WM-Kandidat Wang Hao: “Bin enttäuscht und wütend.”

Gut drei Wochen vor Beginn der zweiten Hälfte des Kandidatenturniers steht ein erstes großes Fragezeichen über der Veranstaltung. Großmeister Wang Hao hält die Austragung in Jekaterinburg für nicht sicher.

Als ihn jetzt eine E-Mail des von den neuerlichen Schwierigkeiten genervten FIDE-Chefs Arkady Dvorkovich erreichte, machte Wang Hao sie auf seiner Facebook-Seite öffentlich. Der Chinese fühlt sich vom Weltschachpräsidenten grob unhöflich (“rude”) behandelt.

Wie er mit der Situation umgeht, hat Wang Hao noch nicht entschieden. “Wir sind in Gesprächen”, sagte er auf Anfrage von chess24. Er schließe nicht aus, vom Turnier zurückzutreten. Sicher ist derzeit nur, dass er Russland für zu unsicher hält. Wie in weiten Teilen Europas sind in Russland zuletzt die Infektionszahlen gestiegen, am 4. Oktober erstmals seit Mai auf wieder über 10.000 neue Fälle pro Tag.

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Seinen Austausch mit FIDE-Anwalt Alexander Martynov hat Wang Hao via Facebook dokumentiert. Der Verband hat ihm einen Privat-Direktflug von Peking nach Jekaterinburg angeboten, ebenso einen Business-Class-Flug mit Zwischenstopp in Deutschland. Auch das Angebot, das Turnier nach Tiflis zu verlegen, lockte Wang Hao nicht. Er hält europäische Flughäfen für unsicher und will keinen betreten. Außerdem weist er darauf hin, dass niemand außer ihm selbst für das Risiko einer Infektion haftet, sollte er sich auf dem Weg oder während des Turniers anstecken.

Wang Hao. | Foto: Lennart Ootes/FIDE

Die Perspektive Dvorkovichs ist eine andere, nämlich die, dass die FIDE alle denkbaren Anstrengungen unternimmt, eine Fortsetzung des Turniers möglich zu machen und das Risiko für die Spieler zu minimieren. Und so entstand Dvorkovichs E-Mail, nachdem sein Anwalt Wang Hao nicht zum Spielen hatte bewegen können:

(via Wang Hao/Facebook)

Diese Ansage hat eher nicht zur Konfliktlösung beigetragen. “Ich bin enttäuscht und wütend”, sagt Wang Hao. Einem in der Schachszene kursierenden Gerücht zufolge soll auch Wang Haos Landsmann Ding Liren skeptisch gegenüber einer Fortsetzung in Jekaterinburg sein.

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Thorsten Cmiel
Thorsten Cmiel
3 Jahre zuvor

Das ganze Unternehmen Candidates ist schwierig zu handhaben. Auf der anderen Seite sind manche Spieler etwas zu ängstlich für mein Verständnis. Es ist kein Massenturnier und die Spieler werden ohnehin abgeschirmt. Problematisch könnten erneut Rückflüge werden. Die ganze Welt ist zu unsicher, okay, dann soll er einfach bis zur Entwicklung eines Impfstoffes zuhause bleiben. Ich habe sowieso den Verdacht, dass manche Spieler sehr schlecht informiert sind und daher komplett irrational reagieren in diesen Zeiten. Ein weiterer Aspekt zum Einordnen: Normale Spieler können keine Turniere mit Quarantäne leisten, wie jetzt in Norwegen. Die Position von Wang Hao ist schon elitär. Die… Weiterlesen »

chesshans
chesshans
3 Jahre zuvor

Hmm.. Ich glaube ernsthaft, dass unser FIDE-Präsident wirklich alles tut, um die das Kandidatenturnier zum Abschluss zu bringen und daher auch alles in seiner Macht Mögliche tut, die Gesundheit der Spieler zu schützen. Blöd nur, wenn die Kandidaten nicht mitspielen und die An- und Abreise als (für sie zu großes) Risiko ansehen. Was natürlich nicht geht ist der Ton in der nun veröffentlichten Mail. Das ist einem FIDE-Präsident nicht würdig, wie genervt er auch immer sein mag. Auf der anderen Seite muss er sich aber auch fragen lassen, wieso er auf Jekaterinenburg besteht, während Tblissi (in Georgien steigen die Corona-Infektionen… Weiterlesen »

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[…] wollten sie nicht? Wang Hao sagte in aller Deutlichkeit, dass er eine Fortsetzung im November für unverantwortlich hält. FIDE-Chef Arkadi Dvorkovich […]