Handy in der Socke: Schachamateur beim Betrügen erwischt

Das ist meine Uhr”, sagte der Verdächtige erst, als der Metallscanner der Schiedsrichter piepte. Aber es war das Handy in der Socke. Die Veranstalter des „Hogeschool Zeeland University Chess Tournaments“ in Vlissingen/Niederlande haben jetzt einen Amateur nach einer verdächtigen Erfolgsserie aus dem bis Samstag laufenden Wettbewerb ausgeschlossen. Nach Angaben von Teilnehmern hatte ein FM die Veranstalter auf den mutmaßlichen Betrüger aufmerksam gemacht, nachdem er gegen den 1690-Elo-Spieler verloren hatte.

Neun Runden spielt das Feld in Vlissingen mit neun Großmeistern, unter denen auch der Mülheimer Daniel Hausrath ist. Für den jetzt ausgeschlossenen, in der lokalen Szene bekannten Vereinsspieler aus Terneuzen war die siebte Runde die letzte. Seine Identität wollen die Organisatoren nicht preisgeben, solange offizielle Verfahren gegen ihn nicht abgeschlossen sind. Die Turnierleitung wird ihn beim niederländischen Verband melden. Ihn erwartet eine Sperre, womöglich eine Geldstrafe.

Mit 5,5 Punkten aus 7 Partien (und einer Achtrunden-Gewinnstellung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags) liegt Daniel Hausrath (rechts) in Vlissingen gut im Rennen. | Foto: Tina Rouwendal/Hogeschool Chess Tournament

Schon vor zwei Tagen hatte das erstaunlich starke Spiel des Amateurs in einer niederländischen Schach-Facebookgruppe für eine Debatte gesorgt. Zur siebten Runde hatten ihn Schiedsrichter allein wegen des früheren Hinweises eines Teilnehmers längst im Auge. Sie sahen, wie der Verdächtige ausgangs der Eröffnung auf die Toilette ging und stoppten ihn, um ihn zu scannen. „Er hat sich zunächst geweigert, was einem Schuldeingeständnis gleichkommt“, erklärte Organisationschef Hans Groffen gegenüber einer Lokalzeitung. Dann habe er den Scan doch zugelassen. „Es ertönte ein Piepton, von dem er behauptete, er käme von seiner Uhr. Aber es stellte sich heraus, dass es ein Handy war.”

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Der Spieler wurde sogleich aus dem Wettbewerb ausgeschlossen. “Natürlich ist es bedauerlich, dass so etwas passiert, aber auf der anderen Seite ist man auch froh, solche schlechten Äpfel auszusortieren”, sagte Groffen.

Nach einem Bericht von chess.com ist dies der zweite Betrugsfall beim Hogeschool-Turnier. 2022 sei ein Spieler aus Singapur für zwei Jahre gesperrt worden, weil er beim Turnier 2019 betrogen hatte. Sein Geständnis, das er mehr als zwei Jahre nach dem Vorfall gegenüber der FIDE ablegte, beschreibt detailliert, wie er das Telefon benutzt hatte, um während vier seiner Partien Züge zu finden. Die Schiedsrichter hatten ihn nicht verdächtigt zu betrügen.

Der Turniersaal in Vlissingen. | Fotomontage Perlen vom Bodensee, Turnierfoto: Tina Rouwendal/Hogeschool Chess Tournament

Die Betrugsmasche mit dem Handy auf der Toilette ist bei offenen Turnieren wahrscheinlich die mit Abstand gängigste, und das Dunkelfeld der nicht ertappten Täter/-innen von unbekannter Größte. Zum ersten Mal vor 22 Jahren wurde bei einem deutschen Open ein solcher Betrüger ertappt (siehe dieser Bericht). Er gab an, er habe auf der Toilette E-Mails bearbeitet.

Auch das Konzept, das Handy in einer Socke zu verstecken, ist gängig, Der wahrscheinlich bekannteste Cheatingfall um den damaligen Großmeister Igors Rausis hat ein Foto hervorgebracht, das um die Welt ging: Rausis studiert auf dem Toilettensitz am Handy eine Schachposition. Sein Hosenbein ist hochgekrempelt und die Socke zu sehen, in der er das Telefon während der Partie verborgen hatte.

Juli 2019: Bericht über den Fall Rausis mit besagtem Foto, von dem bis heute nicht bekannt ist, wer es unter welchen Umständen gemacht hat.
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[…] in den Sommerwochen steigt naturgemäß die Zahl der Cheatingfälle. Etwa zeitgleich mit dem Betrugsfall beim Open in Vlissingen versuchte gut 70 Kilometer entfernt beim Open in Gent ein belgischer Amateur, mit Handy-Hilfe […]

CoachJaxx
CoachJaxx
30 Tage zuvor

Wie fällt denn die ELO von “The-Cheat-Kiddie” vom Himmel? Ich kann zwar ein KNSB-Rating finden, das sich bisher (dekomprimiert!) knapp über 1400 DWZ-Niveau behaupten konnte, aber dass es sich dabei zudem um einen “1690-Elo-Spieler” handeln soll, konnte ich jetzt nicht verifizieren.

Gerhard Lorscheid
Gerhard Lorscheid
28 Tage zuvor

Es ist natürlich klar, dass der Fall einem anderen Spieler und keinem “Schiedsrichter mit Anticheating Ausbildung” aufgefallen ist. Was meine These bereichert dass das alles ein Hype ist und Betrüger schon immer aufgefallen sind..