Wer beim Schach nach ganz oben will, auf den wartet am Ende eines mühsamen Aufstiegs der norwegische Endgegner. Auf Alexander Donchenko wartet dieser Endgegner schon in der fünften Runde des Tata Steel Chess. Am heutigen Donnerstag ab 14 Uhr (Liveübertragung hier) bekommt es der deutsche Großmeister mit Magnus Carlsen zu tun. Und das auch noch mit Schwarz.
Wer nun denkt, diese schwerstmögliche Aufgabe im Schach sei nun wirklich eine Nummer zu groß für den 22-Jährigen aus Gießen, der vergegenwärtige sich, was im Oktober 2018 beim Europapokal der Vereine in Porto Carras (Griechenland) geschah:
Wenige Wochen nach dem Europapokal, am 9. November 2018, stand das WM-Match zwischen Magnus Carlsen und Fabiano Caruana auf dem Turnierkalender. Um sich vor dem Match aufzuwärmen und ein wenig Praxis zu sammeln, hatten die Kontrahenten ein sehr unterschiedliches Programm gewählt.
Caruana vertrat bei der Schacholympiade am ersten Brett die USA und musste sich fast durchweg mit Weltklassegroßmeistern auseinandersetzen. Magnus Carlsen ließ die Schacholympiade sausen. Er fuhr stattdessen zum Europacup der Vereine nach Griechenland, um (ohne Honorar!) für den norwegischen Club Valerenga zu spielen.
„Weniger Druck“ habe er dort, deswegen Europacup statt Olympia, erklärte Carlsen der schachverrückten Presse seines Heimatlandes. Außerdem erklärte er, dass er den Spitzenplatz der Weltrangliste als seine natürliche Position empfindet und diesen keinesfalls verlieren will.
… und er wollte gewinnen!
Tja. Caruana legte eine glänzende Schacholympiade hin, an deren Ende ihn noch mickrige zwei Elopunkte von Carlsen trennten. Und damit hatte Carlsen eben doch Druck: In jeder Partie beim Europacup stand sein Nummer-eins-Spot zur Debatte. Eine Niederlage nur, Caruana würde vorbeiziehen und beim WM-Match die Nummer eins der Welt sein.
In dieser Konstellation traf Carlsens Valerenga Sjakklubb (mit Nils Grandelius und Aryan Tari, die jetzt beimTata Steel Chess spielen) auf Donchenkos DJK Aufwärts Aachen, und am Spitzenbrett stellte Donchenko dem Weltmeister die Nummer-eins-Frage. Würde der Deutsche gewinnen, wäre Carlsen entthront.
Und er wollte gewinnen!
Die Partie wurde ein Lehrbeispiel dafür, wie Partien gegen bessere Spieler anzugehen sind: Kampf mit offenem Visier. Wer sich hinten reinstellt und nur aushalten will, der wird irgendwann erdrückt, zumal gegen Magnus Carlsen. Darum suchte Donchenko seine Chancen und genoss die Gelegenheit, den besten Spieler des Planeten in einen zweischneidigen Kampf zu verwickeln. Am Ende war es Carlsen, der das Gefecht per Dauerschach beenden musste, weil sonst der Angriff Donchenkos durchgeschlagen wäre.
Donchenkos Aachener haben seinerzeit trotzdem verloren, aber Alexander Donchenko dürfte den Tag genossen haben. Magnus Carlsen weniger. Die Mimik des Champions am Ende der Partie zeigte deutlich seine Unzufriedenheit.
(Titelfoto: Niki Riga)