Aus im Armageddon

Aus vier mach zwei: Matthias Blübaum und Elisabeth Pähtz haben die dritte Runde beim World Cup erreicht, Arik Braun und Rasmus Svane sind ausgeschieden. Das deutsche Duo steht jetzt vor nominell lösbaren Aufgaben. Matthias Blübaum bekommt es mit dem serbischen Großmeister Velimir Ivic (Elo 2582) zu tun, Elisabeth Pähtz mit der aserbaidschanischen WGM Gulnar Mammadova (Elo 2382). Am heutigen Sonntag geht’s weiter.

Drittrunden-Livepartien der Herren hier, der Damen hier.

Nachdem Arik Braun schon in den beiden klassischen Partien ausgeschieden war, reichten Matthias Blübaum nach einem 1:1 in den klassischen Partien die beiden Schnellpartien, um sich durchzusetzen:

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Über zwei klassische und eineinhalb Schnellschachpartien war auf Matthias Blübaums Brett nicht viel los. Dann opferte der Mathematikstudent aus Bielefeld die Dame, und wenig später war das Match gewonnen.

Länger dauerte es bei Elisabeth Pähtz. Sie gewann die erste Schnellpartie, verlor aber die zweite, und es mussten zwei 10-Minuten-Partien gespielt werden. Die endeten beide unentschieden – Blitz. Dort erst setzte sich Pähtz durch, 4,5:3,5 hieß es am Ende.

“Muss das erstmal verdauen”

Es sei am Ende mehr wie eine Lotterie gewesen, weniger ein Schach-Match, sagte Pähtz, die erklärte, sie habe sich in einer psychologisch schwierigen Situation befunden: Ihre bisherigen Matches, die in den Tiebreak gingen, habe sie verloren. “Insofern bedeutet mir dieser Sieg viel.” Gegen ihre deutlich jüngere Widersacherin habe sie darauf geachtet, stets einen Vorsprung auf der Uhr zu haben, um die größere Schnelligkeit der Gegnerin kompensieren zu können. Zu Gulnar Mammadova, mit der sie es nun zu tun bekommt, fiel Pähtz im FIDE-Interview nach der Partie auf Anhieb nicht viel ein. “Ich muss jetzt erstmal dieses Match verdauen.”

Deutscher Schachprofi mit Sponsorenlogo auf der Brust – ein Novum? Elisabeth Pähtz während ihres Zweitrundenmatches.

Das dramatischste Match der womöglich gesamten zweiten Runde spielte Rasmus Svane, der nach seinem Auftaktsieg in der klassischen Partie eigentlich derjenige aus dem deutschen Quartett war, dessen Aussichten aufs Weiterkommen am besten sind. Aber Ivan Cheparinov kam mit einem Sieg auf Bestellung zurück, und auch diese beiden mussten in einen Tiebreak – der in Erinnerung bleiben wird.

Erst endeten beide Schnellpartien nach wechselhaftem Verlauf remis, dann beide Zehn-Minuten-Partien. Es folgte die erste Blitzpartie, in der der deutsche Kaderspieler ein zweites Mal den Sack zuzumachen schien, und das auf sehenswerte Weise, als nach einem a tempo gespielten Damenopfer Svanes Figuren wie ein Bienenschwarm über Cheparinovs König herfielen:

Kann Schwarz das gewinnen?

In der zweiten Blitzpartie büßte Svane früh einen Bauern ein, und die Angelegenheit schien schnurstracks den Bach runterzugehen. Aber Svane verteidigte sich zäh und erreichte letztlich ein Endspiel, in dem es aussah, als solle der schwarze Mehrbauer keine entscheidende Rolle spielen (siehe Diagramm rechts).

Freilich zählt im Blitz die objektive Stellungsbewertung nicht allzu viel. Während Svane den Faden verlor, fand Cheparinov immer neue Ideen, um den Weißen zu beschäftigen, und letztlich ging die Zitterpartie nach mehr als 80 Zügen doch verloren.

Armageddon also, Weiß mit einer Minute mehr auf der Uhr, aber unter Siegzwang. Cheparinov würde mit den weißen Steinen ein drittes Mal in diesem Match eine Must-win-Partie gewinnen müssen, andernfalls wäre Svane weiter.

Die beiden spielten Schottisch, und nach Cheparinovs 12.Lh3 stand diese Stellung auf dem Brett:

Svane tat das, was wahrscheinlich die meisten starken Schachspieler in einer Blitzpartie machen würden: Er konterte die Drohung mit einer Gegendrohung: 12…Dg6.

Leider war das schon der Verlustzug. 13.Se4 federt die Drohung …Sc2+ ab, plötzlich steht Weiß auf Gewinn. Weiß droht nun seinerseits 14.h5 mit Damenfang, und es zeigt sich, wie sehr sich die schwarze Dame verlaufen hat. Die Stellung ist schon jenseits von Rettungsmöglichkeiten. 12…f5 wäre der einzige Zug gewesen.

Die Partie ging trotzdem weiter, es gab ja noch den Faktor Zeit. Und es gab den Faktor Svane, seines Zeichens Deutscher Meister im Blitzschach. Während Svane das Kunststück gelang, die verlorene Partie immer weiter am Laufen zu halten, tickten seinem Gegner die Sekunden herunter.

Und Cheparinov würde erst ab dem 60. Zug ein Increment bekommen. Beim 59. Zug war Cheparinovs Zeit auf zwei Sekunden heruntergelaufen, aber es gelang ihm um Haaresbreite, sich ins Increment zu retten. Auf dem Brett war die Stellung mit Minusdame derweil vollständig entschieden, und Svane gab auf.

Die Sekunden danach: Svane hat die Armageddon-Partie aufgegeben und starrt fassungslos ins Leere, Cheparinov ist schon dabei, den Ort des Geschehens zu verlassen. | Foto: FIDE

Am frühen Sonntag keimte dann noch einmal kurz Hoffnung für Svane auf (der womöglich schon abgereist war). Chess.com-Redakteur Peter Doggers meinte herausgefunden zu haben, dass Cheparinovs Increment einen Zug zu früh einsetzte, dass also die Uhr falsch eingestellt war. Allerdings stellte sich bald heraus, dass Doggers einem missverständlich formulierten Regelpassus auf den Leim gegangen war.

chess.com über die Tiebreaks der zweiten Runde
chess24 über die Tiebreaks der zweiten Runde

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[…] Rasmus‘ Perspektive, ja. Aber tolle Werbung für das Schach. Wenn es solche Matches doch öfter gäbe statt langweiligen 50-zügigen Remispartien. Für Zuschauer war das ein […]