Wer kommt nach Vincent Keymer? Den U12-Jahrgang (2020) in der deutschen Rangliste dominiert ein hoffnungsvolles Trio: Marius Deuer, Leonardo Costa, Sreyas Payyappat.
Letzterer hat jetzt in Abwesenheit der beiden anderen Jungs (die in höheren Altersklassen gespielt haben) die deutsche U12-Meisterschaft mit fabelhaften 6,5/7 gewonnen. Für die Verlagsgruppe Madsack war das ein Anlass, ihren Print- und Online-Lesern den Wunderknaben aus Hannover ausführlich vorzustellen.
Der Bericht beginnt mit ziemlichem Quark: “Jahrhunderttalent”, “dominiert Gegner nach Belieben”, “sieht blitzschnell die verstecktesten Züge”. Wer trotzdem weiterliest, stellt fest, dass es danach interessant wird. IM Dennes Abel kommt zu Wort, der Sreyas Payyappat im vergangenen Jahr als Coach unter seine Fittiche genommen hat.
Die Geschichte des 12-Jährigen aus Hannover erinnert an die des deutschen U14-Meisters Markus Albert aus Ansbach, den vor einem halben Jahr niemand kannte, der aus dem Nichts auftauchte, Deutscher Meister wurde und jetzt gar seine erste Weltmeisterschaft (online) gespielt hat. Sreyas Payyappat kam vor drei Jahren mit seinen Eltern aus Kerala, Indien. Sein Vater, ein Unternehmensberater, arbeitet seitdem in Hannover. Der Sohn landete zunächst in der Schachabteilung von Hannover 96. Sein erster Verein unterstützte die Familie bei Integration und Behördlichem, Sreyas spielte in der Landesliga. Einen Trainer hatte er in Indien nicht gehabt, in Deutschland hatte er abseits des Vereinstrainings auch keinen.
Sreyas Payyappat flog unter dem Radar, bis er Ende 2019 bei der Bezirkseinzelmeisterschaft IM Dennes Abel viel Arbeit abverlangte, bevor der Meister den Punkt verbuchte. Eine schicksalhafte Partie: Abel erkannte das Talent seines jungen Gegners, fragte nach und fand heraus, dass er es hier mit einem Autodidakten zu tun hatte. Der IM nahm Sreyas unter seine Fittiche und lotste ihn zum Schachverein Lister Turm.
2020 wurde das Jahr, in dem die Öffentlichkeit erstmals von Sreyas Payappat Notiz nahm. Er bekam eine Einladung zum Claus-Dieter-Meyer-Gedenkturnier in Bremen, wo er speziell mit Schwarz zwar die eine oder andere Eröffnungskatastrophe erlebte, aber auch demonstrierte, warum sich zuvor der niedersächsische Coach Rustam Kasimdzhanov so angetan von ihm gezeigt hatte: Taktisch ist Sreyas Payyappat bärenstark. “An den Eröffnungen arbeiten wir”, sagt Abel. Kurz nach dem Turnier in Bremen pflügte der 12-Jährige durch die Deutsche Meisterschaft U12.
“Mit so einem Kind habe ich noch nicht gearbeitet”, sagt Abel, den neben dem Talent die Liebe zum Spiel seines Schützlings beeindruckt. “Er müsste schon mehrfach falsch abbiegen, um nicht richtig gut zu werden.”
Im Schatten der Gukeshs, Praggnanandhaas und Sarins wäre Sreyas Payyappat in Indien einer von vielen. Wird sich womöglich die indische Flagge hinter seinem Namen in eine schwarz-rot-goldene wandeln? Diese Frage steht sowohl bei den Betreuern im Verein wie beim niedersächsischen Schachpräsidenten Michael Langer auf der Agenda. Langer hatte geholfen, Sreyas einen Platz im CD-Meyer-Turnier in Bremen zu verschaffen.
Für solche Normturniere auf deutschem Boden wäre Sreyas als Inder ein noch attraktiverer Teilnehmer. IM-Normen zum Beispiel erfordern Gegner aus verschiedenen Föderationen. “Die Argumente für einen Wechsel sind aber auch stark und werden sicherlich beachtet”, teilt der HSK Lister Turm via Facebook mit.
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