1970: UdSSR gegen den Rest der Welt
Zitat von Conrad Schormann am 1. April 2025, 9:47 Uhrhttps://twitter.com/JustChessSports/status/1906940007081804092
https://twitter.com/dgriffinchess/status/1907296940137574756
https://en.chessbase.com/post/ussr-vs-the-rest-of-the-world-belgrade-1970-an-interview-with-vlastimil-hort
Zusammenfassung:
Das Match Sowjetunion gegen „Rest der Welt“ 1970 in Belgrad war für Vlastimil Hort ein „fantastisches“ Erlebnis. Die Stimmung sei überwältigend gewesen, erinnert er sich – besonders im Kontrast zur Informationssperre in seiner Heimat, der Tschechoslowakei. Die Aufstellung des Weltteams sorgte für Diskussionen: Fischer und Larsen stritten um Brett eins, Fischer lenkte ein. Najdorf und Reshevsky kämpften um Brett vier. Am Ende wurde Max Euwes Vorschlag übernommen – eher zufällig, aber treffend. Gerüchte über absichtliche Zurückhaltung mancher Spieler weist Hort zurück: Portisch und Najdorf hätten schlicht auf ihre Einzelergebnisse geachtet. Besonders lobt er Paul Keres: zugänglich, freundlich, fließend Deutsch sprechend. Die Bedingungen waren gut, jeder Spieler erhielt 2.000 Dollar. Vom späteren „Fischer-Effekt“ ahnte damals noch niemand etwas.
Fischer and Larsen argued about who should play on board one. Euwe persuaded Fischer to play on board two. Najdorf and Reshevsky fought about who should play on board four behind Portisch. It was a real fight. In the end we agreed on the line-up Euwe had suggested
-Vlastimil Hort pic.twitter.com/vgPScFJD0J— JustChessAndSports (@JustChessSports) April 1, 2025
55 years ago today - on the stage of the Dom Sindikata in Belgrade, capital of Yugoslavia - the 3rd round of the 'Match of the Century' between the Rest of the World & the USSR.
So many legends in one photo...
(📷via https://t.co/cgGLciA5y0.) #chess pic.twitter.com/e49OvGdEIb— Douglas Griffin (@dgriffinchess) April 2, 2025
Zusammenfassung:
Das Match Sowjetunion gegen „Rest der Welt“ 1970 in Belgrad war für Vlastimil Hort ein „fantastisches“ Erlebnis. Die Stimmung sei überwältigend gewesen, erinnert er sich – besonders im Kontrast zur Informationssperre in seiner Heimat, der Tschechoslowakei. Die Aufstellung des Weltteams sorgte für Diskussionen: Fischer und Larsen stritten um Brett eins, Fischer lenkte ein. Najdorf und Reshevsky kämpften um Brett vier. Am Ende wurde Max Euwes Vorschlag übernommen – eher zufällig, aber treffend. Gerüchte über absichtliche Zurückhaltung mancher Spieler weist Hort zurück: Portisch und Najdorf hätten schlicht auf ihre Einzelergebnisse geachtet. Besonders lobt er Paul Keres: zugänglich, freundlich, fließend Deutsch sprechend. Die Bedingungen waren gut, jeder Spieler erhielt 2.000 Dollar. Vom späteren „Fischer-Effekt“ ahnte damals noch niemand etwas.
Zitat von Conrad Schormann am 4. April 2025, 17:34 UhrSchachmatch UdSSR gegen den Rest der Welt 1970: Eine epische Woche in Belgrad
Es begann mit einem Satz, den Bobby Fischer kaum entkräften konnte: „Wenn du bei diesem Match nicht mitspielst, wird es die größte Absurdität des Jahrhunderts.“ Der zitierte Satz stammt von Božidar Kažić, dem Hauptschiedsrichter des Matches. Er sagte dies zu Bobby Fischer, um ihn zur Teilnahme am Match UdSSR gegen den Rest der Welt 1970 zu bewegen. Fischer selbst hat diese Aussage später so überliefert, unter anderem zitiert von Garry Kasparov in My Great Predecessors IV.
Gemeint war das legendäre Aufeinandertreffen der Sowjetunion mit dem Rest der Welt – ein Teammatch mit zehn Brettern, vier Runden, 20 Spieler und mindestens sechs Weltmeistern (frühere, amtierende, kommende). Gespielt wurde vom 29. März bis 4. April 1970 im Dom Sindikata in Belgrad vor 2.000 Zuschauern, während sich auf dem Marx-Engels-Platz Fans um eine beleuchtete Anzeigetafel versammelten, die extra von Arbeitern des Atomzentrums gestiftet worden war.
Die Idee
Die Vision eines solchen Matches hatte schon seit dem Radiokampf USA – UdSSR 1945 existiert. Erst 1969 kam Bewegung in die Sache: Der serbische Funktionär M. Molerović brachte die Idee bei der FIDE ein, Max Euwe sagte als Teamchef der Weltauswahl zu, Moskau willigte ein.
Das Match von Belgrad 1970 wurde mehr als ein sportliches Kräftemessen. Es war ein Schachgipfel der Weltgeschichte, ein diplomatischer Balanceakt, ein Propaganda-Schachzug und ein spektakuläres Schaufenster für die Idee, dass das Spiel alle politischen Gräben überwindet. Nie wieder kam ein solches Event in dieser Form zustande.
Die Mannschaften
UdSSR: Spassky, Petrosjan, Kortschnoi, Polugajewski, Geller, Smyslow, Taimanow, Botwinnik, Tal, Keres (Reserven: Stein, Bronstein).
Welt: Larsen, Fischer, Portisch, Hort, Gligoric, Reshevsky, Uhlmann, Matulovic, Najdorf, Ivkov (Reserven: Olafsson, Darga).Die Aufstellungskontroverse
Eigentlich sollte Fischer Brett eins der Welt besetzen. Doch Bent Larsen bestand aufgrund aktueller Erfolge auf diesen Platz. Fischer, bekannt für Prinzipientreue, zeigte sich ungewohnt entspannt: „Ich habe nichts dagegen.“
Der sowjetische Drill
Die Sowjets bereiteten sich wie auf ein olympisches Finale vor. Im Trainingslager nahe Moskau dozierte GM Boleslawski vor Weltmeistern wie Smyslow und Geller – mit autoritärem Stil, aber großer Akzeptanz. Selbst Botwinnik war so verärgert über seine Zuordnung gegen Matulovic, dass er das Abschiedsfoto verweigerte.
Das Match
Es wurde eng. Sehr eng. Zwar gewann die UdSSR letztlich 20,5:19,5, doch auf den ersten vier Brettern unterlag sie deutlich. Fischer bezwang Petrosjan mit 3:1, Portisch und Hort holten 2,5 Punkte gegen Kortschnoi und Polugajewski.
Das letzte Wort hatte Smyslow. Seine Partie gegen Olafsson war die letzte, die noch lief. Sieg? Matchgewinn. Remis? Unentschieden. Niederlage? Niederlage. „Ein Fehler, und ich wäre der allein Schuldige gewesen,“ erinnerte sich Smyslow später. Doch er gewann – und sicherte so dem Sowjetteam den knappsten aller Siege.
Fischer, der Punktesammler
Fischer erzielte das beste Ergebnis der Weltauswahl. In Runde 1 gewann er mit schwarzen Steinen gegen Petrosjan – an einem Schachbrett aus weißem und grünem Marmor, ein Geschenk Fidel Castros. Fischer hatte es persönlich ausgewählt. Sein Kommentar später: „Ich brauche nur noch ein Remis, dann gewinne ich das Auto.“ Ein russischer Moskwitsch stand für den besten Spieler an Brett zwei bereit. „Ich werde ihn verkaufen. Ich fahre sowieso nicht.“
Die besten Partien
Larsen-Spassky: In nur 17 Zügen wurde der Däne mit 1.b3 vom Brett gefegt.
Fischer-Petrosjan: Zwei Siege in Folge, dann zwei sichere Remis.
Geller-Gligoric: Preis für die beste Partie.
https://youtu.be/62N_HAR3NWs
Als Spasski mit Schwarz in 17 Zügen Larsen auseinanderschraubte.
Die Nachwehen
Im sowjetischen Lager war man trotz Sieg nicht zufrieden. Petrosjan schrieb einen Essay, in dem er kritisierte, dass der Sowjet-Schachbetrieb zu inflationär mit Titeln umging, zu viele „frischgebackene Meister“ mit zu wenig Substanz.
Quellen:
https://www.chess.com/news/view/ussr-rest-of-the-world-chess-1970?ref_id=43524416
https://dgriffinchess.wordpress.com/2020/02/07/the-match-of-the-century-ussr-v-rest-of-the-world-belgrade-1970/
Schachmatch UdSSR gegen den Rest der Welt 1970: Eine epische Woche in Belgrad
Es begann mit einem Satz, den Bobby Fischer kaum entkräften konnte: „Wenn du bei diesem Match nicht mitspielst, wird es die größte Absurdität des Jahrhunderts.“ Der zitierte Satz stammt von Božidar Kažić, dem Hauptschiedsrichter des Matches. Er sagte dies zu Bobby Fischer, um ihn zur Teilnahme am Match UdSSR gegen den Rest der Welt 1970 zu bewegen. Fischer selbst hat diese Aussage später so überliefert, unter anderem zitiert von Garry Kasparov in My Great Predecessors IV.
Gemeint war das legendäre Aufeinandertreffen der Sowjetunion mit dem Rest der Welt – ein Teammatch mit zehn Brettern, vier Runden, 20 Spieler und mindestens sechs Weltmeistern (frühere, amtierende, kommende). Gespielt wurde vom 29. März bis 4. April 1970 im Dom Sindikata in Belgrad vor 2.000 Zuschauern, während sich auf dem Marx-Engels-Platz Fans um eine beleuchtete Anzeigetafel versammelten, die extra von Arbeitern des Atomzentrums gestiftet worden war.
Die Idee
Die Vision eines solchen Matches hatte schon seit dem Radiokampf USA – UdSSR 1945 existiert. Erst 1969 kam Bewegung in die Sache: Der serbische Funktionär M. Molerović brachte die Idee bei der FIDE ein, Max Euwe sagte als Teamchef der Weltauswahl zu, Moskau willigte ein.
Das Match von Belgrad 1970 wurde mehr als ein sportliches Kräftemessen. Es war ein Schachgipfel der Weltgeschichte, ein diplomatischer Balanceakt, ein Propaganda-Schachzug und ein spektakuläres Schaufenster für die Idee, dass das Spiel alle politischen Gräben überwindet. Nie wieder kam ein solches Event in dieser Form zustande.
Die Mannschaften
UdSSR: Spassky, Petrosjan, Kortschnoi, Polugajewski, Geller, Smyslow, Taimanow, Botwinnik, Tal, Keres (Reserven: Stein, Bronstein).
Welt: Larsen, Fischer, Portisch, Hort, Gligoric, Reshevsky, Uhlmann, Matulovic, Najdorf, Ivkov (Reserven: Olafsson, Darga).
Die Aufstellungskontroverse
Eigentlich sollte Fischer Brett eins der Welt besetzen. Doch Bent Larsen bestand aufgrund aktueller Erfolge auf diesen Platz. Fischer, bekannt für Prinzipientreue, zeigte sich ungewohnt entspannt: „Ich habe nichts dagegen.“
Der sowjetische Drill
Die Sowjets bereiteten sich wie auf ein olympisches Finale vor. Im Trainingslager nahe Moskau dozierte GM Boleslawski vor Weltmeistern wie Smyslow und Geller – mit autoritärem Stil, aber großer Akzeptanz. Selbst Botwinnik war so verärgert über seine Zuordnung gegen Matulovic, dass er das Abschiedsfoto verweigerte.
Das Match
Es wurde eng. Sehr eng. Zwar gewann die UdSSR letztlich 20,5:19,5, doch auf den ersten vier Brettern unterlag sie deutlich. Fischer bezwang Petrosjan mit 3:1, Portisch und Hort holten 2,5 Punkte gegen Kortschnoi und Polugajewski.
Das letzte Wort hatte Smyslow. Seine Partie gegen Olafsson war die letzte, die noch lief. Sieg? Matchgewinn. Remis? Unentschieden. Niederlage? Niederlage. „Ein Fehler, und ich wäre der allein Schuldige gewesen,“ erinnerte sich Smyslow später. Doch er gewann – und sicherte so dem Sowjetteam den knappsten aller Siege.
Fischer, der Punktesammler
Fischer erzielte das beste Ergebnis der Weltauswahl. In Runde 1 gewann er mit schwarzen Steinen gegen Petrosjan – an einem Schachbrett aus weißem und grünem Marmor, ein Geschenk Fidel Castros. Fischer hatte es persönlich ausgewählt. Sein Kommentar später: „Ich brauche nur noch ein Remis, dann gewinne ich das Auto.“ Ein russischer Moskwitsch stand für den besten Spieler an Brett zwei bereit. „Ich werde ihn verkaufen. Ich fahre sowieso nicht.“
Die besten Partien
Larsen-Spassky: In nur 17 Zügen wurde der Däne mit 1.b3 vom Brett gefegt.
Fischer-Petrosjan: Zwei Siege in Folge, dann zwei sichere Remis.
Geller-Gligoric: Preis für die beste Partie.
Als Spasski mit Schwarz in 17 Zügen Larsen auseinanderschraubte.
Die Nachwehen
Im sowjetischen Lager war man trotz Sieg nicht zufrieden. Petrosjan schrieb einen Essay, in dem er kritisierte, dass der Sowjet-Schachbetrieb zu inflationär mit Titeln umging, zu viele „frischgebackene Meister“ mit zu wenig Substanz.
Quellen:
https://www.chess.com/news/view/ussr-rest-of-the-world-chess-1970?ref_id=43524416
The ‘Match of the Century’ – USSR v. Rest of the World, Belgrade 1970.