Rex Sinquefield träumt weiterhin davon, ein WM-Match in St. Louis auszurichten. Das sagte der Mäzen des US-amerikanischen Schachs jetzt am Rande des nach ihm benannten Sinquefield-Cups, der am Mittwoch im Schachclub St. Louis mit einem Sieg von Alireza Firouzja endete. Würde sich ein Großmeister aus der Stadt am Mississippi für ein WM-Match qualifizieren, Sinquefield würde versuchen, das Match in seine Heimatstadt und seinen Club zu holen. Das hat er schon 2018 versucht, als sein local boy Fabiano Caruana WM-Herausforderer wurde, aber es gelang nicht, das Match kurzfristig von London nach St. Louis zu verlegen.
Ein Kreis würde sich schließen. 1886 begann die Geschichte der Schachweltmeisterschaften unter anderem in St. Louis, wo Wilhelm Steinitz und Johannes Zukertort vier Partien des ersten WM-Matches spielten – seinerzeit im 1880 gegründeten Chess, Checkers and Whist Club.
Im 21. Jahrhundert wäre der 2008 eröffnete St. Louis Chess Club Schauplatz eines solchen Matches. Baulich wird er vorbereitet sein. Sinquefield kündigte eine erhebliche Erweiterung der Räumlichkeiten für Großveranstaltungen mit Publikum an, seit Jahren geplant, aber wegen Covid verzögert.
Im Mai dieses Jahres haben die Bauarbeiten an der Maryland Avenue begonnen, direkt gegenüber dem jetzigen Clubhaus. Von derzeit gut 550 Quadratmetern wird die Fläche des Herzstücks des US-Schachs auf knapp 2800 Quadratmeter wachsen. Jetzt muss nur noch einer der mittlerweile mehr als 30 in St. Louis lebenden Großmeister WM-Herausforderer werden.
Mit der Entwicklung “seines” Turniers, das von Auflage zu Auflage stärker wird, zeigte sich Sinquefield zufrieden. “Peinlich” ist dem Mäzen, dass der Name des Turniers mit der Carlsen-Niemann-Affäre verbunden ist. Sinquefield bedauert die Ereignisse von 2022, zeigte sich aber stolz auf die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Integrität des Turniers zu schützen. Dazu gehören unter anderem eine 30-minütige Verzögerung der Live-Übertragungen und strengere Sicherheitskontrollen.
Gut eine Woche vor seinem 80. Geburtstag am 7. September reflektierte Sinquefield über die verschiedenen Formate der Schachturniere, die der Club veranstaltet. Er mag ein schnelles klassisches Format oder ein langsameres Rapid-Format mit zwei Partien am Tag, betont aber die Herausforderung und den Reiz, neue Turnierformate auszuprobieren. Es sei wichtig, dem Schachsport durch neue Ideen immer wieder neue Impulse zu geben.
Besonders am Herzen liegen ihm die laufenden Bemühungen des Clubs, Talente, insbesondere Mädchen und Frauen, zu fördern. Der Club hat eine Prämie von 100.000 US-Dollar für die ersten fünf Frauen ausgelobt, die den Großmeistertitel erreichen. Sinquefield hofft, dass diese Initiative dazu beitragen wird, eine neue Generation von weiblichen Großmeistern hervorzubringen.
Alireza Firouzja hat mit seinem Sieg beim Sinquefield-Cup 2024 auch die Grand Chess Tour 2024 gewonnen. Nach einem Remis in der Schlussrunde gegen Praggnanandhaa erzielte er sechs Punkte aus neun Partien. Zweiter mit 5,5 Punkten wurde Fabiano Caruana, der sich nach einer Auftaktniederlage ins Turnier zurückkämpfte. Der Lokalmatador aus St. Louis beendete den Wettbewerb mit einem Sieg über Anish Giri.
Firouzja, jüngster Spieler jemals über 2800 Elo, blickt auf sportlich durchwachsene Jahre zurück, seitdem er angekündigt hat, Schach und Modedesign gleichermaßen zu betreiben. Jetzt hat er das Turnier zum zweiten Mal gewonnen und noch dazu mit der Grand Chess Tour „den schwierigsten Preis“ im Schach, wie er sagte. Zu den 100.000 Dollar Preisgeld für den Turniersieg kommen 323.750 für den Tour-Triumph. „Manchmal erschrecke ich mich selbst“, textete Firouzja auf Twitter, wo er mit dem Pokal posierte.
Drei Monate vor dem WM-Match beendete Weltmeister Ding Liren den Wettbewerb mit einem weiteren Nackenschlag. In einem Spanier gegen Maxime Vachier-Lagrave setzte es eine vernichtende Niederlage, nachdem der Chinese zu zaghaft gespielt hatte, anstatt entschieden Chancen zu suchen. Ding Liren beendet den Sinquefield Cup mit 3,5 Punkten aus 9 Partien.
WM-Herausforderer Gukesh hat in St. Louis die Solidität und Sicherheit demonstriert, die für einen WM-Sieg notwendig sein wird. Der ebenfalls notwendige Punch fehlte allerdings. Ohne Niederlage, aber auch ohne Sieg beendete Gukesh den Wettbewerb mit 4,5/9.
(Das Titelfoto zeigt Rex Sinquefield und Alireza Firouja vor den Plänen für die Erweiterung des Schachclubs Saint Louis. Fotos von Lennart Ootes, Grafik via Saint Louis Chess.)
Mir fehlt der Disclaimer, dass es sich um eine bezahlte Auftragsarbeit handelt.