Der Dresdner Schach-Organisator Dirk Jordan und seine Ehefrau Martina Jordan sind wegen Steuerhinterziehung in 13 Fällen schuldig gesprochen worden. Das Amtsgericht Dresden verhängte am Mittwoch eine Geldstrafe von jeweils 200 Tagessätzen à 50 Euro, sodass das Ehepaar insgesamt 20.000 Euro zahlen muss. Das Urteil ist laut einem Bericht der Sächsischen Zeitung (für Abonnenten) noch nicht rechtskräftig.

Diese neuerliche Verhandlung gegen Jordan ist inhaltlich mit den bisherigen verknüpft. Einmal mehr ging es um seinen Verein “64 Felder“. Oberstaatsanwältin Karin Schreitter-Skvortsov bezeichnete „64 Felder“ im Lauf der zweistündigen Verhandlung als “Scheinkonstrukt”. Sie sprach von “gezielten Verschleierungstaktiken, um die Geldflüsse innerhalb der Organisation zu verbergen”.
Die Staatsanwaltschaft warf in diesem neuen Verfahren den Jordans vor, in den Jahren 2014 bis 2017 bei Einkommens-, Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuern insgesamt rund 61.000 Euro hinterzogen zu haben. Nach der Befragung von vier Zeugen folgte das Gericht der Argumentation der Anklage. Zwar sind die offenen Steuern inzwischen beglichen, die Verurteilung erfolgte dennoch. Beide Seiten haben eine Woche Zeit, um Rechtsmittel einzulegen. Nach Einschätzung der Sächsischen Zeitung gilt es als wahrscheinlich, dass die Verteidigung diese Möglichkeit nutzt.
Die Staatsanwaltschaft wirft Jordan vor, seit 2001 als Beauftragter des Deutschen Schachbundes für die Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft, früher Ramada-Cup, verdeckte Provisionen von Hotels erhalten zu haben. Die sogenannten Kickbacks, die bis zu zwölf Prozent pro Übernachtung und Person betragen haben sollen, seien jedoch nicht dem Verband, sondern von Jordan kontrollierten Vereinen zugeflossen: „Ran an’s Brett“ (sic, Anm. d. Red.) und „64 Felder“. Martina Jordan fungiert als Schatzmeisterin von „Ran an’s Brett“, Dirk Jordan ist Präsident von „64 Felder“.
Im Steuerverfahren stand jetzt die Frage im Mittelpunkt, ob der Verein „64 Felder“ tatsächlich gemeinnützig agierte oder faktisch als wirtschaftlicher Betrieb geführt wurde. Eine Steuerfahnderin, die als Zeugin geladen war, erklärte, dass nicht nur hohe „Spendenzahlungen“ auffällig gewesen seien. Zudem seien Vorstandsvergütungen und Ehrenamtspauschalen ausgezahlt worden, die nicht mit dem Gebot der Selbstlosigkeit im gemeinnützigen Sektor vereinbar seien. Dies führte dazu, dass dem Verein rückwirkend die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde.

Seit 2022 ist „64 Felder“ wieder als gemeinnützig anerkannt. Der Verein war beispielsweise an der Organisation eines Simultans mit Elisabeth Pähtz im Rahmen des Palais Sommers 2024 beteiligt. Dennoch bleibt der Verein aus den Strukturen des Stadtsportbundes Dresden und des Landessportbundes Sachsen ausgeschlossen. Dirk Jordan hatte bereits zu Beginn des ersten Verfahrens seine Tätigkeit im Präsidium des Stadtsportbundes Dresden ruhen lassen. Bei der Wahl im September 2024 trat er nicht mehr an.
Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung ist nicht das erste Verfahren gegen Dirk Jordan. Der 69-Jährige war bereits im April 2023 wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Untreue in 27 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seine Verteidigung hatte Berufung eingelegt, sodass das Urteil bislang nicht rechtskräftig ist. Ein neuer Termin für die Berufungsverhandlung steht noch nicht fest.
Da die beiden Verfahren inhaltlich eng miteinander verknüpft sind, prüft die Justiz nach Angaben der Sächsischen Zeitung, die Prozesse zusammenzulegen. Im Kern geht es um denselben Sachverhalt: Jordan soll sich über die Organisation von Schachturnieren persönliche finanzielle Vorteile verschafft haben.

Möglich war das nur, weil die Verantwortlichen des Deutschen Schachbunds zu Beginn der Deutschen Amateurmeisterschaft (damals: “Ramada-Cup”) vor einem knappen Vierteljahrhundert nicht mit Jordan verabredet hatten, wie mit etwaigen Hotelprovisionen zu verfahren ist. In den 16 Jahren danach hat wahrscheinlich niemand ernsthaft geglaubt, dass der umtriebige Geschäftsmann Jordan nur aus Großherzigkeit und Liebe zum Sport ein DSAM-Turnier nach dem anderen organisiert.
Aber es wollte eben niemand so genau wissen. Niemand schaute genauer hin, bis DSB-Wirtschaftsdienst-Chef Ossi Weiner Anfang 2018 der Missstand auffiel. Im Jordan-Prozess im April 2023 kam unter anderem zur Sprache, dass in den Jahren davor der einstige DSB-Geschäftsführer Horst Metzing sowie Rechtsberater Ernst Bedau Hinweisen zur Causa Jordan gar nicht oder kaum nachgegangen waren. Und so präsentierte DSB-Vertreter Klaus Deventer dem Gericht im April 2023 allen Ernstes eine Liste mit 19 DSB-Funktionären, die einhellig erklärten, von nichts gewusst zu haben. Das Gericht sah trotzdem ein “massives Versäumnis” des Verbands, sich über die Vorgänge Klarheit zu verschaffen.
Der Schaden im Fall Jordan, wahrscheinlich mehr als eine halbe Million Euro, fügt sich in die desaströse Bilanz vergangener DSB-Kongresse und -Präsidien bzw. der in diesen Gremien versammelten Funktionäre. Wer den Fehlbetrag aus den Krause-Fenner-Jahren, den Jordan-Schaden und den Mondpreis der vom DSB eingekauften bzw. immer noch einzukaufenden Mitglieder- und DWZ-Verwaltung zusammenrechnet, kommt auf eine Summe von weit über eine Million Euro, die die Verantwortlichen des Spitzenverbands des Schach-sports gemeinschaftlich versenkt haben. Zu Reflexion über Versäumnisse und eigenes Fehlverhalten, zu einem “mea culpa” gar, hat sich auf Seiten des Verbands bislang niemand durchgerungen.
Anfang 2023 stand der DSB vor dem Bankrott. Im Mai 2024 hat er die Mitgliedsbeiträge erhöht.
Ich muss bei Dirk Jordan immer an Franz Beckenbauer denken. Jordan hat der Schachwelt glauben gemacht, dass er ehrenamtlich arbeitet und hat ca. sechsstellig abgezockt. Beckenbauer hat bei der WM 2006 dasselbe von sich behauptet, aber mit größter Wahrscheinlichkeit siebenstellig für sich abgezweigt.
Und bei einer Gerichtsverhandlung kurz vor der Verjährung hat Beckenbauer es geschafft, mit Hilfe von einem ärztlichen Attest fern zubleiben.
Nein, das soll kein Plädoyer für Jordan sein.
200×50 macht nicht 20.000 sondern 10.000
Sobald der DSB mit seiner Klage durch ist (Urteil und dann Geld), wird man spitz abrechnen müssen. Ich vermute die Bilanz wird nicht nur negativ sein, weil der Schachbund in der Vergangenheit Versäumnisse begangen hat. Auch die Rechtskosten für die Verfahren über die Jahre müssen möglichen Einnahmen gegenüber gestellt werden. Ich wette das macht der DSB nicht freiwillig.