Schacholympiade (7): Frauen 2:2 gegen die Mongolei, Männer 3:1 gegen Schweden

Die Nationalmannschaft der Frauen war in der siebten Runde der Schacholympiade gegen die Mongolei nahe dran, im siebten Match den sechsten Sieg einzufahren. Aber da die kritische Partie verloren ging und die gute nicht gewonnen wurde, kamen Wagner, Pähtz&Co. über ein 2:2 nicht hinaus. Die Frauen stehen jetzt mit 11:3 Punkten auf dem geteilten 5. bis 14. Platz Die Männer verbuchten einen kaum gefährdeten 3:1-Sieg über Schweden – 10:4 Punkte, Platz 14 bis 35.

In der achten Runde treffen die Männer auf die an 19 gesetzten Kroaten. Die Frauen spielen gegen die an 17 gesetzten Niederlande.

Auf eine Weise vollführten die Mannschaften in der siebten Runde einen Gegnertausch. Während die Frauen schon gegen Schweden gespielt hatten (und wie!), hatten die Männer schon die Mongolei von den Brettern gefegt. Aber anders als ihre Kollegen im offenen Turnier sind die mongolischen Frauen ein Top-Team, wenngleich nominell etwas schwächer als die Deutschen.

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Die Partie von Elisabeth Pähtz in der siebten Runde gegen die Mongolei.

Elisabeth Pähtz hat Anlass, ihrer Stellung im frühen Mittelspiel nachzutrauern: mehr Raum, etwas aktiver und Läufer versus Springer in einer offenen Position mit verteilten Bauernmehrheiten. Der Vorteil verflüchtigte sich, als Pähtz die Partie in ein Endspiel überführte, von dem sie sich mehr erhofft haben dürfte. In einer Auf-Biegen-und-Brechen-Konstellation hätte sie weitergespielt, anstatt mit der Zeitkontrolle im 40. Zug recht früh remis anzubieten.

23.Df2 mit stabilem weißen Vorteil wäre gut gewesen. Pähtz nahm stattdessen die Damen vom Brett, und der weiße Vorteil verflüchtigte sich.

Der Kampf stand günstig. Lara Schulze und Dinara Wagner waren am Drücker, Josefine Heinemann am dritten Brett nicht sonderlich gefährdet. Letzteres änderte sich, als Heinemann zwei Endspielkonstellationen abwog und sich für die falsche entschied. Am Ende landete sie in einem unhaltbaren Turmendspiel mit zwei Minusbauern.

Tatsächlich ist …Txb2+ der Zug, der das Endspiel im Gleichgewicht hält, trotz weißen Mehrbauern (d4 geht verloren), trotz aktiveren weißen Königs. Heinemann entschied sich für …Lf4.

Aber zwischenzeitlich hatte Lara Schulze sich einen mächtigen Freibauern erkämpft, nebenbei die gegnerische Königsstellung aufgerissen und eine feine taktische Partie gewonnen. Angesichts der kommenden Niederlage von Josefine Heinemann hing es nun an Dinara Wagner. Eine treffliche Gelegenheit für die neue Nummer eins der Nationalmannschaft, mit Mehrbauer und Läuferpaar nun eine ihrer günstigen Stellungen in einen vollen Punkt zu verwandeln.

Das misslang. Die schwarze 4:2-Bauernmehrheit am Damenflügel wollte partout nicht mobil werden. Wagner fand kein Durchkommen. Nach 71 Zügen gab sie die Partie remis.

Garniert mit zwei “!!”: Matthias Blübaum zähmt den Tiger.

Am Abend vor der morgendlichen Vorbereitung auf den schwedischen Großmeister Tiger Hillarp Persson hatte sich Matthias Blübaum warmgeblitzt. Einmal mehr erzielte er beim mit Olympiateilnehmern durchsetzten Titled Tuesday ein exzellentes Ergebnis. Wie sich sein Gegenüber vom Mittwoch vorbereitet hat, ist nicht bekannt – womöglich überhaupt nicht. Hillarp Persson spielt mittlerweile in erster Linie Go und bloggt darüber. Beim Schach geriet er gegen Blübaum bald ins Hintertreffen, und ein zu kreatives Qualitätsopfer machte die Lage eher schlechter.

Rasmus Svanes Rolle in Budapest ist vielfältiger, als es erscheinen mag. Nicht nur lotst er als Eröffnungscoach seine Leute durchs Variantengestrüpp, er hat auch die Rolle des Fremdenführers übernommen, der in der raren Freizeit die Herren Großmeister zu Budapester Sehenswürdigkeiten lotst. Noch dazu ist er Chronist und Analyst für die Öffentlichkeit. Wer die Matches der Herren, insbesondere die Eröffnungsphasen, von einer schachlichen Instanz beleuchtet sehen will, wird auf dem YouTube-Kanal des älteren Svane-Bruders fündig:

Rasmus Svane seziert das deutsche Viertrundenmatch gegen die Mongolei.

Im Nebenberuf ist Rasmus Svane Sekundant des schwedischen Spitzenspielers Nils Grandelius, und das könnte am Mittwoch eine Rolle gespielt haben. Ob Vincent Keymer sich mit Hilfe von Nils Grandelius’ Sekundanten auf eben diesen Grandelius vorbereitet hat? Es war eine dieser Konstellationen, die Gewissenskonflikte birgt: Kann Svane als Eröffnungscoach der deutschen Nationalmannschaft schwedische Geheimnisse offenbaren?

Sicher ist, Keymer hatte über die Distanz der Partie trotz eines Minusbauern keine Schwierigkeiten, die zwischenzeitlich zerfahrene Stellung gegen Grandelius im Gleichgewicht zu halten. Aber er hatte auch zu keinem Zeitpunkt mehr als das – remis.

Matthias Blübaum, Frederik Svane und Vincent Keymer vor Beginn der siebten Runde. Im Video: Frederik Svanes strategisches Meisterstück gegen den schwedischen IM Milton Pantzar. | Foto: Katharina Reinecke/DSB

Den entscheidenden Punkt fürs Team machte einmal mehr Frederik Svane, der einmal mehr keine typische Frederik-Svane-Attacke-Partie spielte, sondern eine sehr gediegene, auf die Rasmus Svane stolz wäre. Mit 5,5/6 und einer Performance von knapp 2800 ist Svane der Top-Scorer des deutschen Teams vor Matthias Blübaum (5/6).

Unerwartet kam zu den 2,5 Punkten noch ein halber hinzu. In einem hoffnungslos erscheinenden Turmendspiel drehte Alexander Donchenko seinem Gegenspieler eine Konstellation an, die gewonnen aussehen mag, es aber nicht ist.

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