Der seit einem Jahr in der Schwebe befindliche Fall Stockfish vs. ChessBase beschäftigt jetzt das Münchner Landgericht. Nach einer Anhörung am gestrigen Montag hat die Richterin laut ChessBase-Chef Matthias Wüllenweber den Parteien einen Vergleich vorgeschlagen: Stockfish soll alle künftigen ChessBase-Produkte, in denen die Open-Source-Engine integriert ist, vor Veröffentlichung prüfen und im Zweifel stoppen können. Ob ChessBase dem Vergleich zustimmt, ist offen.
Der Konflikt insbesondere um „Fat Fritz 2“, auch um „Houdini 6“, und deren Stockfish-Anteile war vor etwa einem Jahr eskaliert. Die Stockfish-Entwickler Tord Romstad und Stéphane Nicolet sahen eine „wiederholte Urheberrechtsverletzung“. Sie reichten Klage ein, unterstützt von einer unter anderem auf Urheberrecht spezialisierten deutschen Kanzlei, mit dem Ziel, ChessBase die Lizenz zu entziehen. Käme es dazu, dürfte ChessBase seine Produkte nicht mehr mit installiertem Stockfish ausliefern.

Im Zentrum des Konflikts steht die GPLv3-Lizenz und die damit verbundenen Pflichten: Wer derart lizenzierte Produkte verteilt, muss den Benutzern Zugang zum Programmcode geben und das Recht, GPL-unterstützte Programme gebührenfrei zu reproduzieren, modifizieren und zu verteilen. Nach Einschätzung von Stockfish ist das Hamburger Unternehmen diesen Pflichten nicht nachgekommen.
Wüllenweber hat von Beginn an eingeräumt, dass die Kommunikation seines Unternehmens über Herkunft und Wesen des damals neuen „Fat Fritz 2“ misslungen war. Von der Wucht des Aufschreis in der Open-Source-Szene überrascht, hatte das Hamburger Softwarehaus zwischenzeitlich vollständig darauf verzichtet, seine Produkte mit vorinstalliertem Stockfish auszuliefern.
Mittlerweile hat ChessBase die Sichtbarkeit der Autoren nach der Installation ihrer Open-Source-Engines unter ChessBase/Fritz verbessert. „Nach meinem Eindruck gibt es in der Schachwelt wenige Einsatzbereiche von Stockfish, bei denen die individuelle Autorenschaft derart deutlich hervorgehoben wird“, teilte Wüllenweber vor einigen Wochen auf Anfrage dieser Seite mit.
Jetzt gilt es für alle Beteiligten, die vorliegende Vergleichsvereinbarung im Detail zu prüfen und gegebenenfalls zu modifizieren. Wüllenweber ließ auf Anfrage dieser Seite durchblicken, sein Unternehmen sei geneigt, einem solchen Vergleich zuzustimmen, um den „Vertrauensverlust zu reparieren“.
ChessBase arbeite daran, die „seit 30 Jahren quasi unveränderte Darstellung von Analysevarianten“ für den Betrachter greifbarer und weniger abstrakt zu machen. „Es wäre traumhaft, darüber mit Stockfish sprechen zu können“, sagt Wüllenweber. Der ChessBase-Chef hofft, dass aus dem Konflikt ein Aufbruch erwächst.
Ich finde es etwas seltsam, wie positiv hier über Chessbase berichtet wird. Chessbase macht seit Jahren zweifelhafte Dinge, wenn es um Nutzung von Open Source Software geht. Seit 2014 werden mit “Endgame Turbo 4” ein Subset der Syzygy-Tablebases, die Ronald de Man open source veröffentlich hat, für 60€ verkauft, ohne einfach ersichtliche Erwähnung, dass diese auch open source sind und vielerorts kostenlos heruntergeladen werden könne. Ob das rechtlich in Ordnung ist, kann ich nicht beurteilen, aber moralisch scheint zumindest das nicht mal erwähnen äußert zweifelhaft. Im Jahr 2015 wurde Fritz 15 veröffentlicht, programmiert von Vasik Rajlich, dessen voriges Projekt Rybka… Weiterlesen »
Du findest seltsam, wie positiv über Chessbase berichtet wird? Schau einmal rechts unten, da findest du eine Spalte zu “Affiliate Links”.
Toller Beitrag, danke dafür.
Der journalistische Beitrag hier kommt wirklich wie ein Pressestatement der Firma rüber, wurden Tord Romstad und Stéphane Nicolet überhaupt angefragt?
Der Kreative Beitrag/schöpfungshöhe ist bei der Engine definitiv höher als bei der GUI, wenn ich auf deren Argumentation eingehen will.
Nur “misslungene Kommunikation” seitens Chessbase? Das ist die Untertreibung des Jahres! Chessbase hat, was den Umfang der eigenen Leistung bei “Fat Fritz 2” angeht, gelogen, daß sich die Balken biegen! Drei Zeilen Code zu ändern, das Binary umzubenennen und ein neues NNUE zu trainieren ist eben keine signifikante eigene Leistung. Man sehe sich dazu nur einmal das hochnotpeinliche Interview des “Entwicklers” Albert Silver auf YouTube an! Außerdem haben sie wissentlich und vorsätzlich den Open Source Ursprung der Engine verschleiert (“Stocksh”). Chessbase hat sich hier mit fremden Federn geschmückt, und dafür auch noch einen absurd hohen Preis verlangt. Genauso wie sie… Weiterlesen »
Chessbase ist eine schlechte Firma mit einer schlechten Firmenpolitik die nur darauf erpicht ist Gewinnmaximierung anzustreben oder was soll man sonst über die letzten 15 Jahre von Chessbase erzählen? Viel positives gibt es nicht, teure Preise und die Datenbank gabs auch bei chess-db nur kostenlos (ansonsten 99,xx€
Schlimme Software, macht kein Spaß mehr. Seit 2010 kein Chessbase mehr auf dem Rechner vorhanden aber die News lese ich mir trotzdem immer wieder gerne durch um den Kopf zu schütteln.
Ich bin schon ein wenig entsetzt.
Nicht über den ausgezeichneten Bericht über die Anhörung in München, sondern über den Kommentar unten, der die angeblich “positive Berichterstattung über Chessbase” ursächlich in einen Zusammenhang mit Affiliate Links zu chessbase.com auf dieser Seite zu bringen versucht. Das ist infam, ausgerechnet den Perlen-vom-Bodensee journalistische Bestechlichkeit vorzuwerfen.
Die Grenzen der moralischen Verkommenheit sind erreicht, wenn man sich sicher sein kann, dass der Kommentator sich ausgerechnet zu einem grossen Teil auf chessbase.com über Entwicklungen zum Schachsport in Deutschland informiert.
An Niedertracht nicht mehr zu überbieten.
Ich möchte hier gerne klarstellen, dass zumindest mein Kommentar kein Vorwurf der Bestechlichkeit war. Ich kann mir genauso gut vorstellen, dass der CEO von Chessbase von hier aus zu einem Interview angefragt wurde und daraufhin eben diese sehr positive Version aus seiner Sicht hat verlauten lassen. Allerdings würde ich den Bericht nicht als ausgezeichnet bezeichnen, dafür fehlt in meiner Sicht eine unabhängige Recherche zu dem Thema, ggf. Anfragen an die andere Seite dieses Gerichtsprozess oder zumindest ein kurzes Informationen sammeln zur Vorgeschichte dieses Prozesses, dann hätte man mit moderatem Aufwand die Informationen finden können, die ich in meinem Kommentar angefügt… Weiterlesen »
Ich werfe niemandem journalistische Bestechlichkeit vor. Ich zahle für diese (ausgesprochen gute) Website nicht und daher muss jemand andere den Inhalt finanzieren, vor allem Werbung (und eine Portion Idealismus). Und auch Journalisten wären dumm, die Hand zu beißen, die sie füttert.
Schon einmal gefragt warum die Zeitschrift “Schach” alle Chessbase-Skandale totschweigt? Weil Chessbase die beiden teuersten Anzeigenseiten der Zeitschrift finanziert. Das ist nicht infam, das ist nicht moralisch verwerflich, es ist verständlich. Es ist schon sehr naiv zu denken, da gäbe es keine Zusammenhänge. Mit Bestechlichkeit hat das jedenfalls nichts zu tun. Eher mit Marktwirtschaft.
Von einem “ausgezeichnetem Bericht” seh ich hier eher wenig. Es wird ja sogar selbst zugegeben, dass alle Informationen nur von ChessBase kommen und es wurde offensichtlich nicht mal versucht ein Statement vom Stockfish Team zu bekommen. Außerdem enthält der Bericht so gut wie keine Informationen über die eigentliche Anhörung, was auch selbstverständlich ist, da der Autor nicht dort war und ChessBase natürlich den ganzen Rest lieber nicht erzählen will, wie z.B. die Einschätzung der Richterin, dass sie, soweit ChessBase nicht neue Gegenbeweise Vorlegen kann (was sie natürlich nicht können, sonst hätten sie’s ja schon getan und es ist ja auch… Weiterlesen »