in der zwölften Runde in Wijk an Zee wieder einmal aller Ehren Wert, was der 22-Jährige abliefert. Nur stand am Ende leider wieder einmal eine Null in der Turniertabelle, die fünfte mittlerweile.
Am heutigen Sonntag wird in Wijk an Zee die 13. und letzte Runde gespielt. Donchenko hat Weiß gegen den russischen Wunderknaben Andrei Esipenko, der unter günstigsten Umständen noch ein Stechen gegen Anish Giri um den Turniersieg bekommen könnte. Liveübertragung ab 12 Uhr (!, zwei Stunden früher als bislang) hier.
Giri verpasste es in der zwölften Runde, dem Feld davonzuziehen und eine Vorentscheidung herbeizuführen. Gegen Alireza Firouzjas Französische Verteidigung war die niederländische Nummer eins am Drücker, führte die Partie in ein gewonnenes Endspiel – und gewann es nicht gegen den hartnäckigen, erfindungsreichen Widerstand des jungen Iraners.
Gleichwohl: Wenn Giri heute gegen David Anton gewinnt, hat er das Tata Steel Chess 2021 gewonnen. Wenn nicht, droht ein Tiebreak. Auch ein niederländischer Tiebreak ist noch möglich.
(Alle Fotos © Jurriaan Hoefsmit – Tata Steel Chess Tournament 2021)