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Orwo Net insolvent

Von Gerhard Köhler gegründet: Orwo Net insolvent

Die Orwo Net GmbH aus Bitterfeld-Wolfen ist insolvent. Das traditionsreiche Unternehmen, hervorgegangen aus der legendären DDR-Marke ORWO, hat beim Amtsgericht Dessau-Roßlau Insolvenz angemeldet. Rund 270 Mitarbeiter sind betroffen, darunter viele Softwareentwickler, Vertriebsspezialisten und Fachkräfte aus dem Marketing. Der Geschäftsbetrieb läuft zunächst weiter, bestehende Aufträge werden erfüllt, neue können angenommen werden. Auch der Fotodienst für Rossmanns „Fotowelt“ ist weiterhin aktiv. Doch damit das so bleibt, braucht es schnell einen Investor.

Die Geschichte des Unternehmens ist eng mit der ostdeutschen Industriegeschichte verknüpft. 1909 wurde die Filmfabrik Wolfen von Agfa gegründet. 1936 entwickelte man dort den ersten praktikablen Farbfilm der Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm zunächst die Sowjetunion die Kontrolle, später firmierte der Betrieb als VEB Film- und Chemiefaserwerk Agfa Wolfen. 1964 entstand die Marke ORWO – Original Wolfen – die bis zur Wende fast den gesamten sozialistischen Wirtschaftsraum mit Fotomaterial belieferte. Rund 15.000 Menschen arbeiteten zeitweise für den Kombinatsbetrieb.

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Gerhard Köhler mit Viktor Kortschnoi. CC BY-SA 4.0

Nach der Wiedervereinigung folgte der Absturz: Zerschlagung, Privatisierung, Abwicklung. Die Produktion wurde eingestellt. Aus der Asche entstand in den 2000er-Jahren ein neues Unternehmen: Gerhard Köhler, ein promovierter Wirtschaftswissenschaftler und leidenschaftlicher Schachspieler, war einer der Köpfe hinter dem Neustart. Bereits als Finanzvorstand der Vorgängerfirma PixelNet aktiv, gründete er 2002 gemeinsam mit Partnern die Orwo Net GmbH. Sein Ziel: dem traditionsreichen Standort eine digitale Zukunft geben. Unter Köhlers Leitung entwickelte sich das Unternehmen zu einem der größten Fotogroßlabore Deutschlands.

Orwo Net produzierte nicht nur unter eigener Marke, sondern auch als Dienstleister für Drogerieketten wie Rossmann. Das Sortiment wurde erweitert: Kalender, Poster, Tassen, Handyhüllen – alles individuell bedruckt. Neue Technik wie eine KI-gestützte App zur Fotobucherstellung und eine automatische Verpackungslinie sollten den Vorsprung sichern. Doch die Probleme häuften sich: Die Corona-Pandemie ließ die Nachfrage einbrechen, die Marketingkosten stiegen massiv, der Preisdruck nahm zu. Laut Köhler mussten in der Folge immer größere Summen investiert werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten – ohne Erfolg. Auch ein interner Umzug in neue Räume brachte keine Wende. 2023 lag der Verlust bei über 1,5 Millionen Euro.

Köhler, der sich 2017 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatte, ist heute vor allem als Förderer des Schachs aktiv. Mit der „Schachstiftung GK“ und dem Verein „Kinderschach in Deutschland“ setzt er sich für die frühkindliche Bildung ein. Doch auch ihm gelang es nicht, die drohende Insolvenz aufzuhalten.

Trotz aller Probleme setzen Stadt und Insolvenzverwalter auf eine Rettung. Armin Schenk, Oberbürgermeister von Bitterfeld-Wolfen, sieht Potenzial: Orwo sei „gut aufgestellt“ – wenn ein Investor gefunden werde. Die Geschichte von Orwo ist damit noch nicht zu Ende. Sie steht wieder an einem Wendepunkt.

Quellen:

https://www.mz.de/lokal/bitterfeld/orwo-net-insolvenz-ddr-fotobuch-4022297

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https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/dessau/bitterfeld/orwo-wolfen-insolvenz-104.html

https://www.chip.de/nachrichten/business,9240/insolvenz-bei-einem-unternehmen-aus-der-ddr-die-finanziellen-schwierigkeiten-haben-auswirkungen-auch-auf-rossmann_c2cd5b14-adb7-4de6-a9ff-51681911d68a.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_K%C3%B6hler_(Unternehmer)

https://tidd.ly/3FOwXgE

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