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Boris Spasski

Boris Spasski feiert heute 85. Geburtstag. Aus diesem Anlass sind heute einige sehenswerte Spasski-Clips in den Sozialen Medien aufgetaucht:

Großes Spasski-Porträt auf chess.com

Ulrich Geilmanns Buch über den Leningrad-Cowboy

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Als Wolfram Bialas Boris Spasski vom Tennisspielen abhielt

Bobby Fischer und sein Drehstuhl

Ein class act: Glückwunsch, Boris!

Boris Spassky (1937-2025): Champion, Gentleman, Legende

 

Boris Spasskis Rückkehr nach Russland - geflohen oder entführt?

https://en.chessbase.com/post/boris-spaky-fearing-death-flees-to-ruia

https://en.chessbase.com/post/spaky-s-sister-help-save-my-brother

Zusammenfassung:

Boris Spasskys Rückkehr nach Russland war von Geheimnissen, dramatischen Wendungen und widersprüchlichen Berichten geprägt. Nach einem schweren Schlaganfall im Jahr 2010 wurde der ehemalige Schachweltmeister zur Rehabilitation nach Frankreich geschickt, wo er seit 1976 lebte. Doch was dann geschah, bleibt umstritten: Spassky behauptete, er sei dort isoliert und schlecht behandelt worden, während seine Familie und Ehefrau betonten, er habe die bestmögliche Pflege erhalten.

Flucht oder Entführung?

Im August 2012 verschwand Spassky plötzlich aus seinem Haus in Meudon, einem Vorort von Paris. Seine Frau Marina meldete ihn als vermisst. Wenige Tage später tauchte er in Moskau auf und gab einem russischen Medium ein aufsehenerregendes Interview. Darin schilderte er, dass er nach seinem Schlaganfall praktisch unter Hausarrest gestanden habe – ohne Telefon, Internet oder Kontakt zur Außenwelt. Er behauptete, man habe ihn mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt und physisch vernachlässigt, sodass er sich in einem langsamen Sterbeprozess befunden habe. Schließlich sei ihm mit Hilfe „wahrer Freunde“ die Flucht gelungen.

Diese Freunde hätten ihm auf mysteriöse Weise neue Reisedokumente besorgt, da er weder französische noch russische Papiere besessen habe. Mit ihrer Hilfe sei er aus dem Haus gebracht, in ein Auto gesetzt und in die russische Botschaft gefahren worden. Dort habe man ihm ein einmaliges Reisedokument ausgestellt, mit dem er nach Moskau reisen konnte. Nur Stunden später lag er in einem russischen Krankenhaus.

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Die Gegendarstellung seiner Schwester

Während Spassky in Russland behauptete, sich gerettet zu haben, sorgte seine Schwester Iraida Spasskaja für eine völlig andere Version der Geschichte. Sie erklärte, dass ihr Bruder entführt worden sei und jemand anderes ein Interesse an seiner „Flucht“ gehabt haben könnte. Spasskys Schwester hatte ihn kurz zuvor in Paris besucht und schilderte ein völlig anderes Bild:

  • Er sei in guter Verfassung gewesen,
  • habe eine ausgezeichnete Pflege genossen,
  • sei in einer schönen Umgebung mit Ärzten, Physiotherapeuten und Pflegepersonal betreut worden.

Sie warf Spasskys „Freunden“ vor, ihn manipuliert oder gar gegen seinen Willen nach Russland gebracht zu haben. Gerüchte über eine mögliche Bestechung des Hauspersonals, um Spassky aus dem Haus zu bringen, kursierten in den Medien.

Ein ungelöstes Mysterium

Die Wahrheit über Spasskys „Flucht“ bleibt ungewiss. War es eine spektakuläre Rettungsaktion oder eine gezielte Entführung? Seine eigenen widersprüchlichen Aussagen und die besorgten Stimmen aus seiner Familie lassen beide Möglichkeiten offen. Sicher ist nur: Boris Spassky kehrte nach Jahrzehnten in Frankreich plötzlich nach Russland zurück – unter mysteriösen Umständen, die bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind.

Boris Spasskis Wunsch (?), neben Bobby Fischer beigesetzt zu werden, hat sich nicht erfüllt. Der Exweltmeister wurde auf dem Troekurovskoye-Friedhof in Moskau beerdigt.

Abschied von Boris Spasski mit vielen Fotos:

https://ruchess.ru/news/all/v_moskve_proshla_tseremoniya_proshchaniya_s_borisom_spasskim/

https://twitter.com/dgriffinchess/status/1897221038649573458

 

Eine Konversation mit Boris Spasski (2000):

A Conversation with a Legend

Zusammenfassung:

Spasskis Blick auf die größten Schachspieler

Boris Spasski nannte Capablanca, Aljechin, Fischer, Karpov und Kasparov als die fünf größten Spieler aller Zeiten. Auf die Frage, ob er Emanuel Lasker in diese Liste aufnehmen würde, antwortete er klar mit „nein“.

Seine Rivalen: Kortschnoi, Fischer und Karpov

Spasski sprach ausführlich über Viktor Kortschnoi und erinnerte sich an sein hart umkämpftes Match gegen ihn 1978 in Belgrad. Er vermutete damals, dass Kortschnoi versuchte, ihn auf elektronischem oder chemischem Wege zu beeinflussen, da er sich während der Partien oft schwindelig fühlte. Deshalb analysierte Spasski seine Partien lieber abseits des Brettes, was Kortschnoi verärgerte. Er verdächtigte Kortschnois Armbanduhr als möglichen Störsender.

Über seine härtesten Gegner sagte Spasski überraschenderweise, dass Karpov sein stärkster Gegner war – nicht Fischer oder Kortschnoi. Er betonte, dass er 1973 und 1974 in Topform war, als er gegen Karpov im Kandidatenfinale verlor. Im Gegensatz dazu war er 1972 gegen Fischer psychisch angeschlagen.

Das Match gegen Fischer 1972

Spasski erklärte, dass er während des berühmten WM-Matches gegen Bobby Fischer in Reykjavík 1972 psychisch nicht in Bestform war. Der Grund dafür lag nicht nur an Fischers Spielstärke, sondern vor allem an den ständigen Konflikten mit den sowjetischen Behörden, die ihm absurde Bedingungen auferlegten. Diese Kämpfe gegen Moskau raubten ihm viel Energie. Zusätzlich war sein Trainer, GM Efim Geller, mehr daran interessiert, seine eigenen Eröffnungsideen zu analysieren, als Spasski zu helfen. Das schlechte Verhältnis zu Geller verschlechterte seine Situation weiter. Dennoch erkannte Spasski an, dass Fischer einfach außergewöhnliches Schach spielte und dies letztlich die entscheidende Rolle im Match spielte.

Spasski über Fischer

Auf die Frage, ob er noch Kontakt zu Fischer habe, antwortete Spasski, dass er ihn aus den Augen verloren habe und nicht wisse, wo er sich aufhalte. Er betonte jedoch, dass Fischer ein großartiger Champion war, der oft missverstanden wurde. Fischer habe stets versucht, Schach von Korruption innerhalb der FIDE und der sowjetischen Schachpolitik zu befreien. Er bezeichnete Fischer als den idealen Weltmeister, während er Kasparov vorwarf, dem Schach durch seine egoistische Art geschadet zu haben.

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Hätte Fischer 1975 gegen Karpov gewonnen?

Spasski bezweifelte, dass Fischer 1975 gegen Karpov gewonnen hätte. Da Fischer seit drei Jahren nicht mehr gespielt hatte, wäre er vermutlich nicht in der Lage gewesen, seine Höchstform wiederzuerlangen. Spasski sah Karpov deshalb als Favoriten in diesem Match. Dass Kortschnoi eine andere Meinung dazu hatte, ließ ihn nur schmunzeln.

Spasskis Einschätzung von Kortschnoi

Alle Duelle mit Kortschnoi seien hart umkämpft gewesen. Kortschnoi sei bekannt dafür, selbst aus kleinsten Ungenauigkeiten maximalen Vorteil zu ziehen. Dennoch sah Spasski ihn nicht als besten Endspielspieler, insbesondere nicht in Turmendspielen, wie es manche behaupteten.

Über seine Eröffnungen und das Fischer-Match 1992

Spasski verteidigte die Marshall-Gambit-Variante der Spanischen Partie als weiterhin spielbar und nicht widerlegt. Auf die Frage, warum er sie nicht gegen Fischer in ihrem Rematch 1992 in Sveti Stefan gespielt habe, zuckte er nur mit den Schultern. Er lobte jedoch Fischers Leistung in manchen Partien des Matches: „In einigen Partien spielte Bobby wie in seinen besten Tagen. Das machte mich sehr glücklich.“

Spasski über das Kasparov-Kramnik-Match

Spasski lobte Wladimir Kramniks Strategie gegen Kasparov. Er verglich Kramniks Spielweise mit der Strategie, die Botwinnik 1961 gegen Tal nutzte – nämlich dem Gegner keine aktiven Chancen zu bieten.

Dirk Poldauf erzählt bei den Schachglatzen über seine Begegnungen mit Boris Spasski, speziell einen vierstündigen Besuch beim Exweltmeister in Paris 2006:

Zusammenfassung:

Im Podcast „Schachglatzen“ sprach Schachjournalist Dirk Poldauf ausführlich über seine Begegnungen mit dem 10. Schachweltmeister Boris Spasski. Poldauf, seit den 1990er Jahren Redakteur der Zeitschrift Schach, hatte den legendären Großmeister erstmals 2006 in Paris getroffen – eine Begegnung, die er als eine seiner Sternstunden bezeichnet.

Erstes Treffen mit Spasski in Paris (2006)

Poldauf reiste Ende 2006 nach Paris, um Spasski für ein Interview zu treffen. Ursprünglich sollte Spasski lediglich einen schriftlichen Fragebogen beantworten, doch er lehnte dies ab und willigte stattdessen in ein persönliches Gespräch ein. In seiner Wohnung empfing Spasski ihn herzlich und kochte sogar für ihn – ein Beispiel für seine lockere und gastfreundliche Art.

Das zentrale Thema des Interviews war die sowjetische Landesmeisterschaft 1973, die als eine der stärksten Meisterschaften der Schachgeschichte gilt. Spasski gewann das Turnier, obwohl er nur ein Jahr zuvor den Weltmeistertitel an Bobby Fischer verloren hatte. Er betonte, dass er 1973 immer noch einer der besten Spieler der Welt war – stärker als der junge Anatoli Karpow, der erst später zur Weltspitze aufstieg.

Während des Gesprächs zeigte sich Spasski als charismatischer Erzähler mit großem Humor. Besonders bemerkenswert war sein Umgang mit dem eigenen Image. Er kokettierte mit der Vorstellung, ein „genialer Faulpelz“ gewesen zu sein, der in der Vorbereitung auf das WM-Match gegen Fischer mehr Tennis spielte als Schach trainierte. Ob das der Realität entsprach, ließ er offen.

Spasski und seine Rivalen: Karpow, Kortschnoi und Fischer

Spasski äußerte sich respektvoll über seine Rivalen. Besonders zu Viktor Kortschnoi, mit dem er 1977 ein hitziges Kandidatenmatch spielte, hatte er ein zwiespältiges Verhältnis. Spasski verglich Kortschnoi mit einer Ameise, die unaufhaltsam auf ein Hindernis zuläuft, daran hochklettert und auf der anderen Seite wieder herunterkommt – ein Sinnbild für Kortschnois unermüdlichen Kampfgeist.

Sein Verhältnis zu Bobby Fischer war hingegen tief freundschaftlich. Spasski betrachtete Fischer nicht als Feind, sondern als außergewöhnlichen Spieler und Menschen. Noch lange nach ihrem legendären WM-Duell von 1972 standen die beiden in Kontakt. Spasski spielte 1992 sogar das „Revanche-Match“ gegen Fischer in Jugoslawien – ein Wettkampf, der ihm finanziell zugutekam.

Spasskis Humor und Anekdoten

Eine besonders humorvolle Episode erlebte Poldauf 2007 in Bonn. Nach einer Veranstaltung stieg er mit Spasski und dem Schiedsrichter des WM-Matches 1972, Lothar Schmid, in ein Taxi. Der Taxifahrer, ein polnischer Akademiker, erzählte begeistert, dass er 1972 jeden Tag die Radioübertragungen des Fischer-Spasski-Matches verfolgt hatte. Poldauf fragte ihn daraufhin, ob er erraten könne, wer gerade hinter ihm sitzt. Als der Fahrer sich umdrehte und Spasski erkannte, war er außer sich vor Freude. Seine erste Frage war: „Stimmt es, dass Fischer Sie unter dem Tisch getreten hat?“ Spasski antwortete mit ernster Miene: „Dazu äußere ich mich nicht. Fragen Sie den Hauptschiedsrichter.“ Lothar Schmid, der direkt daneben saß, brach daraufhin in schallendes Gelächter aus.

Spasskis Rückzug nach Russland und seine letzten Jahre

Nach seinem zweiten Schlaganfall zog Spasski unter ungeklärten Umständen von Paris nach Russland. Poldauf erlebte ihn 2014 beim WM-Kampf Anand-Carlsen in Sotschi wieder, wo er als Ehrengast eingeladen war. Doch Spasski war kaum wiederzuerkennen: gebrechlich, im Rollstuhl, schwer gezeichnet. Poldauf schilderte, dass ihn dieser Anblick so erschütterte, dass er ihn nicht einmal ansprechen konnte.

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Geistig blieb Spasski jedoch bis zuletzt aktiv. Er wurde gelegentlich zu Veranstaltungen eingeladen und gab noch Interviews. In einem Gespräch aus dem Jahr 2015 zeigte sich sein typischer Humor, als er kommentierte, dass weder er noch Fischer im Film Pawn Sacrifice korrekt dargestellt worden seien.

Spätes Interview mit Boris Spasski (2016):

Zusammenfassung:

Er kochte Suppe aus seinem Lorbeerkranz – Boris Spasski blickt zurück

Wie einst Mikhail Botwinnik hat Boris Spasski seinen Lorbeerkranz – jenen Ehrenkranz aus Lorbeerzweigen, den Weltmeister bei ihrer Krönung erhalten – in die Küche gebracht, "für die Suppe", wie er lakonisch erzählt. In einem außergewöhnlich offenen Interview aus dem Jahr 2016 lässt der zehnte Schachweltmeister sein Leben Revue passieren. Zwischen lakonischem Witz und bitterer Einsicht spricht Spasski über das Drama von Reykjavík, über Fischer, Korchnoi, Botwinnik, seine Autos, seine Niederlagen und das, was wirklich zählt.

Der Kranz in der Suppe

"Botwinnik benutzte seinen ersten Lorbeerkranz auch zum Kochen", erzählt Spasski, "aber den zweiten hat er aufgehoben. Er war älter und klüger."

Auch Spasski, der 1972 gegen Bobby Fischer den Weltmeistertitel verlor, hat gelernt – auf seine Weise. "Die Jahre als Weltmeister waren die unglücklichsten meines Lebens. Als Fischer mir den Titel abnahm, war ich erleichtert."

Das Drama von Reykjavík – und eine falsche Entscheidung

Spasski erinnert sich präzise an das Match gegen Fischer. "Er hatte das Match bereits aufgegeben. Ich hätte einfach gehen sollen und wäre Weltmeister geblieben. Aber ich wollte spielen. Das war dumm."

Er beschreibt Fischers Verhalten als kalkuliert verrückt: "Er hat alle unter Druck gesetzt – Euwe, die Organisatoren, mich. Im Nachhinein weiß ich: Das war Strategie."

Faszinierend: Spasski glaubt, dass ein Mitglied seines Teams, der Este Ivo Nei, ein amerikanischer Spion war. "Er hat mit Robert Byrne ein Buch über das Match vorbereitet. Alles, was wir planten, wusste Fischer."

Trotz allem mochte Spasski Fischer. "Ich hatte Mitleid mit ihm. Er war ein tragischer Mensch. Paradox, einsam, gegen die Welt."

Korchnoi – vom Kollegen zum Feind

Die Beziehung zu Viktor Korchnoi war kompliziert. "Wir begannen als Freunde und endeten als Feinde", sagt Spasski. Besonders verärgert war er über Korchnois Verhalten während des Belgrad-Matches: "Er schnaufte, kratzte mit den Fingernägeln, warf mir Blicke zu. Ich hasste ihn dafür. Zum ersten Mal empfand ich wirklichen Hass gegenüber einem Gegner."

Trotz allem: Korchnoi erschien spätabends mit Blumen bei Spasskis Hochzeit. "Wie ein Teufel stand er im Dunkeln. Meine Frau kannte ihn nicht und hatte Angst. Aber ich war gerührt."

Fischer II – der Rückkampf auf einer Insel im Krieg

1992 kam es zum Rückspiel. Schauplatz: die Insel Sveti Stefan, über ihr jugoslawische Kanonen, vor ihr amerikanische Kriegsschiffe. "Wir spielten trotzdem. Bobby hielt sein Versprechen."

Nach Fischers Tod brachte Spasski Blumen ans Grab. "Er hatte alles geplant – sogar die Musik. 'Green Green Grass of Home' von Tom Jones. Wir haben das früher gemeinsam gesungen."

Autos, Alkohol und ein fast verlorenes Leben

Spasski erzählt mit Genuss von seinen Autos – Mustang, Volvo, Citroën –, seinen Fahrten durch Europa und auch davon, wie er sich einmal bei einem Turnier in Linares fast selbst vergiftete: "Zu viel Nikotin, zu viel Kaffee. Ich fiel in Ohnmacht, schlug mit dem Kopf auf den Marmorboden. Danach habe ich das Endspiel analysiert und gewonnen."

Alkohol spielte ebenfalls eine Rolle. Anislikör trank er nie wieder – "Ich kroch auf allen vieren ins Hotel."

Begegnungen mit Tal, Botwinnik und der KGB

Er rettete einmal Mikhail Tal das Leben, als dessen Kissen Feuer fing. Von Botwinnik hielt er Distanz: "Er spielte schmutzig. Er ließ gegen Keres belastende Infos sammeln. Ich nannte ihn Michael. Wenn ich Witze erzählte, lachte er – aber ich habe ihm nie getraut."

Einmal habe die KGB seine Wohnung ausgeraubt, so Spasski: "Fotos zerstört, Wände aufgerissen. Danach wusste ich: Ich muss gehen."

Der große Rückzug – und eine Bilanz

Sein Spitzname war "Schach-Puschkin" – für die Schönheit seiner Partien. Jetzt lebt Spasski in einer kleinen Wohnung in Moskau. Er liest russische Geschichte, schreibt an einem Buch, erinnert sich an Blitzpartien mit Fischer, an Petrosian, der ihn nach einer Niederlage ignorierte, an Pushkin-Zitate, die er auswendig kennt.

"Ich bin kein Maximalist. Ich habe nie davon geträumt, Weltmeister zu werden. Es ist einfach passiert."

Sein größter Verlust? "Nicht der Titel. Die Fotos aus meiner Kindheit. Der Einbruch hat sie zerstört."

Und das Vermächtnis? "Ich arbeite daran. Ich hoffe, ich schaffe das Buch, bevor ich sterbe."

https://shop.chess-tigers.de/blogs/news/bericht-uber-die-beerdigung-von-boris-spassky

Wladimir Barski schildert in der April-Ausgabe der Zeitschrift Schach eindrucksvoll die Beerdigung von Boris Spasski und dessen letzte Lebensjahre.

Am Morgen eines Märztages fand in der Verklärungskirche der Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau der Gedenkgottesdienst statt. Etwa 150 bis 200 Menschen nahmen Abschied vom zehnten Schachweltmeister. Es gab keine offiziellen Staatsvertreter, doch der Präsidentenberater Wladimir Medinskij übermittelte Beileidsbekundungen. Präsident Putin soll erkrankt gewesen sein. Spasski selbst hätte wohl wenig Aufhebens um hohe Gäste gemacht – er war zeitlebens ein Freigeist und hielt Abstand zur Macht.

In seinen letzten Jahren lebte Spasski zurückgezogen, durch zwei Schlaganfälle an den Rollstuhl gefesselt. Öffentlich trat er kaum noch auf. Der Kontakt zu ihm lief fast ausschließlich über Walentina Kusnezowa, die er „meinen Schutzengel“ nannte und die später offenbar auch seine vierte Ehefrau wurde – offiziell unterschrieben hatte er jedenfalls irgendwann.

Spasski hatte drei Kinder aus drei Ehen, doch keines von ihnen interessierte sich ernsthaft für Schach. „Schachtalent ist irrational und spontan, es wird nicht vererbt“, meinte er selbst. Um die Jahrtausendwende kehrte er häufig nach Russland zurück, gründete eine Schachschule in Satka und war Chefredakteur der Schachwoche.

2010 erlitt er in Moskau einen weiteren Schlaganfall. Als es ihm besser ging, brachte ihn sein Sohn zurück nach Paris. Zwei Jahre lang hörte man nichts von ihm, bis er im August 2012 überraschend nach Moskau zurückkehrte – freiwillig, wie er im Fernsehen erklärte. Seine Familie behauptete dagegen, er sei entführt worden. Die genauen Umstände blieben bis heute ungeklärt.

2013 reiste Spasski noch einmal zu seiner Schachschule und zum WM-Match Carlsen–Anand, doch er blieb auf den Rollstuhl angewiesen. In den folgenden Jahren verschlechterte sich sein Zustand zunehmend. Barski sah ihn zuletzt vor etwa fünf Jahren bei einer Feier im Zentralen Haus der Schachspieler.

Zur Beisetzung auf dem Moskauer Trojekurowskoje-Friedhof kamen viele aus der Schachwelt – unter ihnen GM Alexander Rjasanzew und Juri Balaschow, Spasskis Sekundant beim Revanchematch gegen Fischer 1992. Trojekurowskoje gilt heute als der zweitwichtigste Friedhof Moskaus – nach dem Nowodewitschje-Friedhof, auf dem auch Botwinnik und Smyslow liegen. Doch, wie Barski schreibt: „Was macht das schon im Angesicht der Ewigkeit?“

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