Falschmeldung aus der Türkei: Der DSB kauft keine Talente

Elf Jahre jung, Elo über 2450, jüngster IM der Welt, weltbester Spieler seiner Altersklase. Auch im Kontext all der ambitionierten Hochbegabten, die im Schach nach oben streben, ist Yagiz Kaan Erdogmus ein Ausnahmetalent. In der Türkei kursiert jetzt die Meldung, der Deutsche Schachbund habe dem jungen Mann angeboten, künftig unter deutscher Flagge zu spielen. Der DSB hat das dementiert. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Manöver der mit der Förderung ihres Schatzes unzufriedenen Familie, Druck auf den türkischen Verband auszuüben.

Yagiz Kaan Erdogmus
Yagiz Kaan Erdogmus. | Foto: Nigarhan Gurpinar/chess.com

Bevor ihn die Pandemie zu einer Wettkampfpause verurteilte, hatte Yagiz Kaan Erdogmus 2019 erstmals für internationales Aufsehen gesorgt. Er gewann die U8-Europameisterschaft. 2021 kam er zurück – und wie. Binnen gut zwölf Monaten sammelte er über 500 Elopunkte, wurde bald FM, dazu kamen drei IM-Normen. Seit diesem Jahr führt ihn die FIDE als Internationalen Meister. Sein neuestes Ziel: jüngster Großmeister jemals zu werden.

Dass so jemand Begehrlichkeiten weckt – vorstellbar. Heute zitiert die englischsprachige türkische Zeitung Hürriyet Daily News die Eltern des Wunderknaben: “Der Deutsche Schachbund, der von seinen Leistungen beeindruckt war, hat Erdogmus angeboten, für Deutschland anzutreten.” Geregelt sei, dass er die deutsche Staatsbürgerschaft bekommt und in Deutschland eine Schule besuchen kann.

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“Falsch” teilt nun der Deutsche Schachbund mit, nachdem die Meldung auf Twitter aufgetaucht war. Es habe kein Angebot gegeben. Ende September habe sich “aus heiterem Himmel” der Onkel des Jungen gemeldet und Interesse an einem Verbandswechsel bekundet. Man habe dem Onkel verdeutlicht, dass nur für Deutschland spielen kann, wer einen Wohnsitz in Deutschland oder die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Arrangements dafür oder für einen Schulbesuch in Deutschland gebe es nicht.

Dem türkischen Zeitungsbericht lässt sich entnehmen, dass die Familie des Jungen die aus ihrer Sicht anstehenden Kosten für kommende Turnierteilnahmen im Ausland nicht tragen kann. “Wir erwarten die notwendige Unterstützung vom türkischen Verband”, heißt es. Auf Anfrage des Blattes sagte der türkische Verband zu, die Kosten für Turnierteilnahmen zu tragen. Im Dezember werde Erdogmus ein Turnier in Barcelona spielen. Gemeint ist wahrscheinlich das Schachfestival Sitges. Auf der Teilnehmerliste steht er noch nicht.

Tatsächlich sind Verbandswechsel im internationalen Schach und die damit verbundenen Ablösesummen nicht ungewöhnlich. Zwar gibt es die vom DSB angeführte Regelung hinsichtlich Wohnsitz und Staatsbürgerschaft, die solche Wechsel erschweren, aber sobald einmal die Spielgenehmigung für den neuen Verband erteilt ist, wird der Status der Spielerin/des Spielers nicht mehr geprüft. Arkadij Naiditsch etwa, vom deutschen Verband nach Aserbaidschan gewechselter Deutscher, hat dort nicht gelebt, während er für Aserbaidschan spielte. Liviu Dieter Nisipeanu, für den deutschen Verband spielberechtigter Rumäne, lebt in Rumänien.

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