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Schachboxen: WM mit dem ChessBoxing Club Berlin und ChessBoxing Cologne

Die 5. Chessboxing-Weltmeisterschaft fand vom 28.10. bis 02.11.2023 in Riccione an der italienischen Adriaküste statt. Die deutsche ChessBoxing Community war gleich mit zwei Delegationen angereist – sowohl der ChessBoxing Club Berlin als auch ChessBoxing Cologne kamen mit zahlreichen Kämpfern und Kämpferinnen und hohen Ambitionen.

Und diese hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht – sie wurden sogar noch übertroffen!

Allen voran Alina Rath, die nach 2019 und 2022 (jeweils in Antalya, TUR) zum dritten Mal Weltmeisterin werden konnte. In diesem Jahr war es für sie jedoch ungleich schwieriger, denn ihre Gegnerin in der Gewichtsklasse bis 70 kg, die Russin Amina Akhmadulina, war nicht nur eine bessere Schachspielerin als ihre bisherigen Gegnerinnen in den WM-Kämpfen, sie suchte ihre Chance vor allem in den Boxrunden. Gleich in der ersten Boxrunde versuchte Amina, den KO zu erzwingen. Alina konnte dagegenhalten. In der darauf folgenden Schachrunde spielte die Russin dann auf Zeit, um die nächste Boxrunde zu erreichen. Sie mußte sogar vom Schiedsrichter angezählt werden, der sie aufforderte, zu ziehen. In der zweiten Boxrunde war Alina dann mindestens ebenbürtig und sie konnte sich damit in der dritten Schachrunde souverän den erneuten WM-Titel sichern!

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Alina konnte sich zusätzlich noch zwei weitere Goldmedaillen in den Disziplinen ChessBoxing Light bis 70 kg (mit dickeren Handschuhen und Kopfschutz) und ChessFit Boxing (Performance am Sandsack und Schach) sichern.

Arminius Rolle holte ebenfalls eine Goldmedaille in der Gewichtsklasse bis 50 Kilo Junioren. Leider gab es keinen Gegner für ihn, so dass er stattdessen einen Freundschaftskampf gegen einen älteren und 10 Kilo schwereren Jugendlichen aus Russland bestritten hat.

Ali Remmo gewann die Silbermedaille in der Gewichtsklasse bis 95 Kilo. Im Halbfinale war er kampflos erfolgreich, weil sich der Gegner verletzt hatte. Im Finale verlor er gegen Refik Latifi von ChessBoxing Cologne durch Schachmatt in der zweiten Schachrunde.

Fabian Alcer konnte in der Gewichtsklasse bis 70 Kilo die Silbermedaille erringen, was einer kleinen Sensation gleichkam. Er gewann im Viertelfinale gegen Aleksandr Smirnov durch Schachmatt und im Halbfinale gegen Marco Muccini durch Zeitüberschreitung. Eine herausragende Leistung für einen Kämpfer, der erst 3 Wochen vor der WM mit Boxen begonnen hat!

Max Teschke holte Bronze in der Gewichtsklasse bis 65 Kilo. Er hatte leider etwas Lospech und musste gleich in der ersten Runde gegen den Lokalmatador und späteren Weltmeister Nicolo Tiraboschi antreten, der über eine mehr als beachtliche ELO-Zahl von 2258 verfügt.

Leonard Bockting konnte in der Gewichtsklasse bis 80 Kilo zwar den ersten Kampf gegen Otto Vihera für sich entscheiden, haderte aber im zweiten Kampf mit einer Entscheidung des Kampfrichters, der seinen französischen Gegner Gabriel Pierre Paul nicht anzählte. So endete der Kampf anstatt mit einem technischen KO für Leonard mit einer Zeitüberschreitung gegen ihn.

Timo Bieri begann gegen den Letten Edgars Raits in der Gewichtsklasse bis 75 Kilo vielversprechend,  aber nach der guten ersten Boxrunde konnte er seine Varianten nicht mehr abrufen und ließ sich mattsetzen.

ChessBoxing Cologne komplettierte den deutschen Erfolg mit 6 weiteren Goldmedaillen. Drei davon wurden kampflos erreicht, weil es in den entsprechenden Gewichtsklassen keine Gegner gab.

Das bedeutete in der Endabrechnung hinter Russland den souveränen 2. Platz im Medaillenspiegel.

Bernhard Riess

Vizepräsident Berliner Schachverband


Es ist schon eine Weile her, daß in Berlin ein großes ChessBoxing-Event stattgefunden hat. Im März 2018 wurde der Intellectual Fight Club X im Festsaal Kreuzberg durchgeführt. Danach hatte der ChessBoxing Club Berlin (CBCB) zunächst mit Terminproblemen zu kämpfen und mitten in der Pandemie, die den Kontaktsportarten naturgemäß noch mehr zu schaffen machte als dem Schachsport an sich, verstarb Iepe Rubingh, der „Erfinder“ des Schachboxens und Gründer des CBCB am 08. Mai 2020.

Es dauerte verständlicherweise lange, bis sich die internationale Schachbox-Community neu positionieren konnte. Im Oktober 2021 traten sie mit Showkämpfen im „Goldenen Haus“ erstmals wieder an die Öffentlichkeit. Mehr als ein Jahr später, im November 2022, folgte die vielbeachtete und erfolgreiche Teilnahme von Berliner Kämpfern an der IV. ChessBoxing World Championship in Antalya (TUR), bei der u.a. Alina Rath ihren 2019 errungenen Weltmeistertitel erfolgreich verteidigen konnte.

Viele neue Kämpfer und Kämpferinnen fanden den Weg zum CBCB, der seinerseits im Mai 2022 dem Berliner Schachverband beigetreten ist. Bei den Wettkämpfen um die Berliner Mannschaftsmeisterschaft wird natürlich weiterhin nur Schach gespielt und die Boxhandschuhe bleiben zu Hause.

Im Sommer 2023 gab es einen Showkampf im Mauerpark und drei Wochen nach der für den CBCB überaus erfolgreichen V. ChessBoxing World Championship in Riccione (ITA) stand die ChessBoxing Fight Night im World Chess Club Berlin auf dem Terminplan. Alle Tickets waren schnell vergriffen – bereits eine Woche vor dem Termin war die Veranstaltung ausverkauft.

 

Auf dem Programm standen fünf Kämpfe unterschiedlicher Gewichts- und Leistungsklassen.

Den Auftakt machten Roman Doroshenko (87 kg, ELO 1200) gegen Darvin Canameti (90 kg, ELO 1100). Für beide war es der Debütkampf und entsprechend ungestüm gingen sie sowohl auf dem Brett als auch im Ring zu Werke. In der zweiten Schachrunde konnte Canameti dann seinen Stellungsvorteil verwerten und gewann im 19. Zug durch Schachmatt.

Im zweiten Kampf trafen Alisha Lara Wallat (70 kg, ELO 1300) und Guitong Li (55 kg, ELO 1100) aufeinander. Es wurde sowohl spannendes Schach als auch spannendes Boxen geboten. Alisha verpaßte einige gute Möglichkeiten und ging letztendlich in der dritten Schachrunde Schachmatt.

Nach der ersten Pause wurde der dritte Kampf ausgetragen. Die Kontrahenten waren der frischgebackene Junioren Weltmeister Arminius Rolle (50 kg, ELO 1300) und Stefano Tudoran (59 kg, ELO 1000). Auch hier gab es einen spannenden Fight, bei dem Arminius überraschend in der zweiten Schachrunde völlig das Konzept verlor und das Schachmatt quittieren mußte.

Im vierten Kampf kam es zum Aufeinandertreffen von Vize-Weltmeister Fabian Alcer (68 kg, ELO 1900) und Leon Bender (66 kg, ELO 2050). Leon hatte noch am Vormittag in der Berliner Landesliga eine Turnierpartie gespielt. Die hohen Wertungszahlen der beiden Kämpfer sind auch ein Beweis dafür, daß sich beim Schachboxen das schachliche Niveau merklich gesteigert hat. Beide spielten eine sehr ruhige Variante der italienischen Partie und nach dem 21. Zug wurde in total ausgeglichener Stellung das Brett aus dem Ring gebracht und die Boxhandschuhe übergestreift. Nach dem Auftaktgong trauten die Zuschauer und Zuschauerinnen kaum ihren Augen, denn nach dem zurückhaltenden Auftakt auf dem Brett lieferten sich Fabian und Leon einen leidenschaftlichen Fight, der alle begeisterte. Es war nicht verwunderlich, daß dieser Kampf mit einem Knockout endete. Fabian war der umjubelte Sieger im Ring.

Nach einer abermaligen Pause war der Hauptkampf des Abends angesagt: Timo Bieri (76 kg,  ELO 1300), aktueller WM-Teilnehmer 2023 kämpfte gegen den seit 2013 ungeschlagenen Weltmeister (3 Kämpfe, 3 Siege) Sven Rooch (71 kg, ELO 1500) aus Dresden. Der Fight wurde als Sparringskampf ohne Wertung unter Profiregeln ausgetragen und bot hochklassiges Boxen und spannendes Schach. Mit der Teilnahme von Sven Rooch schloss sich dann auch ein Kreis, denn Sven war beim letzten großen Event 2018 ebenfalls der Hauptkämpfer gewesen.

Das Publikum ging begeistert mit und nach dem Ende der Veranstaltung waren sich alle einig, daß bis zur nächsten ChessBoxing Fight Night keinesfalls wieder fünf Jahre vergehen dürfen!

 

Bernhard Riess

Vizepräsident Berliner Schachverband

 

 

 

 

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