Vorteile festhalten und vergrößern (Antwort 35-39)

Antwort 35

Klarer Fall, Weiß steht deutlich besser, in erster Linie wegen seines Entwicklungsvorsprungs. Auch der schwarze Turm b7 wirkt auf diesem unnatürlichen Feld wie ein Fremdkörper, dem die Koordination mit den anderen Truppen fehlt. Aber wie betonen wir das?

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Während der Schwarze unrochiert dasteht, ist der Weiße bereit, aktive Operationen einzuleiten, womöglich gar Linien gegen den schwarzen König zu öffnen. 1.d4-d5 funktioniert in diesen Sinne leider noch nicht, Schwarz schlägt mit der Dame auf d5, und Weiß kommt nicht weiter.

Antwort 36

Naheliegend wäre, würde der Weiße nun seine Türme zentralisieren, die einzigen Figuren, die noch nicht recht mitspielen. Aber wer ein bisschen genauer hinguckt, der stellt fest, dass der a1-Turm schon ideal aufgestellt ist. DSB-Sportdirektor und Schachtrainer Kevin Högy hat für diese Konstellation den Begriff “fauler Turm” geprägt. Der Turm bleibt faul stehen wird trotzdem zum Faktor:

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1.a2-a4 ist am besten, es betont, dass die a6/b5-Bauern im des Schwarzen wackelig sind und der Turm auf b7 einen bescheidenen Posten eingenommen hat, und es eröffnet dem Ta1 sowie der Dd3 Perspektiven.

Weiß würde nur zu gerne die a-Linie öffnen, auf der sein Turm kein Gegenüber hat. Versucht Schwarz, mit 1…b5-b4 alles geschlossen zu halten, schaut plötzlich die weiße Dame nach a6 und mit einem Mal funktioniert 2.d4-d5!

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Schlägt Schwarz mit der Dame, dringt die weiße Dame über a6 kraftvoll ins unterentwickelte schwarze Lager ein, und der a4-Bauer ist zum Freibauern geworden, der sich, unterstützt vom Ta1, bald Richtung a8 in Bewegung setzen wird.

Spielt Schwarz 2…e6xd5, ist die e-Linie offen. Mit Le3-d4, gefolgt von Tf1-e1 nagelt Weiß den schwarzen König im Zentrum fest und steht schon fast auf Gewinn.

“Wenn der Gegner …a6 und …b5 gespielt hat, dann ist a2-a4 oft gut”, lautet eine Schach-Faustregel. Hier trifft sie zu.

Antwort 37

Natürlich wollen wir den Schwarzen nicht in ein Endspiel entkommen lassen. Würden auf der d-Linie alle Schwerfiguren abgetauscht, wäre der weiße Entwicklungsvorsprung kaum noch von Bedeutung. Insofern liegt 1.Dd3-e2 auf der Hand. Aber Weiß muss ausrechnen, ob Schwarz es sich leisten kann, per 1…Dd5xe5 einen Bauern zu fressen.

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Kaum hat der Weiße begonnen zu rechnen, findet er schon ein tödliches Motiv, ein Abzugsschach. Nach 2.Td1xd7 Ke8xd7 3.Tf1-d1+ kann der Schwarze König zum Beispiel weder nach e8 oder c8 ausweichen: 4.Td1-d8+ würde folgen, und wegen des Abzugsschachs Le3-b6 mit Damengewinn ist der Turm tabu.

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Sobald wir erkennen, dass Schwarz mehr oder weniger zu 3…Ke7 gezwungen ist, können wir aufhören zu rechnen. Das muss gut sein für Weiß.

Es stellt sich heraus, dass Schwarz 3…Kd7-e7 ziehen und muss, und dann können wir schon aufhören zu rechnen. Schwarz hat seinen Lf8 eingesperrt, den Th8 auch, sein König steht im Zentrum. Weiß beherrscht derweil die d-Linie, auf der er dem schwarzen Monarchen bald gehörig einheizen wird. Kalkulation brauchen wir hier nicht, nur ein bisschen Schachgefühl. Diese Abwicklung muss gut sein für Weiß.

Antwort 38

Die ganze Partie über hat der Schwarze davon geträumt zu rochieren. Psychologisch ist es verständlich, dass er die erste Gelegenheit zur Rochade ergreift.

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Aber wohin gehört der König im Endspiel? Jedenfalls nicht ins Abseits. Viel besser als die Rochade wäre, per 1…Ke8-d7! den König zu aktivieren und dafür zu sorgen, dass er auf der c-Linie Einbruchsfelder kontrolliert.

Weiß hat ja c2-c4 gezogen, um seinem Turm die c-Linie zu öffnen. Damit der weiße Turm nicht eindringen kann, sollte der König entlang der c-Linie Wache stehen, anstatt weitab vom Kampfgeschehen herumzulungern.

Antwort 39

“Richtung Zentrum zu schlagen, ist fast immer richtig”, eine weitere Faustregel. Lieber mopsen wir unserem Gegner einen Zentralbauern als einen vom Rande.

Allein deswegen sieht 1.c4xb5 verdächtig aus. Außerdem ist der Zug konkret schlecht: Zwar hat sich Weiß die c-Linie geöffnet, aber zugleich hat er nach 1…a6xb5 ohne Not dem Schwarzen Gegenspiel auf der a-Linie gegen den a2-Bauern geschenkt.

Hätte der Schwarze nicht rochiert, sondern …Ke8-d7 gespielt, dann wäre offensichtlich, dass 1.c4-c5 (was auch Schwarz einen Freibauern auf d5 bildet) nicht so toll ist. Der König würde auf c6 den weißen Freibauern blockieren, Weiß kommt nicht weiter, hat seinen Le3 zur Passivität verurteilt, indem er alles auf dunkle Felder gestellt hat, und Schwarz wird dank seiner zentralen Bauernmehrheit nach und nach Fortschritte machen.

Aber auch mit dem schwarzen König im Abseits führt 1.c4-c5 zu wenig, auch wenn Schwarz nun einige Zeit investieren muss, um seinen König zurück ins Spiel zu bringen. Den Freibauern hält Schwarz leicht auch mit dem Turm auf, setzt per …f7-f6 seine Bauern in Gang, und Weiß hat kein Gegenspiel.

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1.c4xb5 schenkt dem Schwarzen Spiel auf der a-Linie, 1.c4-c5 schenkt ihm eine Bauernmehrheit im Zentrum und macht den Le3 passiv. Ergo: 1.c4xd5 muss der beste Zug sein.

1.c4xd5 ist der einzige Zug, der dem Weißen ein wenig Vorteil sichert. Er eliminiert die schwarze Zentrumsmehrheit und öffnet dem weißen die c-Linie.

Zwar hat jetzt der Schwarze auf der d-Linie einen Freibauern, aber der lässt sich wirksam blockieren. Ist das erledigt, und sind Turm und König aktiviert, kann der Weiße seine Bauernmajorität am Königsflügel losrollen lassen.

Hier geht’s weiter mit der nächsten Trainingsfrage:

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