“Er hat gelogen”: Veselin Topalov, Vladimir Kramnik und Toiletgate

Nein, Veselin Topalov hat nichts mit Drogenbaron Pablo Escobar zu tun, auch wenn der Titel des Podcasts, “Ich war unter den 3000 Gefangenen in Medellin”, das nahelegt. Vielmehr berichtet der Exweltmeister in einem gut 90-minütigen Gespräch mit der bulgarischen Sportplattform “Kos Sport” unter anderem von einer Simultanvorstellung, die er im Gefängnis der zweitgrößten kolumbianischen Stadt gegeben hat.

Veselin Topalov erzählt seine Schachgeschichte (auf Bulgarisch).

Ein wesentlicher Part des Gesprächs kreist um Cheating im Schach – und, damit verbunden, um “Toiletgate”, die bis heute nicht aufgeklärte Affäre, die das WM-Match 2006 zwischen Topalov und Vladimir Kramnik überschattete.

“Das Betrugsproblem ist groß, vor allem online”, sagt Topalov. “Ich stimme zu, dass zwei Prozent der Online-Partien von Betrügern gespielt werden.” Das Problem werde sich noch vergrößern, wenn “menschliche Chips” kommen. “Im Moment befindet sich Neuralink in der Entwicklung, und sobald man einen Taschenrechner und ein Eröffnungsbuch in seinem Gehirn hat, ergibt Schach unter Menschen keinen Sinn mehr. …Vielleicht wird Elon Musk oder ein Klon von ihm eines Tages Weltmeister sein.”

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Zum WM-Match 2006 erzählte Topalov: “Wir spielten auf einem Podium, und während der Gegner über einen Zug nachdachte, konnte man in einen Ruhebereich gehen. Jeder Spieler hatte einen Raum, und jeder Raum hatte eine Toilette. Wer am Brett sitzt, weiß nicht, was der Gegner dort macht, aber es wurde von Kameras aufgezeichnet. Unsere Delegation fand Kramniks Verhalten verdächtig, und gemäß den Regeln haben wir Einspruch eingelegt. … Das große Problem war, dass Kramniks Aussagen nicht mit dem übereinstimmten, was auf den Videoaufnahmen zu sehen war. … Er hat es nicht nur nicht geschafft zu erklären, was er tut, sondern er hat einfach gelogen. Um alles zu vertuschen, verschwanden die Videoaufnahmen. Ich bin mir fast sicher, dass ihre Agenten und Institutionen ein paar Kopien gemacht haben, aber ich habe keinen Zugang, um zu beweisen, dass ich Recht hatte.”

Weite Teile des WM-Matches 2006 zwischen Veselin Topalov und Vladimir Kramnik spielten sich abseits des Brettes ab. Kramniks damaliger Manager Carsten Hensel (oben rechts) hat unter anderem die Begleitumstände des Matches in Elista in seiner 2018 erschienenen Kramnik-Biografie verarbeitet. | Fotos via chessgames.com

Topalov setzt Kramniks Verhalten in Bezug zum russischen Staatsdoping und den daraus folgenden Skandal rund um die olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi: “Allein die Tatsache, dass Beweise vernichtet wurden, ist ein Schuldeingeständnis. Wenn wir sehen, was später in Sotschi passiert ist, hat die WADA der Russischen Föderation die Lizenz entzogen, weil sie Beweise vernichtet hat. … Es ist ironisch, dass Kramnik sich jetzt als Verteidiger des Anti-Cheatings präsentiert und von den Veranstaltern und Plattformen volle Transparenz fordert.”

Zu Kramniks häufigen Besuchen im Ruheraum kursiert das Gerücht, Kramnik habe dort heimlich geraucht, was seine Frau nicht wissen sollte, da diese annahm, er habe aufgehört. So soll es US-Großmeister Ben Finegold erzählt haben.

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