Karpow-Kasparow, die Rivalität
Zitat von Conrad Schormann am 8. Juli 2025, 11:04 UhrZwei Männer, ein Brett – die Rivalität Karpow gegen Kasparow
Es war mehr als ein Schachduell. Anatoli Karpow und Garri Kasparow standen sich in den 1980er-Jahren nicht nur als Weltklassespieler gegenüber – sie verkörperten zwei gegensätzliche Welten: Ordnung gegen Aufbruch, Systemtreue gegen Rebellion, Vergangenheit gegen Zukunft. Ihr Kampf dauerte sechs Jahre, fünf Weltmeisterschaftsmatches, ungezählte psychologische Gefechte – und veränderte das Schach für immer.
https://youtu.be/TVoZ00cDuL0
Karpow, der Systemspieler
Karpow war das perfekte Kind der Sowjetunion. Geboren 1951 in einem Uralstädtchen, früh in die Botwinnik-Schule aufgenommen, gewann er 1975 den Weltmeistertitel kampflos, weil Bobby Fischer das Rematch platzen ließ. Seine Spielweise: präzise, langsam, erstickend – wie eine Boa. Karpow war der Champion, wie ihn die KPdSU sich wünschte: kontrolliert, diszipliniert, loyal. Zehn Jahre lang dominierte er die Szene. Politisch war er gut vernetzt, bekam Rückendeckung vom Präsidenten der Schachföderation und wurde im ganzen Land gefeiert.
Kasparow, der Quertreiber
Dann kam Kasparow. Geboren 1963 in Baku, jüdisch-armenische Wurzeln, früh gefördert, früh geformt. Wo Karpow glitt, schlug Kasparow zu. Er war emotional, laut, brillant – ein Energiepaket mit Mission. Er analysierte wie besessen, trainierte stundenlang, forderte Strukturen heraus. Er sprach mit westlichen Medien, kritisierte Funktionäre, stellte sich gegen das System, das ihn groß gemacht hatte. Und: Er hatte politischen Rückhalt – ausgerechnet von Heidar Alijew, einem Machtmenschen im Politbüro.
Das erste Duell – ein Monster-Match
1984 begann ihr erster WM-Kampf – ohne Zeitbegrenzung. Karpow führte 5:0, der Sieg schien sicher. Doch Kasparow stemmte sich mit Remis nach Remis gegen die Niederlage. Nach fünf Monaten, 48 Partien und körperlicher Erschöpfung beider Spieler brach FIDE-Präsident Campomanes das Match ab. Offiziell wegen Gesundheitsgefahr. Für Kasparow war es ein abgekartetes Spiel. Er wetterte öffentlich – und wurde zum politischen Symbol.
https://bsky.app/profile/40yearsago.bsky.social/post/3lia6xuqsop23
Der Wechsel
Im Revanchematch 1985 setzte sich der Wandel durch. Kasparow wurde mit 22 Jahren Weltmeister. Es war mehr als ein sportlicher Triumph: In Moskau begann die Perestroika. Der Neue war nicht nur Schachweltmeister, er wurde zur Stimme einer neuen Generation.
Noch dreimal K gegen K
1986 kam das Rückmatch. Karpow schlug zurück, führte – doch Kasparow holte sich den Titel erneut. 1987 in Sevilla kam es zum dramatischsten Finale: Karpow war nah am Ziel, doch Kasparow gewann die letzte Partie – 12:12, Titel verteidigt. 1990 dann das letzte Duell – zwischen New York und Lyon, zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Kasparow siegte knapp, zum letzten Mal gegen seinen ewigen Gegner.
Zwei Leben danach
1991 zerfiel die Sowjetunion – auch für Karpow und Kasparow brach eine neue Zeit an. Der eine ging in die Politik und stellte sich auf Putins Seite. Der andere wurde Putin-Gegner, gründete eine Partei, saß im Gefängnis. Doch trotz aller Gegensätze blieb ein Rest Respekt: Als Kasparow 2007 in Moskau inhaftiert wurde, schickte Karpow ihm über einen Dritten eine Schachzeitschrift. Eine kleine Geste – aber groß genug, dass Kasparow später sagte: „Sie hat viel geheilt.“
Jan Timmans monumentales Werk über die K+K-Rivalität. Amazon-Klappentext:On September 10, 1984, Anatoly Karpov and Garry Kasparov started the first game of their match for the World Chess Championship. In the next six years they would play five matches for the highest title and create one of the fiercest rivalries in sports history. The matches lasted a staggering total of 14 months and the two K's' played 5540 moves in 144 games. Kasparov's win of the world title in the second match was not only hailed as a triumph of imaginative attacking chess, but also as a political victory. The representative of perestroika' had beaten the old champion, a symbol of Soviet stagnation. Kasparov defended his title in three more matches, all of them full of drama. Karpov remained a formidable opponent and the overall score was only 7371 in Kasparov's favour. Jan Timman chronicles the many twists and turns of this fascinating saga, including his behindthe scenes impressions, and takes a fresh look at the games.
Zwei Männer, ein Brett – die Rivalität Karpow gegen Kasparow
Es war mehr als ein Schachduell. Anatoli Karpow und Garri Kasparow standen sich in den 1980er-Jahren nicht nur als Weltklassespieler gegenüber – sie verkörperten zwei gegensätzliche Welten: Ordnung gegen Aufbruch, Systemtreue gegen Rebellion, Vergangenheit gegen Zukunft. Ihr Kampf dauerte sechs Jahre, fünf Weltmeisterschaftsmatches, ungezählte psychologische Gefechte – und veränderte das Schach für immer.
Karpow, der Systemspieler
Karpow war das perfekte Kind der Sowjetunion. Geboren 1951 in einem Uralstädtchen, früh in die Botwinnik-Schule aufgenommen, gewann er 1975 den Weltmeistertitel kampflos, weil Bobby Fischer das Rematch platzen ließ. Seine Spielweise: präzise, langsam, erstickend – wie eine Boa. Karpow war der Champion, wie ihn die KPdSU sich wünschte: kontrolliert, diszipliniert, loyal. Zehn Jahre lang dominierte er die Szene. Politisch war er gut vernetzt, bekam Rückendeckung vom Präsidenten der Schachföderation und wurde im ganzen Land gefeiert.
Kasparow, der Quertreiber
Dann kam Kasparow. Geboren 1963 in Baku, jüdisch-armenische Wurzeln, früh gefördert, früh geformt. Wo Karpow glitt, schlug Kasparow zu. Er war emotional, laut, brillant – ein Energiepaket mit Mission. Er analysierte wie besessen, trainierte stundenlang, forderte Strukturen heraus. Er sprach mit westlichen Medien, kritisierte Funktionäre, stellte sich gegen das System, das ihn groß gemacht hatte. Und: Er hatte politischen Rückhalt – ausgerechnet von Heidar Alijew, einem Machtmenschen im Politbüro.
Das erste Duell – ein Monster-Match
1984 begann ihr erster WM-Kampf – ohne Zeitbegrenzung. Karpow führte 5:0, der Sieg schien sicher. Doch Kasparow stemmte sich mit Remis nach Remis gegen die Niederlage. Nach fünf Monaten, 48 Partien und körperlicher Erschöpfung beider Spieler brach FIDE-Präsident Campomanes das Match ab. Offiziell wegen Gesundheitsgefahr. Für Kasparow war es ein abgekartetes Spiel. Er wetterte öffentlich – und wurde zum politischen Symbol.
[February 15th, 1985] The World Chess Federation halted the Karpov-Kasparov championship match despite protests from both players. Campomanes cited exhaustion, sparking outcry. A new 24-game match is set for September, though details remain unclear. #history #OTD #1980s
— 1980/1985 News (@40yearsago.bsky.social) 2025-02-15T17:00:49.519Z
Der Wechsel
Im Revanchematch 1985 setzte sich der Wandel durch. Kasparow wurde mit 22 Jahren Weltmeister. Es war mehr als ein sportlicher Triumph: In Moskau begann die Perestroika. Der Neue war nicht nur Schachweltmeister, er wurde zur Stimme einer neuen Generation.
Noch dreimal K gegen K
1986 kam das Rückmatch. Karpow schlug zurück, führte – doch Kasparow holte sich den Titel erneut. 1987 in Sevilla kam es zum dramatischsten Finale: Karpow war nah am Ziel, doch Kasparow gewann die letzte Partie – 12:12, Titel verteidigt. 1990 dann das letzte Duell – zwischen New York und Lyon, zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Kasparow siegte knapp, zum letzten Mal gegen seinen ewigen Gegner.
Zwei Leben danach
1991 zerfiel die Sowjetunion – auch für Karpow und Kasparow brach eine neue Zeit an. Der eine ging in die Politik und stellte sich auf Putins Seite. Der andere wurde Putin-Gegner, gründete eine Partei, saß im Gefängnis. Doch trotz aller Gegensätze blieb ein Rest Respekt: Als Kasparow 2007 in Moskau inhaftiert wurde, schickte Karpow ihm über einen Dritten eine Schachzeitschrift. Eine kleine Geste – aber groß genug, dass Kasparow später sagte: „Sie hat viel geheilt.“

Jan Timmans monumentales Werk über die K+K-Rivalität. Amazon-Klappentext:
On September 10, 1984, Anatoly Karpov and Garry Kasparov started the first game of their match for the World Chess Championship. In the next six years they would play five matches for the highest title and create one of the fiercest rivalries in sports history. The matches lasted a staggering total of 14 months and the two K's' played 5540 moves in 144 games. Kasparov's win of the world title in the second match was not only hailed as a triumph of imaginative attacking chess, but also as a political victory. The representative of perestroika' had beaten the old champion, a symbol of Soviet stagnation. Kasparov defended his title in three more matches, all of them full of drama. Karpov remained a formidable opponent and the overall score was only 7371 in Kasparov's favour. Jan Timman chronicles the many twists and turns of this fascinating saga, including his behindthe scenes impressions, and takes a fresh look at the games.
Zitat von Conrad Schormann am 23. Juli 2025, 15:21 UhrSchach im Schatten des Kalten Krieges: Die epische Rivalität zwischen Kasparow, Karpow und dem KGB
Am 10. September 1984 begann in Moskau ein Duell, das nicht nur zwei der größten Schachgenies der Geschichte an die Bretter führte, sondern zum symbolischen Schlachtfeld für die Zukunft der Sowjetunion wurde: Anatoli Karpow gegen Garri Kasparow. Fünf Monate und 48 zermürbende Partien später wurde der Kampf abrupt abgebrochen – ein Schock, dessen wahre Gründe bis heute Spekulationen nähren und die Schatten des KGB auf die glänzende Welt des Schachs werfen.
https://bsky.app/profile/egoldstein24.bsky.social/post/3lidk7mhvqc2n
Der russischstämmige Großmeister und Emigrant Gennadi „Genna“ Sosonko erinnert sich noch genau an den Tag, als er in der Schweiz die Nachricht hörte, dass der Kampf abgebrochen worden war. „Ich konnte natürlich nicht in die Sowjetunion kommen. Ich war ein Feind, was sie betraf“, erzählt er. Die Entscheidung des damaligen FIDE-Präsidenten Florencio Campomanes, das Match ohne Sieger zu beenden, war für viele unbegreiflich.
Tradition gegen Moderne: Ein Kampf um die Seele der Sowjetunion
Schach war in der Sowjetunion mehr als nur ein Sport; es war eine Religion. Namen wie Karpow, Tal oder Petrosjan waren jedem bekannt, selbst denen, die nie Schach spielten. Die Dominanz sowjetischer Spieler in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war erdrückend: Von 1948 bis zum Ende des Jahrhunderts wurde nur ein einziger Weltmeisterschaftskampf nicht von einem sowjetischen oder ehemaligen sowjetischen Bürger gewonnen – Bobby Fischer im Jahr 1972.
Der Staat förderte seine Spitzensportler, darunter auch Schachspieler, als Propagandainstrument im Kalten Krieg. Die Bedingungen für sowjetische Spieler waren phänomenal: „Sie hatten Carte Blanche in allen Restaurants, allen Hotels, unglaubliche Honorare in Dollar und harter Währung“, so Sosonko.
https://bsky.app/profile/40yearsago.bsky.social/post/3lia6xuqsop23
Anatoli Karpow, dreimaliger Weltmeister und seit einem Jahrzehnt das Aushängeschild sowjetischer Ideale, verkörperte diese Tradition. Er war „ein wirklich russischer Typ aus dem Ural“ und „ein Gott in Russland“, der als einer der reichsten Menschen des Landes galt und sogar einen Mercedes besaß – ein Privileg, das nur wenigen, wie Breschnew, zuteilwurde. Sein Schachstil war konservativ, ein „Wartespiel“, das darauf abzielte, seine Position allmählich zu verbessern, bis sie erdrückend wurde.
Garri Kasparow hingegen repräsentierte die „neue Welle“. Jung, ehrgeizig, halb jüdisch, halb armenisch und aus Baku stammend, war er den „großen Parteileuten“ und dem Sportkomitee suspekt. Er war nicht so loyal zur Partei wie Karpow, und seine Freunde waren eher Schauspieler als Regimeanhänger. Sein Schachstil war aggressiv und dynamisch, ein direkter Kontrast zu Karpows konservativer Spielweise. „Niemand war gleichgültig. Man war entweder ein Karpow-Fan oder ein Kasparow-Fan. Es gab keinen Mittelweg“, fasst der amerikanische Großmeister und Schachhistoriker Andrew Soltis die Stimmung zusammen.
Ein zermürbender Wettkampf und der Wendepunkt
Der Weltmeisterschaftskampf von 1984, der nach den alten Regeln ausgetragen wurde (der erste Spieler, der sechs Partien gewinnt, wobei Remis nicht zählen), begann am 10. September. Nach neun Partien und 25 Tagen führte Karpow scheinbar uneinholbar mit 4:0. Doch Kasparow fand ins Match, und die nächsten 17 Partien endeten Remis. Karpow gewann Partie 27 und stand kurz vor dem Sieg.
https://bsky.app/profile/gattijuan.bsky.social/post/3lcn6pgq3u22r
Doch der Champion spielte nicht mehr wie zu Beginn. Er begann Fehler zu machen, und in Partie 32 gelang Kasparow endlich ein Sieg. „Karpow dachte, er könnte das Match gewinnen, indem er sich zurücklehnte und darauf wartete, dass sein Gegner patzte, und das mag am Anfang funktioniert haben, aber Kasparow erholte sich bemerkenswert. Er brach emotional nicht zusammen, wie viele von Karpows Gegnern“, erklärt Soltis. „Schließlich setzte die Anspannung Karpow zu, und er begann, wirklich schlechte Züge zu machen. Er wurde verunsichert.“
Die nächsten 14 Partien waren unentschieden, aber in den Partien 47 und 48 gewann Kasparow zwei in Folge und verkürzte den Spielstand auf 5:3. Plötzlich geriet Karpow ins Wanken. Er hatte während des Matches 22 Pfund abgenommen, schlief schlecht und wurde zusehends schwächer. Der Schwung hatte sich eindeutig zu Kasparows Gunsten verschoben.
Der Abbruch und die „unsichtbare Hand“ des KGB
Genau in diesem Moment, als Kasparow das Blatt gewendet zu haben schien und beide Spieler weiterspielen wollten, traf Campomanes eine der berüchtigtsten Entscheidungen der Schachgeschichte. Er flog nach Moskau und verkündete unter Berufung auf die Gesundheit der Spieler den Abbruch des Matches. Die Entscheidung, so fügte er hinzu, werde vom sowjetischen Schachverband unterstützt.
Seit 40 Jahren gibt es keine definitive Antwort darauf, ob Campomanes – in einigen Kreisen auch als „Karpowmanes“ bezeichnet – ein Hintergedanke hatte. Für Sosonko ist die Begründung klar: „Die FIDE, die internationale Schachorganisation, stand vollständig unter dem Einfluss der Sowjetunion.“ Er glaubt, dass Campomanes „auf der Seite der Sowjets“ stand.
Die Behauptung, Campomanes sei ein KGB-Agent gewesen, hält Sosonko für eine „Übersimplifizierung“, obwohl er betont, dass Campomanes „in jeder Hinsicht auf sowjetischer Seite“ war. Soltis bezeichnet die KGB-Behauptung als „absurd“, glaubt aber, dass Entscheidungen während des Matches Karpow begünstigten. Er verweist auf „mysteriöse Verschiebungen“, die von der Regierung oder den Schachfunktionären angeordnet wurden, ohne wirkliche Erklärung. „Es gab diese unsichtbare Hand, die Karpow begünstigte“, so Soltis.
Campomanes' Ruf änderte sich während des Matches. Anfangs schien er den Sowjets feindlich gesinnt, doch im Laufe des Kampfes entstand der Eindruck, er spiele ein „doppeltes Spiel“ und helfe dem sowjetischen Schachverband, der das Match beenden wollte. „Niemand weiß, was in Campomanes' Kopf vorging, und er ist jetzt tot, also wird er es nie erzählen“, resümiert Soltis.
Nachspiel und Vermächtnis
Nach dem kontroversen Abbruch von 1984-85 bestritten Kasparow und Karpow die nächsten vier Weltmeisterschaftskämpfe. Kasparow gewann alle vier und gilt heute als einer der größten Spieler aller Zeiten.
Die Geschichte dieser Rivalität und die mutmaßliche Einmischung des KGB sind ein eindringliches Beispiel dafür, wie Sport im Kalten Krieg als politisches Instrument genutzt wurde. Andrew Soltis zieht Parallelen zur heutigen Zeit: „Ich denke, die Russen versuchen, Sport als politische Waffe einzusetzen. Ich denke, das ist definitiv wahr: Ein Leopard kann seine Flecken nicht ändern.“ Er verweist auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin, einen ehemaligen KGB-Agenten, und die aktuelle Situation, in der Russland versucht, sich im Schach und im Sport im Allgemeinen wieder zurückzukämpfen. „(In der Sowjetunion) nutzten sie Sport und Schach, das in Russland natürlich als Sport gilt und immer gelten wird, zu ihrem eigenen Vorteil. Und ich vermute, das wird noch viele Jahre so bleiben.“
Quelle: Jamie Barton, "Kasparov, Karpov and the KGB? Four decades on from the most controversial chess match of all time", CNN, veröffentlicht am 15. Februar 2025.
Kasparov über die Rivalität und all die Geschichten drumherum nach 1988. Amazon-Klappentext:Between 1984 and 1990 Garry Kasparov and Anatoly Karpov contested five long matches for the World Championship. This fourth volume of the series 'Garry Kasparov on Modern Chess' concentrates on all the games played between the two from 1988 to the present day and features their fifth World Championship match played in New York and Lyon 1990.
The period after 1990 was also a fascinating one in the chess world as it witnessed the emergence of a new generation of young grandmasters capable of challenging the supremacy of the two 'K's'. Between them these great champions had dominated the chess landscape for the previous two decades and it has seemed unthinkable that a major tournament could be won by a different player. Now, however, grandmasters such as Viswanathan Anand, Vassily Ivanchuk, Nigel Short, Boris Gelfand, Vladimir Kramnik and Veselin Topalov arrived on the scene and proved themselves capable of competing successfully at the very highest levels.
This period also witnessed an increasing disatisfaction amongst the world elite with the traditional ruling body, FIDE (the World Chess Federation). This led to attempts by the leading grandmasters to organise the World Championship cycle outside of FIDE's jurisdiction. In the late 1980s the Grandmasters Assocation (GMA) was created and was responsible for the organisation of the World Cup - a tournament championship of the world's leading chess players. Another organisation, the Professional Chessplayers Association (PCA) followed in 1993.
In this volume Garry Kasparov (world champion between 1985 and 2000 and generally regarded as the greatest player ever) analyses in depth all the games and matches he played against his great rival Anatoly Karpov from 1988 to the present day. Kasparov was personally involved in the creation of both the GMA and PCA and gives a fascinating insight into this important time in chess history.
Schach im Schatten des Kalten Krieges: Die epische Rivalität zwischen Kasparow, Karpow und dem KGB
Am 10. September 1984 begann in Moskau ein Duell, das nicht nur zwei der größten Schachgenies der Geschichte an die Bretter führte, sondern zum symbolischen Schlachtfeld für die Zukunft der Sowjetunion wurde: Anatoli Karpow gegen Garri Kasparow. Fünf Monate und 48 zermürbende Partien später wurde der Kampf abrupt abgebrochen – ein Schock, dessen wahre Gründe bis heute Spekulationen nähren und die Schatten des KGB auf die glänzende Welt des Schachs werfen.
FIDE/KGB may have helped Karpov to avoid defeat by Kasparov. But later on the latter destroyed him four times. #NAFOedition.cnn.com/2025/02/15/s...
— Goldstein Fella (@egoldstein24.bsky.social) 2025-02-17T00:59:59.756Z
Der russischstämmige Großmeister und Emigrant Gennadi „Genna“ Sosonko erinnert sich noch genau an den Tag, als er in der Schweiz die Nachricht hörte, dass der Kampf abgebrochen worden war. „Ich konnte natürlich nicht in die Sowjetunion kommen. Ich war ein Feind, was sie betraf“, erzählt er. Die Entscheidung des damaligen FIDE-Präsidenten Florencio Campomanes, das Match ohne Sieger zu beenden, war für viele unbegreiflich.
Tradition gegen Moderne: Ein Kampf um die Seele der Sowjetunion
Schach war in der Sowjetunion mehr als nur ein Sport; es war eine Religion. Namen wie Karpow, Tal oder Petrosjan waren jedem bekannt, selbst denen, die nie Schach spielten. Die Dominanz sowjetischer Spieler in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war erdrückend: Von 1948 bis zum Ende des Jahrhunderts wurde nur ein einziger Weltmeisterschaftskampf nicht von einem sowjetischen oder ehemaligen sowjetischen Bürger gewonnen – Bobby Fischer im Jahr 1972.
Der Staat förderte seine Spitzensportler, darunter auch Schachspieler, als Propagandainstrument im Kalten Krieg. Die Bedingungen für sowjetische Spieler waren phänomenal: „Sie hatten Carte Blanche in allen Restaurants, allen Hotels, unglaubliche Honorare in Dollar und harter Währung“, so Sosonko.
[February 15th, 1985] The World Chess Federation halted the Karpov-Kasparov championship match despite protests from both players. Campomanes cited exhaustion, sparking outcry. A new 24-game match is set for September, though details remain unclear. #history #OTD #1980s
— 1980/1985 News (@40yearsago.bsky.social) 2025-02-15T17:00:49.519Z
Anatoli Karpow, dreimaliger Weltmeister und seit einem Jahrzehnt das Aushängeschild sowjetischer Ideale, verkörperte diese Tradition. Er war „ein wirklich russischer Typ aus dem Ural“ und „ein Gott in Russland“, der als einer der reichsten Menschen des Landes galt und sogar einen Mercedes besaß – ein Privileg, das nur wenigen, wie Breschnew, zuteilwurde. Sein Schachstil war konservativ, ein „Wartespiel“, das darauf abzielte, seine Position allmählich zu verbessern, bis sie erdrückend wurde.
Garri Kasparow hingegen repräsentierte die „neue Welle“. Jung, ehrgeizig, halb jüdisch, halb armenisch und aus Baku stammend, war er den „großen Parteileuten“ und dem Sportkomitee suspekt. Er war nicht so loyal zur Partei wie Karpow, und seine Freunde waren eher Schauspieler als Regimeanhänger. Sein Schachstil war aggressiv und dynamisch, ein direkter Kontrast zu Karpows konservativer Spielweise. „Niemand war gleichgültig. Man war entweder ein Karpow-Fan oder ein Kasparow-Fan. Es gab keinen Mittelweg“, fasst der amerikanische Großmeister und Schachhistoriker Andrew Soltis die Stimmung zusammen.
Ein zermürbender Wettkampf und der Wendepunkt
Der Weltmeisterschaftskampf von 1984, der nach den alten Regeln ausgetragen wurde (der erste Spieler, der sechs Partien gewinnt, wobei Remis nicht zählen), begann am 10. September. Nach neun Partien und 25 Tagen führte Karpow scheinbar uneinholbar mit 4:0. Doch Kasparow fand ins Match, und die nächsten 17 Partien endeten Remis. Karpow gewann Partie 27 und stand kurz vor dem Sieg.
Kasparov v Karpov, rivalidad eterna del ajedrez ♟️
— Juan Pablo Gatti (@gattijuan.bsky.social) 2024-12-06T12:29:33.256Z
Doch der Champion spielte nicht mehr wie zu Beginn. Er begann Fehler zu machen, und in Partie 32 gelang Kasparow endlich ein Sieg. „Karpow dachte, er könnte das Match gewinnen, indem er sich zurücklehnte und darauf wartete, dass sein Gegner patzte, und das mag am Anfang funktioniert haben, aber Kasparow erholte sich bemerkenswert. Er brach emotional nicht zusammen, wie viele von Karpows Gegnern“, erklärt Soltis. „Schließlich setzte die Anspannung Karpow zu, und er begann, wirklich schlechte Züge zu machen. Er wurde verunsichert.“
Die nächsten 14 Partien waren unentschieden, aber in den Partien 47 und 48 gewann Kasparow zwei in Folge und verkürzte den Spielstand auf 5:3. Plötzlich geriet Karpow ins Wanken. Er hatte während des Matches 22 Pfund abgenommen, schlief schlecht und wurde zusehends schwächer. Der Schwung hatte sich eindeutig zu Kasparows Gunsten verschoben.
Der Abbruch und die „unsichtbare Hand“ des KGB
Genau in diesem Moment, als Kasparow das Blatt gewendet zu haben schien und beide Spieler weiterspielen wollten, traf Campomanes eine der berüchtigtsten Entscheidungen der Schachgeschichte. Er flog nach Moskau und verkündete unter Berufung auf die Gesundheit der Spieler den Abbruch des Matches. Die Entscheidung, so fügte er hinzu, werde vom sowjetischen Schachverband unterstützt.
Seit 40 Jahren gibt es keine definitive Antwort darauf, ob Campomanes – in einigen Kreisen auch als „Karpowmanes“ bezeichnet – ein Hintergedanke hatte. Für Sosonko ist die Begründung klar: „Die FIDE, die internationale Schachorganisation, stand vollständig unter dem Einfluss der Sowjetunion.“ Er glaubt, dass Campomanes „auf der Seite der Sowjets“ stand.
Die Behauptung, Campomanes sei ein KGB-Agent gewesen, hält Sosonko für eine „Übersimplifizierung“, obwohl er betont, dass Campomanes „in jeder Hinsicht auf sowjetischer Seite“ war. Soltis bezeichnet die KGB-Behauptung als „absurd“, glaubt aber, dass Entscheidungen während des Matches Karpow begünstigten. Er verweist auf „mysteriöse Verschiebungen“, die von der Regierung oder den Schachfunktionären angeordnet wurden, ohne wirkliche Erklärung. „Es gab diese unsichtbare Hand, die Karpow begünstigte“, so Soltis.
Campomanes' Ruf änderte sich während des Matches. Anfangs schien er den Sowjets feindlich gesinnt, doch im Laufe des Kampfes entstand der Eindruck, er spiele ein „doppeltes Spiel“ und helfe dem sowjetischen Schachverband, der das Match beenden wollte. „Niemand weiß, was in Campomanes' Kopf vorging, und er ist jetzt tot, also wird er es nie erzählen“, resümiert Soltis.
Nachspiel und Vermächtnis
Nach dem kontroversen Abbruch von 1984-85 bestritten Kasparow und Karpow die nächsten vier Weltmeisterschaftskämpfe. Kasparow gewann alle vier und gilt heute als einer der größten Spieler aller Zeiten.
Die Geschichte dieser Rivalität und die mutmaßliche Einmischung des KGB sind ein eindringliches Beispiel dafür, wie Sport im Kalten Krieg als politisches Instrument genutzt wurde. Andrew Soltis zieht Parallelen zur heutigen Zeit: „Ich denke, die Russen versuchen, Sport als politische Waffe einzusetzen. Ich denke, das ist definitiv wahr: Ein Leopard kann seine Flecken nicht ändern.“ Er verweist auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin, einen ehemaligen KGB-Agenten, und die aktuelle Situation, in der Russland versucht, sich im Schach und im Sport im Allgemeinen wieder zurückzukämpfen. „(In der Sowjetunion) nutzten sie Sport und Schach, das in Russland natürlich als Sport gilt und immer gelten wird, zu ihrem eigenen Vorteil. Und ich vermute, das wird noch viele Jahre so bleiben.“
Quelle: Jamie Barton, "Kasparov, Karpov and the KGB? Four decades on from the most controversial chess match of all time", CNN, veröffentlicht am 15. Februar 2025.

Kasparov über die Rivalität und all die Geschichten drumherum nach 1988. Amazon-Klappentext:
Between 1984 and 1990 Garry Kasparov and Anatoly Karpov contested five long matches for the World Championship. This fourth volume of the series 'Garry Kasparov on Modern Chess' concentrates on all the games played between the two from 1988 to the present day and features their fifth World Championship match played in New York and Lyon 1990.
The period after 1990 was also a fascinating one in the chess world as it witnessed the emergence of a new generation of young grandmasters capable of challenging the supremacy of the two 'K's'. Between them these great champions had dominated the chess landscape for the previous two decades and it has seemed unthinkable that a major tournament could be won by a different player. Now, however, grandmasters such as Viswanathan Anand, Vassily Ivanchuk, Nigel Short, Boris Gelfand, Vladimir Kramnik and Veselin Topalov arrived on the scene and proved themselves capable of competing successfully at the very highest levels.
This period also witnessed an increasing disatisfaction amongst the world elite with the traditional ruling body, FIDE (the World Chess Federation). This led to attempts by the leading grandmasters to organise the World Championship cycle outside of FIDE's jurisdiction. In the late 1980s the Grandmasters Assocation (GMA) was created and was responsible for the organisation of the World Cup - a tournament championship of the world's leading chess players. Another organisation, the Professional Chessplayers Association (PCA) followed in 1993.
In this volume Garry Kasparov (world champion between 1985 and 2000 and generally regarded as the greatest player ever) analyses in depth all the games and matches he played against his great rival Anatoly Karpov from 1988 to the present day. Kasparov was personally involved in the creation of both the GMA and PCA and gives a fascinating insight into this important time in chess history.
Zitat von Conrad Schormann am 24. August 2025, 14:04 Uhrhttps://youtu.be/5HLEYESjjtI
Der Film zeichnet die Rivalität zwischen Anatoli Karpow und Garri Kasparow als die prägendste Schachgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach – eine Auseinandersetzung, die weit über das Brett hinausging und eng mit den politischen Umbrüchen in der Sowjetunion verknüpft war.
Nach dem Verlust des Weltmeistertitels an Bobby Fischer 1972 wurde Karpow 1975 ohne Partie Weltmeister und galt in Moskau als idealer Champion: Arbeiterkind, linientreu, kühl im Auftreten, zehn Jahre lang unbesiegt an der Spitze. Kasparow dagegen, 12 Jahre jünger, aus Baku, emotional, rebellisch, wurde früh von Alexander Nikitin gefördert. Die Funktionäre begegneten ihm zunächst mit Misstrauen, doch sein Talent machte ihn unaufhaltsam.
Die erste WM 1984 in Moskau wurde zur Zäsur. Karpow führte bereits 5:0, doch Kasparow rettete sich mit Remispartien, holte drei Siege – bis die sowjetischen Sportbehörden das Match nach fünf Monaten und 48 Partien abbrachen. Kasparows offene Proteste gegen diese Entscheidung waren in der UdSSR beispiellos: Er stellte sich gegen das System und wurde damit auch zu einer politischen Figur.
1985, unter Gorbatschows Perestroika, kam es zur Neuauflage. Kasparow ging besser vorbereitet ins Match, kämpfte bis zur letzten Partie und gewann – mit 22 Jahren wurde er der jüngste Weltmeister der Geschichte. Doch die Rivalität war nicht beendet. 1986, 1987 und 1990 folgten weitere Titelkämpfe, überschattet von Spionagevorwürfen, politischen Spannungen und medialer Überhöhung: Karpow galt als Repräsentant des alten Systems, Kasparow als Symbol des Wandels. In New York und Lyon 1990 wurde der Konflikt offen als Kampf „Kommunist gegen Reformer“ inszeniert.
Mit dem Zerfall der Sowjetunion endete auch diese Ära. Kasparow wurde zu einem globalen Schachstar und später zu einem der bekanntesten Kritiker Putins, während Karpow den Weg ins Parlament fand und den Kreml unterstützte. Trotz ihrer Gegensätze kam es 2007 zu einer menschlichen Geste: Als Kasparow in Moskau verhaftet war, ließ Karpow ihm über einen Vermittler eine Schachzeitschrift zukommen – ein Symbol der Solidarität zweier Weltmeister, die sich am Brett jahrzehntelang bekämpft hatten, aber auf einer höheren Ebene verbunden blieben.
Der Film zeichnet die Rivalität zwischen Anatoli Karpow und Garri Kasparow als die prägendste Schachgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach – eine Auseinandersetzung, die weit über das Brett hinausging und eng mit den politischen Umbrüchen in der Sowjetunion verknüpft war.
Nach dem Verlust des Weltmeistertitels an Bobby Fischer 1972 wurde Karpow 1975 ohne Partie Weltmeister und galt in Moskau als idealer Champion: Arbeiterkind, linientreu, kühl im Auftreten, zehn Jahre lang unbesiegt an der Spitze. Kasparow dagegen, 12 Jahre jünger, aus Baku, emotional, rebellisch, wurde früh von Alexander Nikitin gefördert. Die Funktionäre begegneten ihm zunächst mit Misstrauen, doch sein Talent machte ihn unaufhaltsam.
Die erste WM 1984 in Moskau wurde zur Zäsur. Karpow führte bereits 5:0, doch Kasparow rettete sich mit Remispartien, holte drei Siege – bis die sowjetischen Sportbehörden das Match nach fünf Monaten und 48 Partien abbrachen. Kasparows offene Proteste gegen diese Entscheidung waren in der UdSSR beispiellos: Er stellte sich gegen das System und wurde damit auch zu einer politischen Figur.
1985, unter Gorbatschows Perestroika, kam es zur Neuauflage. Kasparow ging besser vorbereitet ins Match, kämpfte bis zur letzten Partie und gewann – mit 22 Jahren wurde er der jüngste Weltmeister der Geschichte. Doch die Rivalität war nicht beendet. 1986, 1987 und 1990 folgten weitere Titelkämpfe, überschattet von Spionagevorwürfen, politischen Spannungen und medialer Überhöhung: Karpow galt als Repräsentant des alten Systems, Kasparow als Symbol des Wandels. In New York und Lyon 1990 wurde der Konflikt offen als Kampf „Kommunist gegen Reformer“ inszeniert.
Mit dem Zerfall der Sowjetunion endete auch diese Ära. Kasparow wurde zu einem globalen Schachstar und später zu einem der bekanntesten Kritiker Putins, während Karpow den Weg ins Parlament fand und den Kreml unterstützte. Trotz ihrer Gegensätze kam es 2007 zu einer menschlichen Geste: Als Kasparow in Moskau verhaftet war, ließ Karpow ihm über einen Vermittler eine Schachzeitschrift zukommen – ein Symbol der Solidarität zweier Weltmeister, die sich am Brett jahrzehntelang bekämpft hatten, aber auf einer höheren Ebene verbunden blieben.